«M Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputieren des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börscnvereins. 23. Dienstags, den 21. März 1843. An die hohe Zweite Kammer der Ständeversamm- lung des Königreichs Sachsen*). Eine vielfach und schmerzlich empfundene Beschränkung, welche die SächsischeGesetzgebunH hinsichtlich derStellung der Redaktionen von Zeitschriften zu ihren Mitarbeitern sowohl, als zum Publicum enthalt, veranlaßt die chrerbietigst Un terzeichneten, der Hohen Kammer in Nachstehendem ihre desfallsigen Wünsche mit dem gehorsamsten Gesuche voczu- legen, dieselben bei der bevorstehenden Berathung eines Ge setzes über die Angelegenheiten der Presse mit in geneigte Berücksichtigung ziehen zu wollen. Diese Beschränkung ist zu neuest ausgesprochen in §. 52. der B. über Verwaltung der Preßpolizei v. 13. Oct. 1836. Nach dieser §. gehört die Ausmittelung des unge nannten oder unbekannten Verfassers einer Druckschrift, welche Beleidigungen oder Anschuldigungen enthält, auf Antrag des Beleidigten oder Angeschuldigten für den Zweck zu suchender rechtlicher Genugthung, vor die Polizeibehör den und daher in erster Instanz vor die Ortsobrigkeitcn; Anträge dieser Art sind zunächst an die Obrigkeit des Her ausgebers, wenn diese aber nicht bekannt ist, an die des Verlegers zu richten; und die Obrigkeit hat, dafern sie die als solche ausgehobenen Aeußcrungen für beleidigend oder für Gegenstände strafrechtlicher Verfolgung erkennt, die ge nannten Personen, mittels des im Civilprocesse gewöhnli chen Zwangsverfahrens, zur Angabe des Verfassers und nach Befinden zur eidlichen Bestärkung ihrer Angaben anzuhalten. Auf den Grund dieser Vorschrift werden nun die ver antwortlichen Redacteure von Zeitschriften im Wege des in der K. bczeichneten Verfahrens von der Polizeibehörde zur Nennung des Namens der Verfasser von Aufsätzen unge halten, welche in den unter ihrer Verantwortlichkeit erschei nenden Zeitschriften gestanden haben, wenn Jemand sich *) Die Wichtigkeit des berührten Gegenstandes für die gelammte Presse sowohl als für den Buchhandel ist außer Zwei fel, wir glaubten daher diese unterm 4. d. M. aus dem Lite- ratenvcrein zu Leipzig neuerdings hervorgegangene Petition auch an dieser Stelle niedcrzulegen nicht unterlassen zu dürfen, d. R. 10r Jahrgang. durch diese Aufsätze beleidigt oder angeschuldigt erachtet und daher seinen Antrag hierauf richtet, und die Obrigkeit, d. h. die Polizeibehörde, die aus solche ausgehobenen Aeußcrungen für beleidigend oder für Gegenstände strafrechtlicher Verfol gung erkennt. Wir finden zuvörderst in dieser Vorschrift und insbeson dere in der Ausdehnung, in welcher sie nach dem Gesagten angewendet wird, eine Beeinträchtigung der Stellung, welche die Redaktion durch die übernommene Verantwort lichkeit einnimmt, und bezweifeln sodann, ob, von dieser Beeinträchtigung abgesehen, die Entscheidung über den ver letzenden Eharactec eines Aufsatzes der Polizeibehörde an heim zu geben sei. I. Der Begriff der Verantwortlichkeit bringt es mit sich, daß der Redacteuc für diejenigen Artikel, welche in dem von ihm als verantwortlichen Herausgeber Unterzeichneten Blatte sich befinden, einstehe und die von den Gesetzen verlangte Rechenschaft hinsichtlich derselben leiste. Diese Verant wortlichkeit kann aber nicht in dem beschränkten, auf das Materielle allein gerichteten Sinn verstanden werden, in welchem auch Drucker und Verleger nach dem Gesetze für die von ihnen gedruckte und verlegte Schrift in einem ge wissen Grade haften müssen; sonst würde keinerlei besondere persönliche Befähigung zur Herausgabe eines periodischen Blattes nölhig und gesetzlich erforderlich sein und das Amt der Rcdaction sänke zum Handwerke herab. Vielmehr kann der Natur der Sache nach mit dieser Verantwortlichkeit nur das Vertreten und Einstehen für einen Artikel in der Art gemeint sein, daß derselbe durch die Aufnahme in das Blatt als mit der Tendenz desselben übereinstimmend und mithin der Gesinnung und Ansicht der Redaction entsprechend er scheint: indem sie ihn daher gleichsam adoptirt, nimmt sie ihn in den Bereich des Blattes aus, für welchen sie in einem höhern Sinne, gewissermaßen geistig verantwortlich ist. Liegt cs einerseits in dem ganzen Eharactec dieses Literatur zweigs (wir meinen die periodischen Blätter), daß sie nicht 49