Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.05.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.05.1870
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18700509
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187005099
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18700509
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1870
- Monat1870-05
- Tag1870-05-09
- Monat1870-05
- Jahr1870
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1550 Nichtamtlicher Theil. ^ 104, 9. Mai. hannscn in Stuttgart, Nother in Wittstock und Baumgärtner — der bis zu seinem Tode in der Firma geblieben war. Ich weiß aus meinen Knabcnjahren, wie glücklich mein Großvater sich fühlte, wenn er in ihrem Kreise die Festtage des Jahres verlebte und welche Liebe er für Alle bewahrte und bewies. Dem allgemeinen Interesse des Buchhandels hat er redlich gedient. Unsere großen Institute, durch welche wir jetzt um so viel leichter und sicherer arbeiten, hat er zwar nicht in erster Reihe mit ins Leben gerufen, seine Bescheidenheit hielt ihn von Stiftungen und Organisationen fern; aber Wenige haben so eifrig und beharrlich geholfen, das Begonnene zu Kraft und Blüthc zu fördern wie er. Die Segnungen des „Börscnvereins" und die Stiftung der Börse hat Mittler immer hoch gepriesen und bezeugt. Wie erzählte er gern von den früheren Abrechnungen, wenn er, hinter sich den Markthclfcr mit den großen Strazzen, eilfertig von einem Kom missionär zum andern gelaufen war, wie er dann den würdigen Hrn. Kummer, die lange thönerne Pfeife rauchend, getroffen hatte und auf einer Bank abgewartet, bis die Reihe an ihn kam. Einmal hatte dann, nachdem die Conti endlich sämmtlich stimmten, Hr. Kummer, langsam fragend und erzählend, allerlei Personalien mit ihm besprochen, während mein Großvater schon die Unruhe Derer sah, die nach ihm bereits auf der Bank harrten. Dann hatte der alte Herr aber sein schweres Buch langsam zugeschlagen: „Heut wird nicht mehr gerechnet" — die ungeduldigen Fremden mußten auf morgen wiederkommen. In den Deputationen des Börsenvorstandcs hat mein Groß vater bis in sein spätes Alter gesessen. Die Leipziger Meßtage, der persönliche Verkehr mit befreundeten College» waren ihm eine Herzensfreude, der er sich ganz überließ. Nur einmal hat er — bis 1869 — aus Krankheit eine Ostermesse versäumt; erst 1862 das Mcßlogis in der Universitätsstraße — Flinsch's Lager und Huth's Weinstube gegenüber — und den Meßausläufer, aufgegeben. — In Berlin hat er 11 Jahre dem Untcrstützuugsvercin präsidirt; am 7. April 1862 ernannte ihn der Vorstand zum Ehrenmitglied. Dem literarischen Sachvcrständigen-Verciu hat er seit dem 24. September 1838 als stellvertretendes, seit dem 13. November 1851 bis 1868 als ordentliches Mitglied angchört. Von 1824 —1827 und von 1842—1845 ist er Stadtverordneter von Berlin gewesen. Sein Bild würde unvollständig sein, wenn seiner Wirksamkeit im Freimaurerorden nicht erwähnt würde. Die Aufgaben, die derselbe sich stellt, fielen so ganz mit seinem Wesen zusammen. Seine Men schenliebe fand in dem Bunde, welcher die Verbrüderung in edlen Zwecken anstrebt, volle Befriedigung und Wiederhall. An höchster Stelle in dem System der „Großen Landesloge von Deutschland" hat er bis zu seinem Tode gewirkt und berathcn. Seine liebste Er rungenschaft war aber die Treue und Verehrung der Loge „zum gol denen Pflug", die er mit aufopfcrndcrLiebe undBeseliguug 26Jahre hindurch geleitet hatte; am 8. November 1855 stifteten die Mitglieder derselben einen „Mittlerfonds" von 1000 Thalern, dessen Zinsen einzig nach seiner Verfügung jährlich vergeben werden sollten. Die unruhige Zeit des Jahres 1848, zunächst aber die Familienverhält- nissc bestimmten ihn, dem Sortiment zu entsagen. Sehr früh, schon am 14. Juli 1829 war ihm diö über alles geliebte Gattin gestorben — betrauert und geliebt von ihm bis zu seinem Tode; — am 2. September 1844 war die jüngere Tochter Pauline in der Blüthe der Jahre gefolgt. Sein einziger Sohn Ernst (gcb. 27. October 1820) war kränklich und Studien zugcwandt. So verkaufte er am 1. Ja nuar 1848 das Bromberger Geschäft an dessen Geschäftsführer Ludwig Koch, das Posencr erst später, 1. Januar 1855 an Doepner, am 1. Januar 1849 