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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.12.1861
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.12.1861
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- Deutsch
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2680 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. .U 151, 9. December. vergangene Leben gebieterisch dazu auffordcrn, wa^d sein Stre ben, seine Arbeit an sich bewußter, und als er nach einigen Jah ren das Frommann'schc Haus verließ, hatte dasselbe die Wirkung auf ihn geübt, der sich seine Bewohner nicht leicht entziehen kön nen. Zum Bewußtsein waren in ihm gelangt die Liebe zum Beruf, das Erfassen der höchsten Aufgaben desselben, die Begeisterung für die deutsche Literatur und eine erneute Befestigung in der Achtung vor einem durch feine Sitte geregelten Familienleben. Das Band, welches ihn von da an mit Jena verknüpfte, hat sich haltbar erwiesen; treue Liebe und tiefe Achtung haben es gewebt. Während in Jena die Beobachtung des wissenschaftlichen Lebens und die Geschichte unserer Literatur ihn fesselten, trat in München, wo er unter dem seiner Familie befreundeten R. Ol- dcnbourg in der Literarisch-artistischen Anstalt arbeitete, die hohe Gewalt der Kunst an ihn heran. Das rege, frische Dasein unter dem südlicheren Blute, die heitere Genossenschaft mir der poetisch angeregten und anregenden dortigen Jugend in Wissenschaft und Kunst, die beständige Anschauung der besten Werke alter und neuer Kunst begeisterten ihn. Und anch die Arbeit in seinem Be rufe stellte sich ibm von neuen, großartigen Seiten dar. Ueberall, auch in dem Geschäftslcben, wurden ihm die energischen Forde rungen des gegenwärtigen Lebens klar. Die Zeit stiller Beschau lichkeit wich einem vollen Aufgehen in die Jetztzeit und in ihre Anforderungen an die Wissenschaft, an die Kunst und die In dustrie. Mit vollen Zügen genoß er dieses neue Leben. Er erfaßte den Gedanken leidenschaftlich, wie es der in ihm lebende mächtige Drang nach dem Ideal verlangte, daß eine Einigung zwischen diesen Anforderungen, wie sie auch an unfern Stand und Beruf heute ergehen, und den von ihm früher ausgebildeten Prinzipien zu erwirken sei, daß durch solche Einigung überhaupt erst seine und unsere Arbeit ihre wahre Bedeutung fände. Sein Prinzipal war ibm ein zuverlässiger, sicherer Wegweiser. Er wendete unserm Gütschow ein immer regeres und demselben immer fruchtbareres Interesse zu. Er ist ihm ein treuer Freund geworden und geblie ben, der in unsere Klage einstimmt; denn auch er hat nun die Liebe und die Treue zu missen, die ihm sein dankbarer Schüler, welcher mit Recht freudig und stolz auf so ebrcnvolle Freund schaft war, reichlich bewies. Aus jenem Gedanken heraus, welchen auch er nach seinen Kräften zum Leben gestalten wollte, versagte Gütschow cs sich, als es sich um die Begründung eines eigenen Herdes handelte, sich dem Verlagsduchhandcl zuzuwende», auf den ihn manche Seite seines Wesens, die Gunst der äußeren Verhältnisse und ein angeborenes, sorgsam weiter ausgcbildctes Verständniß der Wege, die die jetzige Literatur wandelt, zu weifen schienen. Er erwarb vielmehr das von Springer mit seltener Kraft und großem Erfolg begründete Sortiment und widmete sich ganz und aus schließlich der Aufgabe, cs nicht nur zu erhalten, sondern auch nach vielen Seiten, seinen Gedanken und seiner Eigenthümlich- -keit gemäß, neu zu gestalten. Es war vor allem die edlere populäre Literatur, die die Früchte der Wissenschaft dem Volke bieten will, auf die sich sein Augenmerk richten sollte. Ihrer Verbreitung wollte er sich nach bestimmten, gewissenhaft erwogenen Regeln vornehmlich widmen. Daneben sollten die Werke, die der Landwirthschaft, der Natur wissenschaft, der Industrie in würdiger Weise dienen, befördert werden. Die Pläne für die Durchführung dieses Gedankens hatte er mit kluger Berechnung der Verhältnisse