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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.04.1870
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 07.04.1870
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- Deutsch
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nach dem mcinigcn nur eine solche von 40 Jahren zu Theil geworden sein. .Und hierin gerade liegt der Vorzug meines Vorschlages, daß für alle Werke, die ein Autor — welcher der Nation durch einen zu frühen Tod entrissen wird — in der Blüthezeit seiner Kraft ge schaffen, keine Abkürzung eintritt, wogegen sich die Schutzfrist für dessen Jugendwcrke und für die Werke eines solchen Autors, dein ein langes Leben schon die vollständige Ausnutzung derselben gewährt hat, verringert. Eine Vergleichung der Schutzfristen, wie sie sich für Goethe und Schiller stellen würden, gerade wenn unser Vorschlag auf dieselben hätte Anwendung finden können, macht dies recht anschaulich. Stellt man nämlich neun der vorzüg lichsten Werke Schillcr's und Gvethc's aus ihren verschiedensten Lcbcnscpochcn neben einander, so erhält man nach dem Entwürfe der Regierungen bei Goethe Schutzfristen, die von 89 Jahren (Götz von Bcrlichingcn) herabgchen bis auf 31 Jahre (Faust 2. Theil), und bei Schiller solche von 54 Jahren (Räuber) bis zu 31 Jahren (Wil helm Teil) und somit eine durchschnittliche Dauer des Schutzes bei Goethe von 65 Jahren, bei Schiller nur eine solche von 41,6 Jahren. Wendet man dagegen unfern Vorschlag auf dieselben Werke der beiden Dichter an, so variirt die Schutzfrist bei Goethe nur von 69 Jahren (Götz) bis zu 31 Jahren, bei Schiller von 40 Jahren (Räuber) bis 31; die Durchschnittsdaucr ermäßigt sich bei Goethe von 65 Jahren auf 50,3, also um beinahe 15 Jahre, bei Schiller von 41,6 auf 36,3, also nur um etwa 5 Jahre; und stellt man hierzu nun noch das Beispiel eines Dichters wie Heinrich von Kleist, der gar nicht zur merkantilen Ausnutzung seiner Werke gelangte, weil die Nation sic kalt an sich vorübergehen ließ und er sich selbst den Lebcnsfadcn im 35. Lebensjahre abschnitt, und findet dabei, daß bei ihm Liese Schutzfristen nach unserem Amendement genau mit denen der Vorlage zusammcnfallcn, so wird man die ausgleichcnde Ge rechtigkeit, die gerade in nnserm Vorschläge liegt, nicht verkenne», daraus aber zugleich auch entnehmen, wie hinfällig die Argumente Dcrcrsind, die von einer BeraubungderWittwen und Waisen sprechen, von Verkürzung des Arbeitslohnes u. s. w., die in unscrm Vorschläge enthalten sein soll. Derartige eingehende Zahlenerempel zu denen, welche ich schon in meiner ersten Auseinandersetzung gegeben, wollte ich dem Reichs tage noch am zweiten Tage der Berathung vorlegcn, wurde daran aber durch den Schluß der Debatte gehindert. Sobald die Commis- sionsbcrathungcn, die jetzt täglich stattfinden und durch welche ich als Referent und Corrcfcrent für wichtige Abschnitte des Gesetzes be greiflicher Weise fast vollständig in Anspruch genommen bin, beendigt sind, werde ich in Ihrem Blatte eine ausführliche Tabelle veröffent lichen, aus welcher zu entnehmen, wie sich die verschiedenen zur Debatte gestellten Schutzfristen in ihrer Anwendung auf unsere Literatur zu einander verhalten würden. Denn nur an solchen bestimmten Zahlen läßt sich ein klares Urthcil über die Vorzüge des einen oder ander» Vorschlages gewinnen, nicht durch ein ober flächliches oder gar durch Leidenschaft getrübtes Hin- und Wider reden. Zu beklagen bleibt cs ja, daß durch die unüberlegte Art der Angriffe des Hrn. Braun auf das Wesen des Autorenrechtes selbst sich eine Gehässigkeit und Erbitterung in die öffentliche Besprechung dieser Angelegenheit gemischt hat, die eine ruhige Erörterung der Zweckmäßigkcitsfragcn und ein besonnenes Abwägen der all- seitigen Interessen fast ganz ansschlicßt. Jndeß werde ich mich durch all das von dem einmal eingcschlagcnen Wege nicht abbringen lassen, aus welchem ich zunächst zu erforschen suche, was der Nation am meisten frommt, da ich im Reichstage nicht Vertreter des Buchhan dels, sondern des Volkes bin. Aber ich weiß sehr Wohl, daß selbst im Buchhandel auch