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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.05.1842
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 24.05.1842
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18420524
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1189 49 1190 Die Zeitungen. <Aus dcm allg. Anz. der Deutschen.! In den Jahren 1813 bis 1815 und den folgenden äußer ten die Engländer: die Deutschen, was ihnen bisher unglaub lich gewesen, wüßten trefflich Zeitungen zu schreiben, der rheinische Mercur, die rheinischen Blatter, der fränkische Mcrcur und vor allen das ohne Censur hcrausgegebene Op positionsblatt in Weimar wurden in England und Frank reich mit großem Interesse gelesen. Ich weiß dieß aus eige ner Erfahrung, wie auch, daß die Redaction desOpposilions- blattes Eorrespondenten in London und Paris hatte. Dieß war die Zeit, wo auch das Zeitungslesen in Deutschland erst in Aufnahme kam. Bis dahin hatten die Gelehrten, Beam tete, Advocatcn, Aerzte und einige angesehene Kaufherren solche Blätter allein gelesen. Nun aber griffen auch die Ge- werbtreibcnden und die Bauern auf dem Lande nach diesen gedruckten Blättern. Der Grund zum Zeirungslc'sen war gelegt, und Eins., vom Anfänge an Mitarbeiter am Oppo- sitionsblatle, hat selbst seine Hand zum Bau angelegt, sollte er auch nur Lehm und Steine den Baumeistern zugerragen haben. Wir haben für Andere gearbeitet; darum bin ich nicht neidisch, wohl aber traurig, wenn ich schon nach zwan zig Jahren gewahre, daß der im edlen Style aufgeführte Zei tungstempel zu einer Trödclbude geworden ist, in welcher der Schacher, der Betrug, die Ucberlistung, die Entstellung, die Gewissenlosigkeit, ja oft die Schamlosigkeit mit Frechheit ihr frivoles Gewerbe treiben. Eine große Gesellschaft muß sich unterhalten, oder richtiger, von ihren Sprechern, welche sich immer finden, unterhalten werden. Das muß mit Ordnung, anständig und schicklich geschehen. Allein cs unterbleibt nicht, daß von dem Einen oder dem Andern wohl die Grenzen über schritten werden. Dann aber folgt unwillkührlich die Zu rechtweisung, ist's nicht vom Vorsitzer, doch sicher von einem Mitgliedc. Auch,wir Deutsche bilden eine große und ehren- werthe Gesellschaft, die nur Bestand haben, sich kräftigen und erstarken kann, wenn die Mitglieder sich über die inncrn und äußern Gcscllschaftsangelegenhciten, über das religiöse, sittliche, gesetzmäßige, das intellektuelle und materielle Leben besprechen. Diese Besprechung ist die einzige Quelle der Einigkeit, der Ehre und Wehre, der Kraft im Innern, der Macht gegen außen. Da trug sich's zu, daß unter einem Volke von 30 Mil lionen ein halb verrückter Student einen Comödienschreiber, welchen er für einen russischen Spion hielt, weil er russischer Collcgienrath titulirt wurde, in Mannheim am offenen Tage ermordete. Von diesem Morde datirt sich die Beschränkung der freien Besprechung des deutschen Volks in seinen Zeitun gen. Man fürchtete Revolutionen und, um solche zu ver hüten , wurde die gesellschaftliche Unterhaltung in den Zei tungen unter Vormundschaft gestellt. Seitdem entbehrten die Zeitungen den Hauptstoff der Unterhaltung; aber sie wa ren einmal da und konnten, ohne große Verluste Einzelner, nicht eingchen. Die Unterhaltung wurde daher aus andere Gegenstände hingclenkt; die Zeitungsschreiber kehrten ihre Augen nach Frankreich und England: aber auch dieß schien bedenklich, darum sprachen sie ausführlich von Afrika, Asien