durchdacht, sie warteten nur darauf, ins Leben gerufen zu werden. Zu ihrer Stütze sollte sich an das so betriebene Sortiment ein mit Kraft betriebener Verlag, wenn auch erst in späterer Zeit, anschließen. Beide Zweige sollten sich ergänzen, jeder dem andern Nahrung und frisches Leben zuführen. Die Absichten, die er in Bezug auf den Verlag hatte, waren nicht klein gedacht. Sic erforderten viele Mittel und schwere Arbeit. Auf beides war er gerüstet. Das mit seinem Sortiment verbundene Eommissionsgeschäft wollte er nach ganz neuen Richtungen hin ausdehncn. Er hegte den Wunsch, die bedeutendsten Buchhandlungen außerdeutscher Länder von dem Werthe eines direcren Bezugs aus Berlin zu überzeugen. So wollte er diesen wichtigen Zweig des Berliner Buchhandels, wohl auch im Blick auf seine sonstigen Pläne, er weitern und eine Fülle der werchvollsten Verbindungen für Ber lin erwerben. Ein Theil seiner Wünsche ist schon ibm selbst in Erfüllung gegangen, denn die Liste seiner Eommittentcn fübrt eine Reihe der namhaftesten russische» Firmen auf. Wir beschränken uns auf diese zwei Beispiele seiner Absich ten und seiner zum Theil bvreits ins Leben gerufenen Pläne. Nichts war unpraktisch oder phantastisch, was er wollte. Alles hatte einen sichern Grund in einem wirklichen, von ihm beobach teten Bcdürfniß, in einem bestimmten Verhältnis; zum realen Leben. Er achtete nicht der Schwierigkeit, die ihm das Betreten eines ihm bis dahin fremden Landes, der Verkehr mit ganz neuen, ungewohnten Verhältnissen bereitete. Durch einen unglaublichen Fleiß, vor dessen Ucbertrcibung ibn seine Freunde leider vergebens warnten, hatte er sich bald das Neue angeeignet; schon war es ihm möglich gewesen, wichtige Erweiterungen seines Geschäftes zu bewirken, Einzelnes, was er vorerst besonders zu fördern dachte, erfolgreich auszubilden, schon trat er näher und ernstlich an die Pläne heran, die seinem buchhändlerischen Wirken das größte Ziel, seinen Gedanken die beste Abrundung gewährt hätten, — da ertönte das mächtige Halt. Der so lange unbeachtete Körper wollte mit dem Geiste nicht Schritt halten und ein Siechen trat ein, welches dem Fluge seiner Gedanken und Pläne das schmerz liche Gebot des Entsagens, wenn auch nur, wie cs anfangs schien, für einige Zeit auferlegte. Aber das Leiden beschwichtigte sich nicht. Jährliche Badereisen, die er sich nur ungern abnöthi- gcn ließ, brachten nicht Genesung. Endlich, als das Leiden dro hender ward, als es unerläßlich erschien, ihn räumlich noch wei ter von der ibm so lieben Arbeit, die ihn wie ein Magnet anzog, abzulenken und ihn eine mildere Luft athmen zu lassen, führten ihn die Seinigen nach Madeira. Ein rascher, aber friedlicher Tod entriß ihn dort am 12. October, als er schon Zeichen der Erleich terung und Besserung glaubte bemerkt zu haben, seiner Familie und seinen Freunden und endete ein reines Leben und ein ern stes Streben, zu einer Zeit, wo cs sich in seiner Kraft entwickeln und darstellen wollte. Wenn der Buchhandel um den Verlust eines Meisters trau ert, so mag er auch den Tod eines Jüngers beklagen, dessen gan zes, wenn auch nur kurzes Leben voll von Beweisen war, daß er von ganzem Herzen dem Buchhandel angehörte, daß er die Be deutung seines Berufes klar erkannte und seinen besten Zielen cntgcgenstrebte. Gütschow's Andenken sind wir cs schuldig zu bekennen, daß er sich stets, ohne Ausnahme, zuverlässig, treu, wacker erwiesen hat. Er war ein Freund von unerschütterlicher Treue, ein heite rer, liebenswürdiger Genosse froher Tage, voll tröstlicher Theil- nahme bei Schmerz und bei Sorge. Er war hilfreich und gut, ohne Arg und ohne Falsch, eine wahre, wahrhaftige Natur, lau ter und rein wie Gold. Wir freuen uns, daß wir ihm in unserm Leben begegnet sind, denn Gütschow gehörte zu den Menschen, die dazu an- gcthan waren, den Glauben an die Menschen zu stärken und zu befestigen.
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