eine andere Auffassung sehr achtnngswerthe Vertreter hat, als die ist, welche bisher vorzugsweise in dem offi- ciellen Organe desselben zur Sprache gekommen ist. Kann doch seim Gcsammtintcresse in der That nicht darauf gerichtet sein, möglichst viele und lang dauernde Verlagsrechte in der Hand einiger Wenigen zu concentriren. Dasselbe gebietet vielmehr, daß in einer genü genden, stetig wachsenden Auswahl von Werken, die dem freien Ver kehr anheimfallen, auch der aufstrebenden Intelligenz und dem kleinen Kapitale die Gelegenheit geboten werde, durch richtige Er- kenntniß des jeweiligen Bedürfnisses, durch kritische Sichtung, zweck entsprechende Ausstattung und richtige buchhändlerische Manipula tionen sich emporzuarbeiten. Und wenn ich mich nach Bundesgenossen für eine derartige Auffassung unter Autoritäten umzuscheu hätte, so würde es mir an solchen sicher nicht fehlen, denn neben das von mir bereits citirte Wort eines Schriftstellers wie Jacob Grimm: „Das Eigcnthnm der Welt ist das höhere, und größere Ansprüche fließen daraus her, als sogar die Erben und Nachkommen besitzen", kann ich getrost das eines Buchhändlers, das Wort Vei t's stellen, aus seinem Jahresberichte als Börscn- vercinsvorsteher Cantate 1859: „Ucberhaupt scheint der Zeitpunkt gekommen, in dem das Verlangen nach literarischem Rechtsschutz das rechte Maß zu überschreiten anfängt. Der Börsenvcrcin hat sich seit seiner Begründung von jedem Ertreme fern gehalten. Hat er bisher seine Kraft aufgewendet, um die Freibeuterei des Nachdrucks zu verfolgen, so wird es von jetzt an seine Aufgabe sein, den offenen oder verdeckten Bestrebungen der Monopolisten entgegen zu treten." Von allen Argumenten, die mir und meinen Freunden im Reichstag cntgegcngestcllt wurden, kann ich daher nur einem eine gewisse Berechtigung zugestehen und sicherlich hat auch nur dieses bei der Entscheidung des Reichstags den Ausschlag gegeben. Das ist: die Einheit der deutschen Gesetzgebung. Aber Jedermann wird mir zugcben, daß dies eigentlich eine außerhalb der Sache selbst liegende Erwägung ist. Auch auf diesem Gebiet nöthigcn uns die traurigen politischen Verhältnisse Deutschlands, den Thatsachcn Rechnung zu tragen, wir dürfen nicht das beste Gesetz machen, sondern nur ein solches, welches sich von den übrigen deutschen Gesetzgebungen nicht allzu sehr entfernt, weil es uns immer noch nicht vergönnt ist, ge meinsam mit den Vertretern des ganzen Deutschlands für das in Literatur und Kunst durch keine Mainlinic getrennte Vaterland Gesetze zu machen. Aber eben weil schließlich diese Erwägung vor zugsweise für den Reichstag maßgebend gewesen, möchte ich den Ver ehrern des ausgedehntesten Schuhes den Rath ertheilen, den Bogen nicht allzu straff zu spannen, er könnte sonst leicht doch noch im letzten Augenblicke zerbrechen! — Was nun schließlich den wie mir scheint wenig zur Sache ge hörigen persönlichen Angriff betrifft, mit welchem Ihr Berichter statter schließt, indem er meiner Acußerung, daß noch manches in dem deutschen Buchhandel etwas langsam gehe (das drastischere Wort „einhcrgcschlcppt würde" habe ich nicht gebraucht), die Be merkung cntgcgenstellt, eine solche Acußerung habe in meinem Munde überrascht, als ja notorisch meinem Verlage durch solches langsame Verschleppen die Grimm'schen Märchen ent gangen seien, so habe ich, als ich die citirte Aeußcrnng that, sicherlich mich selber nicht weiß waschen, sondern damit nur bekennen wollen, wir sind eben allzumal Sünder, indcß der Notorietät des von dem Hrn. Referenten behaupteten Factums muß ich denn doch die folgen den Thatsachcn cntgcgcnstellen. Als ich im Februar 1850 W. Bcsser's Verlag kaufte, übernahm ich von Grimm's Märchen weder ncnnenswerthe Vorräthe noch Verlagsrcchte. Gegen eine Erhöhung des Honorars erwarb ich aber das Verlagsrecht für eine neue, die achte Auflage, bei welcher ich mich noch in dem hergebrachten Rahmen bewegte, d. h. nur 3000 Eremplare zu einem Thaler Ladenpreis druckte, da cs zunächst darauf ankam, rasch wieder eine Auflage hcrzustellcn. Gleich aber hatte ich meine Absicht darauf
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