und Australien; vom Vaterlande berichteten sie nur: heute sei die Fürstin ausgefahren, der Landesherr habe eine Reise nach Italien gemacht, der Minister werdedie Bäder besuchen, das Theater sei wohl besetzt, ein neues Opernhaus sei erbaut, ein Violinspieler habe durch sein Spiel die ganze Residenz in Bewegung gesetzt, Madame Catalani habe schön gesungen u. s. w. Die Zeitungen fühlten das Drückende dieser Lage, und mein Freund Stegmann sagte: man muß die Wis senschaften und Künste herbeiziehen. Nun, ein Geist, ein Talent, wie dieser Zeitungsvirtuose, konnte aus Wasser Wein machen, und dieß hat er bewiesen durch den Bau einer Zei tung, die eine Weltzeitung geworden, und den Eonstitu- tionel wie die Times hinter sich gelassen hat. Auf die wun dervollste Weise hat die Augsb. allgcm. Zeitung diese Höhe erstiegen, allein sie! — doch! — die Zeitungen in Deutsch land sind aus ihrer Stellung gerückt, und cs wird ihnen sehr schwer werden, den rechten Platz wieder zu finden. Die Regierungen sind nicht im Stande, ihnen die rechte Stelle wieder anzuweisen, denn diese kann ihnen nur von der öffent lichen Meinung gegeben werden, und die öffentliche Meinung im rechten Sinne fehlt zur Zeit noch in Deutschland. Auch die Augsb. allg, Zeitung füttert ihre Leser noch mit auslän discher Kost, und wenn solche nicht ausreicht, mit wissenschaft lichen oder künstlichen Leckerbissen, und zwar mir solchen Sorten, die gerade current sind, wie z. B. die Hegclschc oder Schcllingsche Philosophie. Es ist eine wahre Lust, den Fa brikanten, Kaufmann, Ladendiener, Probereiter in der Gast stube zu hören, wie anziehend die Artikel über Philosophie für diese Leute sind. In Berlin sollen sogar die Diplomaten Neigung für die Philosophie bekommen, und man glaubt, die ganze Diplomatie, und die Politik obendrein, würde Schelling in ein System bringen. Luden und Kiefer, hättet ihr daran wohl kurz vor der Schlacht bei Jena gedacht? Nein! ihr würdet es mir nicht verschwiegen haben. Aber auch die Philosophen und innigen Freunde — Schelling und Hegel — dachten daran selbst nicht auf ihren Spazier gängen an der Saale herauf, der Oclmühle zu, gegen Gera hin. Das war 1806 vor der Schlacht von Jena. Die Zeiten haben sich geändert und mit ihnen die Menschen. — Ich kehre zu den Zeitungen zurück. Bis jetzt habe ich in der Geschichte keinen Staat, kein Volk als stark, mächtig, unabhängig aufsinden können, wel ches von seiner Regierung unter politische Eensur gestellt ward. Die Eensur in Athen und Rom beschränkte sich auf das sittliche Leben. Acschines klagte den Timotheus an wegen seiner Sittcnlosigkeit, und er wurde von der Gemeinde zu Athen vcrurthcilt. Der Eensor Eato übte sein Amt streng aus, machte sich um das Vaterland verdient, allein er be schränkte die Censur auf das sittliche Leben. Die Alten hat ten Recht, denn die Sitten sind und bleiben das Lcbenspcin- cip eines Volks. Die politische Censur fand ihren Ursprung im Vatican zu Rom; sie hat Rom zur Ohnmacht gebracht, und wird seinen gänzlichen Fall herbeiführcn. Lord John Russel meint in seiner Geschichte der eng lischen Verfassung, die mündliche Rede vor Gericht und in beiden Häusern des Parlaments, die freie englische Presse seien die Begründer der englischen Macht und Stärke- Er beruft sich auf Edmund Burke, Earl Fox und William Pitt. Er führt die Reden dieser Heroen englischer Intelli genz wirklich an, die seine Behauptung beweisen. Damit
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