für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Böcscnvereins. ^§53. Dienstags, den 6. I u n i 1843. Von den Sünden der deutschen Buchhändler wider den heiligen Geist. In einer Zeitschrift, ich glaube im Magazin der Litera tur des Auslandes, las ich jüngstens einen scharfen Artikel über die Uebersetzungswuth der Deutschen, wogegen selbst die Censur zu Hilfe gerufen wurde. Wer theilt nicht diese Klage, mit welcher Hast über alle Erscheinungen des Aus landes hergefallen wird, wie oft ohne alle Sichtung Ueber- setzungen angefertigt und zu spottwohlfeilen Preisen auf den Büchermarkt gebracht werden. Wir haben heute die Absicht, nur der schönen Literatur, insbesondere derRomanenliteratur zu gedenken, um daraufhin zuweisen, wie sehr wir deutschen Buchhändler selbst die Schuld tragen, daß das deutsche Publikum (und wir verste hen darunter die große Masse) die Werke von Boz, Bulwcr, Eooper, Hook, V. Hugo, Irving, Lamartine, Marryat, Scott, Fr. Bremer u. A. hundertmal bester kennt als ähn liche Schriften seiner Nation. Keine deutsche Sortiments- Handlung wird uns der Ucbertreibung zeihen, wenn wir be haupten, daß dieselben die Romane der genannten Schrift steller in den billigen Ausgaben mit 40—50 ja über 100 Expl. abgesetzt und fortwährend absctzen, während sie nie an dasselbe Publikum irgend ein deutsches Originalwerk, mit Ausnahme etwa von Schillers Werken, verkaufen. Die Erklärung ist einfach und liegt auf der Hand; ein zig und allein liegt die Ursache darin, daß die Bücherpreise für diese Schriften zu hoch bleiben, selbst nachdem die erste Auflage eines deutschen Romans ihren Weg gefunden und dann fast ohne Ausnahme der Vergessenheit übergeben wor den ist. Nur durch erneuerte billige Ausgaben kann ein sol ches Untcrhaltungsbuch festen Boden gewinnen, kann es selbst nach Jahren als ein verkäufliches Buch in jeder wohl- assorlirten Buchhandlung auf dem Lager gehalten und da durch schon dem Verleger ein gewisser Absatz gesichert werden. Warum sollen wir viele Beispiele ansührcn? Hat sich nicht Ivr Jahrgang. jeder Sortimcntshändler in seinem Wirkungskreis davon überzeugt? Sehen wir auf unsere Nachbarn jenseits des Canals, so finden wir, daß sie nach 1—2 Jahren diejenigen Romane, welche Anklang gefunden und welche beim Erscheinen zu 1 Pfd. 3 s. verkauft wurden, in sogenannten Standard-Edi- tions zu 4 s. den ganzen Roman liefern, also für den sechs ten Theil des ersten Preises! Blicken wir nach Frankreich, so sehen wir dort diejenigen Romane, welche als Neuigkeit zu dem Preise von 15—18 Frc. den Neugierigen verkauft wurden, in folgenden Jahren in der üibliotlle^iu: ck'eiite zu 3^ Frc., also den 5. Theil des ersten Preises, die Presse verlassen. Dies Beispiel sollten diejenigen deutschen Verleger nach ahmen, denen es gewollt hat, daß sie Romane verlegt, die sich den Beifall der Nation errungen haben. Geht hin und besucht unsere deutschen Familien, d. h. die Bürgers-Fami lien, seht ihre Bibliotheken an, ihr werdet Boz, Bulwer ic. bei ihnen antreffen, aber einen deutschen Roman etwa im Nachdruck, wie Van der Velde, Spindler Jude und Jesuit; aber eine Vittoria Acorombona von L. Tieck wird man nicht besitzen, selten kennen, Namen wie Häring (W. Alexis), Jmmermann, H. König, Lewald, Mundt, Nchfuß, Nellstab, Sternberg u.a. m. wird man gar nicht oder höchstens aus Leih bibliotheken kennen. Was helfen sogenannte billige Ausgaben, wo nachher doch die Schriften zu hoch im Preise kommen? Um ein Beispiel zu nennen, würden Henr. Hanke's Schrif ten nicht denjenigen der Fr. Bremer die Wage halten? und dennoch sind, ohne Uebertreibung, 100 Expl. eines Ro mans der Bremer verkauft, che eins von Henr. Hanke! Nur Ein deutscher, ja nicht einmal ein deutscher Buch händler, denn er lebt in der Schweiz, Herr Sauerländer, hat seine Verlagsschriften in billigen Ausgaben verbreitet, daher sind seine Pressen auch fortwährend beschäftigt mit dem Druck neuer Auflagen, nicht nur von Schulbüchern und den Stunden der Andacht, sondern auch von Zschokkes 116