Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegebcn von den > Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Redakteur: Or. I. St. Bergt. Commissionnair: A. Frohbcrger. Z? Freitag, den 12. September !834. Buchhandel. Der Verlagsbuchhändler. Der Verlagsbuchhändlcr betreibt jetzt mehr als je ein schwieriges und mißliches Geschäft; denn mag er auch mit noch so viel Umsicht, Kenntnissen und Klug heit bei dem Drucke der Manuskripte verfahren, so kann er sich doch irren, und seine Verlagsartikcl finden keinen Absatz. Vor fast 40 Jahren sing Jemand mit einem baaren Vermögen von 6000 Thalern Berlagsgeschaste an, und in drei Jahren war er ein armer Mann. Was war die Ursache hiervon'S Er verlegte nichts als Ro mane, die ziemlich stark waren, und deren Druck, Pa pier und Honorar viel Geld kosteten; sie fanden keinen Absatz, besonders da damals der französische Krieg Aller Aufmerksamkeit auf sich zog und die Leihbibliotheken noch nicht so zahlreich waren als jetzt. Alles wurde als Maculatur verkauft, und ich glaube nicht, daß jetzt noch Einer von den Romanen im Buchhandel zu haben ist. Es war in den Jahren 1795, 1796 und 1797, und so war der Unvorsichtige in kurzer Zeit um sein ganzes Vermögen gekommen. Der eine Verlagsbuchhändler verlegt blos wissen schaftliche Werke, der andere nur Schulbücher, der dritte blos für die Bedürfnisse des großen Publikums geeignete Schriften; allein wie oft irrt sich Jeder auch hier in sei nen Berechnungen! Die wissenschaftlichen Werke sind von bedeutendem Werth, aber sie werden nicht gekauft; unterdessen erscheinen andere, welche denselben Gegen stand behandeln und dem gegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaften mehr entsprechen. Sie sind gehalt- und ideenreicher; die Darstellung ist bündiger, deutlicher und schöner; die Käufer greisen nach dem Neuen und Be sten; das seinige wird nicht gekauft und ist Ladenhüter. 1. Jahrgang. Uebcrdies lehrt leider! eine nur zu auffallende Erfahrung, daß jetzt bei weitem nicht so viele Gelehrte sich Biblio theken anlegen als sonst; sie behelfen sich mit Leihen der Bücher aus öffentlichen oder Leih - Bibliotheken oder von Buchhändlern und kaufen sich wenig oder gar keine neuen Bücher. Als noch viele Klöster in Deutschland waren, wurden gewisse Arten von Büchern stark von diesen gekauft, und auch diese Käufer sind jetzt verschwun den. Manches wissenschaftliche Werk fand in Klöstern einen bedeutenden Absatz; auch kauften die Beamten mehr Bücher, allein der Luxus des gesellschaftlichen Le bens gestaltet dies jetzt nicht, und so nimmt der Absatz selbst guter Bücher immer mehr ab. Und wie schnell veralten selbst diese nicht? Man dringt in allen Wissen schaften auf eine größere Vollkommenheit, theils in "der Anordnung der Materien, theils in der Darstellung, theils in der Behandlung der ganzen Wissenschaft, in welcher Einheit, Klarheit und Zusammenhang in größter Vollkommenheit herrschen soll. Immer schreitet man vorwärts, und selbst das beste Werk leidet in kurzem an Mängeln, an welchen der menschliche Geist eben sowohl Schuld ist als die Zeit. Schulbücher finden guten Absatz, sobald sie ein mal in die Schulen eingeführt sind; aber wie wenige haben dies glückliche Loos! Wie bald werden sie nicht durch andere, oft bessere verdrängt! Ist der Verfasser tvdt, oder hat er sich überlebt, so sucht man andere einzuführen, und die sich überlebten kauft Niemand mehr, wenn sie nicht dem Zustande anpassend umgearbeitet wer den, in welchem sich jetzt eine Wissenschaft befindet. Man betrachte nur die Handbücher der Geographie, wo von einige in kurzer Zeit mehrere Auslagen erlebt haben, allein wie unvollkommen und fehlerhaft sind sie? Nicht eine einzige Geographie entspricht der Kenntniß, welche wir jetzt von der Erde, ihren Bewohnern und deren Bildung, ihren Erzeugnissen u. s, w. haben. Man be nutzt die neuesten Peisebeschreibungen zu wenig, und noch 17