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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.05.1870
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.05.1870
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- Deutsch
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1549 104, 9. Mai. Nichtamtlicher Theil. im Sande stecken. Alle mußten aussteigen, in die Speichen greifen, und eine Strecke zu Fuß gehen. Als sie endlich Schöneberg hinter sich hatten und Berlin erreichten, sagte mein Großvater: „Hier halt ich's nicht drei Jahre aus." Und der Bruder war sehr unzufrieden mit diesem Engagement gewesen. „Berlin kenne er, da sei gar kein Handel und Erwerb zu hoffen." Die Stellung bei Amelang mißfiel meinem Großvater sehr. Den Prinzipal schildert er als „verschlossen, kalt und mißtrauisch" — allerdings Eigenschaften, die dem eigenen Wesen völlig fremd waren. Da nach einem Jahre — 1814 — der große Krieg been det war, so hoffte er ein eigenes Etablissement wagen zu können. Ehe erjedoch noch seine Stellung aufgab, brach der Krieg gegen den aus Elba zurückgekehrten Kaiser von neuem los; „es wäre tollkühn ge wesen, in solcher Zeit ein Geschäft zu gründen". Ein Hr. von Manstein, der als Freiwilliger sich zum Kriegsdienst gemeldet hatte, bot ihm seine Stelle in der Schlesinger'schen Buchhandlung an — kurze Zeit darauf, im April 1816 schied er von dort wieder aus, da der Krieg inzwischen schnell geendet hatte. Mit den bereit willigst geliehenen Geldern zweier älterer Freunde, denen mein Großvater ihr Vertrauen zeitlebens dankte, — im Ganzen mit 1400 Thalcrn — „reiste ich in der Ostermesse 1816 nach Leipzig, Credit zu gewinnen und baare Einkäufe zu machen. Ein Haus besitzer unter der Stcchbahn, der mir Freund geworden war, über ließ mir einen kleinen Laden, und so erösinete ich, den Beistand Gottes anstehend, mein kleines Geschäft am 6. Juni 1816." Der Diener einer befreundeten Familie hatte am frühen Morgen auf diesen Augenblick schon gewartet — die Familie ließ einAndachts- buch kaufen und ihre Glückwünsche sagen. — Der herzgewinnende Verkehr meines Großvaters in dieser Familie war wohl die Ursache seines Bleibens in Berlin und der Sporn zu seiner rüstigen Tätig keit gewesen. Das Haupt derselben war der Buchdrucker Wilhelm Dieterici, der am 3. März 1789 das Privileg zu einer Buchdruckerei in Berlin erhalten hatte, „indem", wie es in demselben heißt „gegen dessen Ansetzung von Seiten der übrigen hiesigen Buchdrucker kein Widerspruch obwaltet. Zu welchem Ende", wie dasselbe Privileg fortfährt, „derselbe seine Druckerei mit schön und zierlich gegossenen Lettern von allerlei Art, und in allerlei Sprachen in genügsamer Menge versehen und unterhalten, auch die ihm zumDruckgegebenen Sachen tüchtig und für billige Preise abdruckcn und liefern muß. Insbesondere muß derselbe sorgfältig dahin sehen und sich Wohl hüten, nichts abzudruckcu, was wider Gott und dessen heiliges Wort, auch beiderseits evangelische Religionen oder wider das königliche Hauß, auch Land und Leute ist, und ebensowenig Schmähschriften oder Pasquille."— Er war ein feinfühlender, bedächtiger, fast ängst licher Mann; eine gefällige, poetische Begabung ließ er gern bei Ereignissen der Familie'und des Vaterlandes sich äußern. Solche Dichtungen, wirklich freundlich in Form und Inhalt, und getragen von einer lebhaften, treuen Vaterlandsliebe, führten zu einem per sönlichen Vcrhältniß mit demKönigeFriedrichWilhelmIII.,wic es die Gegenwart selten noch ermöglicht. Regelmäßig dankte ihm der König für die am Geburtstage und Jahresanfang dargebrachten Wünsche: z. B. von Königsberg, den 24. Februar 1809 ans „für die am 8. d. M. geäußerte patriotische Theilnahme und giebt besonders dem Sinne Ihren Beifall, welcher in dem Liede »Wiedersehen!