Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zn Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvcrcins. ^ Freitags, den 13. August. 18417 Aus den Verhandlungen des rheinischen Provin- ziallandtagS über Preßgesctzgcbung. Dem Berichte des vierten Ausschusses über die verschie denen, die Angelegenheiten der Presse berührenden, Anträge entnehmen wir zuvörderst Folgendes: Seit Erfindung der Buchdruckerkunst bis auf diesen Tag hat die Freiheit der Presse nicht aufgehört, ein anhängiger und unentschiedener Proccß zu sein. Der zuerst klagende Thcil war die Geistlichkeit, mit welcher die weltlichen Regie rungen bald gemeinschaftliche Sache machten. Die Freunde des Lichts und der Wahrheit sind die Feinde des Pceßzwanges, sowie die Feinde des Lichts und der Wahrheit die Freunde des Preßzwanges sind. Wer überall Recht thut, scheut Niemanden und auch die Presse nicht. Die Werke der Finsterniß scheuen das Sonnenlicht und noch mehr die Presse. Die Presse hat in Dccennien die Wissenschaften und die Civilisation zu einer Höhe gefördert, wo ohne sie Jahrhunderte nicht zureichend ge wesen sein würden, das Gleiche zu vollbringen. Und doch wird dieser hohen Wohlthäterin so vielfach Zaum und Gebiß angelegt, und wahrlich nicht ohne Noch. Bei ihr wie überall anders ist es zutreffend, zu sagen : die Extreme berühren sich; je größer der Nutzen bei richtiger Anwendung, desto uner meßlicher der Schaden beim Mißbrauch. Diesen Mißbrauch zu verhüten ist das Recht und die Pflicht der Staatsrcgie- rungen. Nicht hierüber, sondern nur über die Mittel der Abhülfe und Vermeidung des Uebels können Zweifel obwal tend sein. Die kirchliche Aufsicht über die Buchdruckerei trat bereits 1479 ein. Die weltliche Macht folgte dem Bei spiele späterhin auch, denn es enthielt der Ncichsabschied von 1524 schon Bücherverbotc. In demjenigen von 1530 wurde strengere Aufsicht über die Druckereien angeordnet; dies war der Anfang der Eensur, die fortgelebt und sich ausgebildet hat in den deutschen Rcickslanden, dergestalt, daß man sagen kann, sic sei in Deutschland von jeher reichsgrundsätzlich ge wesen. Jedoch wurde sie nach den verschiedenartigsten Grund- 8r Jahrgang. satzen ausgeubt, und setzen uns jetzt noch oft die Milde und Nachsicht in Erstaunen, wenn man aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Schriften eines Lcisewitz, Schu bart und so vieler Andern liest, die in unfern Tagen das Im primatur vielfach nicht erlangt haben würden. Dagegen sehen wir in England alle Eensur bereits seit 147 Jahren abge- schafft, und vollkommene Preßfreiheit an die Stelle getreten. In den Niederlanden und der Schweiz ist fast keine Spur von Eensur oder Preßzwang jemals nachweislich gewesen- In Dänemark ist sie seit 70 Jahren gesetzlich aufgehoben. Daß in allen diesen Ländern die Preßfreiheit oder die Abwe senheit der Eensur kein Uebcl hervorgebracht oder das Wohl sein des Volks gestört hat, ist eine beachtenswerthe That- sache. Es sind demnach daselbst die Mißbräuche auf andern Wegen als durch die Eensur abgeleitet worden. Unverkenn bar sind Zunftzwang und Preßzwang aus der gleichen Jdeen- richtung entsprossen, aus der Furcht vor dem Mißbrauche. Bei beiden liegt auch das Bevormundschaftungssystcm zum Grund, und hieraus ist hinwiederum das Prävenkivprincip entsprungen, d. h. es wird den Unmündigen im voraus das verletzende Instrument aus dem Wege gethan, im Gegensätze der Rcpressivmittel, wo hinterher gestraft oder durch Schaden klug gemacht wird. Jenes hemmt die freie Entwickelung, dieses erleichtert sie. Wer verhindert wird, mit Gefährlichem umzugehcn, der lernt nicht seinen Gebrauch und mißbraucht es gewiß in den ihm sparsam vorkommendenGelegenhciten. Wo immer das Bevormundschaftungssystem verlassen worden und Freiheit, als Ordnungsresultat, an die Stelle getreten ist, da sind überall die Fortschritte in der Verbesserung der Zustände groß und rasch gewesen. Die Gewcrbefreihcit, deren die Rheinprovinz zum größern Theil schon seit fast einem halben Jahrhundert thcilhaftig geworden, ist dessen ein laut redender Zeuge! Wenn der Antragsteller sein ständisches Recht dazu benutze, den verehrten Milständen des sechsten Landtages diese Wünsche zur Prüfung und Würdigung vorzulegen, so lhue