für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Getchäktszweige. H e r a u s g e g e b « n von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. »^1. Diensttags, den 16. Oktober 1838. Dibdin und die Bücher-Lieb Haderer in England. Von Zeit zu, Zeit entstehen besondere Geschmacksrich tungen, die, von glühenden Naturen angeregt und be günstigt, zu Leidenschaften werden. Bald sind Blumen^ bald Porzellan-Basen, altmodische Möbel oder seltene Bücher der Gegenstand solcher Mode-Liebhabereien, die Manchen um Hab und Gut bringen. Die Tulpen- Wuth, welche vordem in Holland grassirte, war ein Bei spiel dieser Art; unser Zeitalter ist Zeuge einer ähnlichen Manie gewesen; man bewarb sich mit demselben rasenden Eifer um alte Bücher, wie früher um schöne Tulpen. In England veranlaßtc die Rivalität der Bücher-Liebhaber lebhafte Kämpft, besonders während der ersten zwanzig Jahre unseres Jahrhunderts, oder, genauer genommen, zwischen 1810 und 1820, in welcher Periode man den Gegenständen seines Enthusiasmus auch die größten Opfer brachte. Etwas Auffallendes mußte diese Bibliomanie in einem Lande haben, wo die Schriftsteller, wenn ihre Werke nicht sehr populair sind, unaufhörlich mit der Gleichgül tigkeit des Publikums und der Geringschätzung der Buch händler zu kämpfen haben. Ehemals konnte ein Autor dieser Art nichts Besseres thun, als in den geistlichen Stand treten, sein Werk irgend einem Lord widmen und um dessen Patronat sich bewerben. Gelangte er auf die sem Wege zu einer Pfarre, so war er in den Stand ge setzt, noch mehr Bücher in die Welt zu schicken. Man cher berühmt gewordene Schriftsteller griff zu diesem Nolh- anker und rettete sich vielleicht nur auf diese Weise vor dem Hungertode in einem Dachstübchen: ja, noch heut- 5r Jahrgang. zutage bedienen sich sehr viele Autoren des nämlichen Aus- kunftmittels; denn die Buchhändler sind in England un barmherziger, als irgendwo auf Erden. Man weiß, daß der Buchhändler Dodsley dem großen Sterne ein Honorar von 50 Pfund Skecl. für das Manuskript sei nes unsterblichen Tristram Shandy verweigerte; und mit welcher Ironie schildert Pope in seinem Briefe an den Grafen Burlington die Habgier und Unwissenheit Lintot's, eines der namhaftesten Buchhändler jener Periode! Pope selbst konnte sich nur unter der Aegide reicher Lords auf Unkosten der literarischen Handelsleute lustig machen. Die Englischen Buchhändler bedürfen übrigens a u ch der Mäccne, wenn ihre Bücher nicht gerade dem Ge schmack und der Fassungskraft des großen Publicums Zu sagen. Nur Lords und andere sehr vermögende Leute be reichern ihre Bibliotheken mit bändercichcn und kostbar ausgestattetcn Luxus-Werken; sie sind beinahe die einzi gen Käufer derselben. Nur Personen von dieser Elasse verdankt man auch die Rettung bibliographischer Selten heiten, denen sie in ihren prächtigen Sammlungen ein Asyl geben. Ohne ihre Unterschriften würde manche nütz liche oder kostbare Unternehmung des Buchhandels nicht zu Stande kommen und ohne ihre Ankäufe manche werth- volle Bibliothek als Maculatur in die Kramläden wan dern oder zum Nachthcil der Wissenschaft zerstreut und verschleudert werden. In einem Lande, wo der Regie rung keine regelmäßigen Fonds zur Förderung der Wissen schaft und der Kunst zu Gebote stehen und wo cs nur eine kleine Zahl öffentlicher Bibliotheken gibt, ist cs als ein besonderes Glück zu betrachten, daß wenigstens die Vornehmen und Reichen einen Theil ihres ungeheuren 162