« herrscht. Ueberhaupt ist es Allerhöchst dcnenselben nicht entgangen, daß der Dieterici sich mit seinem Verlag nur an gute Zwecke angeschlosscn hat." — Der Tod der Königin wurde in Liedern von ihm betrauert, für deren Uebersendung der König ebenfalls dankt; die Nachricht da von, daß der Sohn als Freiwilliger sich cingefuuden, „um", wie die Cabinctsordre sagt, „den schönen Beruf dcr Vertheidigung des Vater landes zu erfüllen" empfängt der König mit Freuden (Breslau, 3. März 1813). Aus dem Felde, von Eudowa, vvnFrauksurl a/M., von Paris aus hat der König an Dieterici geschrieben. — Diese Sinnesart des Besitzers gab seinem Verlage den Charakter: ein Lese buch für preußische Soldaten war eine der frühesten Unterneh mungen; eine Stammliste der Armee wurde unternommen, seit 1816 erschien die Rangliste in seinem Verlage. In dieses Mannes Familie hatte der junge Mittler durch sei nen Bruder Empfehlungen; die Frau des Hauses war von mildem Wesen und praktischem Verstand, von einem weiten Kreise angesehe ner Familien hoch verehrt. Von zwei Söhnen, die beide als Frei willige mit ins Feld zogen und deren jüngerer als Offizier im Ge- neralstabc Blücher's das eiserne Kreuz erwarb, starb der ältere in Jünglingsjahren, der andere am 30. Juli 1859 als Wirklicher Ge heimer Ober-Regierungsrath und Dircctor des kgl. statistischen Bu reaus. Die Tochter, Henriette, wurde am 24. August 1816 Mittler's Braut. Er erzählte mit Stolz, wie er am Hochzeittage im Geschäft gestanden und den Bücherballen gepackt habe, bis der Hoch- zcitswagen vor das Hans gefahren sei (16. April 1817). Die politischen Verhältnisse und die lebhaften Eindrücke, welche sie ans den jungen Mann geübt hatten, gaben seinem Geschäfte von Anfang an eine naturgemäße Richtung. Die Occupation Frank reichs durch ein preußisches Armeecorps bis 1817 veranlaßte massen haften Bücherbedarf in die fremdländischen Quartiere. Schon im ersten Jahre des Bestehens faßte Mittler den Plan, ein preußisches Militär-Wochenblatt zu gründen. Der ihm verwandte Hauptmann im Generalstabe, v. Decker, und der Oberst Rühle von Lilicnstern traten bei; der König verfügte, daß das Blatt auch die Personal- Veränderungen und Verordnungen der Armee veröffentlichen solle. Am 1. Juli 1816 erschien die erste Nummer; beinahe 54 Jahre hat sein Gründer es sortführen können. Im Jahre 1820 folgte die Stif tung der Militär-Literatur-Zeitung, 1824 die Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, im Jahre 1835 das Archiv für Artillerie- und Ingenieur-Offiziere. Inzwischen hatte Dieterici schon 1817 den älteren Sohn, der ihm in der Buchdruckerei zur Seite stand, verloren. Siebzigjährig verkaufte er, am 1. Juli 1828, sein Verlagsgeschäft und die Buch drucker« an den Schwiegersohn Mittler. In dieser Zeit hatten sich die Geschäftsverbindungen bereits namentlich nach dem Großherzog thum Posen, welches in preußischen Besitz zurückgclangt war, aus gedehnt. Dem deutschen Element war hier ein reiches Feld geöffnet. Sortimcntsgeschäfte wiesen meinen Großvater zunächst nach Posen selbst und veranlaßt«! ihn, imJuni 1820dort eineFiliale zu gründen; 1827 folgte die in Bromberg. Die jährlichen Reisen dorthin waren in der ersten Zeit, auf schlechten Wegen, mit Extrapost, ja, wenn sich's traf, die Nacht hindurch aus offenem Leiterwagen, sehr be schwerlich. Man darf sagen, daß Mittler's Thätigkcit und seine genaue Kenntniß des polnischen Elements für die Entwickelung des geistigen Lebens in der Provinz wirklich von Belang gewesen ist. Es unterstützten ihn dabei die Achtung und das Wohlwollen, welche die leitenden Persönlichkeiten ihm erwiesen. — Im Jahre 1848, als er, nur mit der rothweißen Cocarde am Hute, im Stande gewesen war, di; insurgirten Dörfer und die Posten der Sensenmänner mit Ertrapost zu passircn, war seine Ankunft in Posen für die Behörden, die nur ungewisse Kenntniß aus Berlin hatten, sogar ein wichtiges Ereigniß. — Eine treue Freundschaft mit dem hochverdienten Gene ral von Brandt bis in die letzten Jahre seines Lebens war eine schöne, bleibende Frucht jener Wirksamkeit. Was sonst aus dem langen Zeitraum bis zum 1. Ja nuar 1849, wo mein Großvater sein Sortiment verkaufte, aus seinem Geschäftsleben zu berichten ist, wissen andere Männer, die unter ihm gearbeitet haben und in treuer Verehrung an ihm hängen, besser zu berichten: Otto Janke in Berlin, Ludwig Bamberg in Greifswald, der jüngere Speyer in Arolsen; andere treue Freunde aus jener Zeit deckt die Erde: Rudolph Hartmaiiu in Leipzig, Jo--
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