das Berliner an Alerandcr Bath. Seitdem blieben Verlag und Druckerei, seit dem 27. October 1848 unter Aufnahme des Namens seines Sohnes in die Firma, vereinigt. — Nicht lange darauf, am 6. März 1653, starb ihm der Sohn, nach dem am 30. December 1850 die ältere Tochter Johanna, die Mutter seiner Enkel, schon dahingeschieden war. Der Familienname ging, Weit entfernte Seitenverwandte abgerechnet, nun mit ihm zu Grabe. Es War ein großes Liebeswerk, daß er, in Hoffnung auf uns Enkel, das Geschäft fortführte, und ein beglückender Beweis seiner Kraft, daß er, als ich nach beendeten Studien im Juli 1860 eintrat, die Leitung des Geschäfts mit seiner in allem zuverlässigen Erfahrung bis zu seinem Tode führte. Jede Einzelheit war ihm, bis wenige Monate vor seinem Ende, bekannt; alle wesentlichen Punkte übersah und entschied er. Die Druckerei blieb sein Schoßkind; dort an den Maschinen zu stehen, durch die Gassen zu gehen, war ihm die liebste Tagesfreude. Es kam nun die Zeit vieler festlicher Jubiläen: am 12. März 1854 feierte er bereits sein 50jähriges Buchhändlerjubi läum: Carl Duuckcr, der nur kurze Zeit vor ihm zur Ruhe ge gangen ist, begrüßte ihn Namens der Berliner, Friedrich Fleischer Namens der Leipziger Buchhändler, vr. Veit Namens des Börscn vereins. Es war ein schönes, allgemeines Fest. Am 6. Juni 1866 konnte er sogar, mitten unter den großen Kricgsrüstungen, das seltene Fest des 50jährigcn Etablissements feiern. Ein unbekannter Ver fasser zeichnet von seinen letzten Lebensjahren ein recht freundliches Bild (Vossische Zeitung vom 15. April 1870): „Männer hatten ihn schon nicht anders gekannt, als den freundlichen alten Mittler, dessen Pendant der alte Raumer in dem ehrwürdigen nachbarlichen Hause bildete. Gern blickte man zu dem sauberen, freundlichen Hause mit seinen blumengcschmückten Fenstern hinauf, an deren mittleren manJahr aus Jahr ein den freundlichen, jugendlich frischen Greis Morgens seine Zeitung lesen sah, während die Lampe ihm bis in die Nacht hinein zur Lectüre der neuesten Erscheinungen auf dem Gebiete des Buchhandels leuchtete. Auch der Armen und Bedürf tigen, welche die helfende Hand des guten Nachbars fühlten, war eine nicht kleine Zahl, und Mancher, dem es jetzt Wohl geht und der ein nützliches Glied der Gemeinde ist, hat cs dem alten Mittler zu danken."— Namentlich Geschichlswerke über die bewegte Zeit seiner Jugend las er mit anhaltendem Eifer. Im Juli 1869 hatte er noch in Kiel die Hochzeit seines Enkels Paul mit voller jugendlicher Rüstigkeit begangen; im August ergriff ihn zu Schandau eine Lungenentzündung, die er wunderbar glücklich überstand. Aber der Körper war geschwächt. Im December traten die Zeichen der Wassersucht ein. Am 25. Januar, zur Taufe des Urenkels, war er zum letzten Mal froh im Kreise der Seinen. Schwer hat er gelitten, bis er, am 12. April 1870 zur Ruhe einging. Beides, die Schmerzen und das selige Scheiden, hat sein Freund und Vetter, der Superintendent D. Franke aus Halle, am Sarge den Leidtragenden geschildert: „Zuletzt konnte auch die liebreiche und un ermüdliche Pflege der Nichte, die freundschaftliche Sorge des altbe währten Arztes die Schmerzen nicht mehr bannen. Da hat er sie mit derselben kindlichen Ergebung getragen, mit der er frühere schwere Prüfungen überwunden hatte, und mitten im Leiden hat sein edles Herz sich herrlich offenbart: für den kleinsten Liebesdienst hatte er Dankes worte; und als er mit Worten sich nicht mehr äußern konnte, wollte er mit einem freundlichen Dankesblick Jeden noch lohnen. Wieder holt richtete er, wenn er unter heftigen Schmerzen sein Ende nahe sah, Worte väterlicher Liebe und Ermahnung an die Seinen. Alles im Haushalte bedachte er; Jeden der entfernten Freunde empfahl er namentlich der Erinnerung seiner Familie. So überwand er auch dieses letzte Erdenlcid mit vcrehrungswürdiger Ergebung und Ver senkung in Gottes Willen, gläubig der Erlösung aus aller Trübsal dieser Zeitlichkeit, sehnlich der Vereinigung niit seinen Geliebten im Jenseit entgegenschauend. — Wir aber insgcsammt wollen das Ge- dächtniß dieses Gerechten in Ehren behalten, seinen guten Wandel anschaucn, und demselben nachstreben!" —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder