Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.04.1944
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- 1944-04-05
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- 05.04.1944
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Stell© beginnen selbstverständlich die eigentlich fachlichen und berufskundlichen Erörterungen, auf die es an dieser Stelle gar nicht so sehr ankommt. Die Gruppeneinteilung des Bestandes einer Frontbuchhandlung muß sehr viel grö ber sein als die Systematik einer wissenschaftlichen Büche rei oder auch einer städtischen Leihbücherei. Zur Fest stellung des Verkaufserfolges und der Käuferinteressen sind folgende sieben Gruppen gebildet worden, die nur schlagwortartig Umrissen werden sollen: 1. Zeitnahes Schrifttum: Pflicht und Vorbild = politische Haltung, Gesinnung und politisches Han deln beeinflussende (bzw. voraussetzende) Bücher aus den Sachgebieten: Politik, Geschichte, Krieg, Lebensbilder großer Deutscher, Forderungen des Tages. 2. Geistige Einkehr und Reife bewirkende bzw. voraus-' setzende Bücher: Dichtung in Prosa und Gedicht (Kunstdichtung), Philosophie und Lebensweis heit, Kunst- und Geistesgeschichte. 3. Liebe und Leidenschaft, Glück und Not des ein fachen Lehens in Kindheit, Jugend, Familie und Ge sellschaft (L i e he s - und Familienromane, Heimat- und Bauernromane, geschichtliche Romane unpolitischer Art). Diese Gruppe ist in der Statistik kurz mit „Herzens- und Heimatromane“ bezeichnet. 4. Spannungsliteratur: Wagnis und Verbre chen, rätselvolles Leben in der Ferne des Raumes und der Zeit (Abenteuer- und Kriminalromane, Reise beschreibungen, Völkerkunde und Zukunftsromane). 5. Humor und Kurzweil: Lustige Geschichten und Verse, Witzbücher, Vortrags- und Spielbücher, amü sante Denkwürdigkeiten. 6. Natur: Tier- und Jagdgeschichten, Naturkunde, Sternkunde. Von der Schönheit der sichtbaren Welt: Bildhücher von Natur, Landschaft, Kunst und Volks tum. 7. Fachbücher und „Gebrauchsliteratur“ im enge ren Sinne, Dienstvorschriften, Wörterbücher, Lieder bücher, Bücher zur Berufsförderung. Zum richtigen Verständnis der statistischen Zahlenan gaben muß diese begriffliche Abgrenzung der einzelnen Gruppen genau beachtet werden. Die abgekürzten Gruppen bezeichnungen, die in der statistischen Übersicht verwendet wurden, sind bloße „Etiketten“, die nicht zu eng verstan den werden dürfen. In der Auswertung der Verkaufsstatistik beschränken wir uns auf einige besonders auffallende Erscheinungen. Auffallend ist zunächst, daß der Verkauf in den ersten vier Buchgruppen prozentual ziemlich gleichwertig ist. Das be deutet. daß die geistigen Neigungen der Sol daten sehr vielseitig sind. Schon die Gesamlverkaufsstatistik widerlegt also die weitverbreitete Meinung, daß der Soldat das Buch n u r zur Entspannung und zur leichten Unterhaltung brauche und darum vor allem Kriminal- und Liebesromane und Humor bücher verlange. Die geistigen Bedürfnisse des Soldaten sind jedoch viel ausgeglichener und vielseitiger. Aus mehre ren Gründen ist das ein sehr erfreuliches Zeichen: Keine Entfremdung gegenüber den Forderungen der Zeit, keine geistige Verspießerung und Absonderung als Allgemein symptom ist hiernach festzustellen. Der Buchverkauf zeigt dabei in deneinzel- nenDienstgrad gruppen ein durchaus unterschied liches Vcrkaufsbild. Am auffallendsten ist wohl, daß die von den Offizieren am wenigsten gefragte Gruppe bei den Mannschaftou die beliebteste ist: die Spannungsliteratur. Bei den Mannschaften folgt jedoch die Dichtung, die die beliebteste Buchgruppe der Offiziere ist, in kurzem Ab stand nach den „Herzensromanen“ auch bereits an dritter Stelle. Die Unteroffiziere und Feldwebel sind im allgemei nen als sehr ehrgeizige Menschen bekannt, die es im Leben noch zu etwas mehr bringen wollen. Im Buchverkauf zeigt sich das in dem starken Interesse dieser Gruppe an Bü chern aus dem Bereich „Pflicht und Vorbild“, an geschicht lichen und politischen Büchern also, sowie an dem eigent lichen „Fachbuch“, wozu vor allem Bücher zur Berufs förderung und die militärischenDienstvorschriften gehören. Am häufigsten sind die Bücher aus der Gruppe D i c h- tungundBesinnung verlangt worden. Diese Gruppe steht mit 20,2 v. H. im Gesamtverkauf an erster Stelle. Der Soldat verlangt in erster Linie also nicht, wie die allge meine Meinung lautet, nach einer leichten, oberflächlichen Unterhaltung und Belustigung, sondern nach dem im ge wissen Sinne zeitlos gültigen, klassischen, nach dem aus gereiften Schrifttum. Er will Bücher, die es wert sind, daß er seine kurzbemessene, kostbare Zeit ihnen schenkt. Das ist an sich recht sonderbar. Obwohl die Bücher meist nur kurze Zeit die Begleiter des Soldaten sein können, weil er sich mit ihnen nicht lange herumschleppen kann, verlangt der Soldat doch nach Büchern, die er für sein ganzes Leben besitzen möchte, nach Büchern, die man nicht nur einmal, sondern immer wieder liest, um sich an ihnen innerlich zu bereichern und zu „sammeln“. Daß der Soldat in erster Linie also nach Büchern aus der Gruppe „Dichtung und Be sinnung“ greift, beweist, daß er beherrschend nicht nach Entspannung und vorübergehender Ablenkung, sondern vielmehr nach geistiger Vertiefung, nach seelischerFestigung und Sammlung verlangt. Nur bei den Mannschaften steht das Bedürfnis nach leichtem Lesestoff an erster Stelle, aber auch hier folgt mit kurzem Abstand die Dichtung bereits an dritter Stelle. Im übrigen verbergen sich in der starken Be liebtheit der Gruppe „Herzensromane“ und „Spannungs romane“ auch noch seelische Bedürfnisse besonderer Art, die nicht nur auf Entspannung und Ablenkung abzielen. Eine besondere Untersuchung könnte das eindeutig nach- weisen. — In der Gruppe der Offiziere stellt die Dichtung an erster Stelle, bei den Unteroffizieren an zweiter. Gegen alle Erwartung hoch ist die Nachfrage nach politischem, zeitnahem und verpflichten dem Schrifttum, nicht nur bei den Unteroffizieren, bei denen es eindeutig an erster Stelle stellt. Bei den Offi zieren folgt dieses Schrifttum nach der Dichtung an zweiter Stelle. Im Gesamt verkauf stellt dieses Schrifttum ebenfalls nach der Dichtung an zweiter Stelle, es ist nur 0,7 v. H. weniger gefragt. Gegenüber unseren früheren Verkaufs erfahrungen beobachten wir sogar ein gesteigertes Verlan gen nach zeitnahem Schrifttum. Das völkisch verpflichtende Schrifttum liegt heute dem Soldaten mehr am Herzen als je — heute, wo es jedem verständigen Deutschen klarge- worden ist, daß dieses gesamte Gedankengut den Trotz und den fanatischen Widerstand gegen die Feinde des Reiches am ehesten zu nähren geeignet ist und im Falle einer Nie derlage unserer Waffen nach der Zertrümmerung aller bau lichen Kulturdenkmäler als nächstes Opfer vernichtet und ausgerottet würde. Dieses zunehmende Interesse an Politik und Geschichte dient letztlich auch dem zuvor gekennzeich netem Hang nach ernster Einkehr und männlicher Reife, der in der überragenden Beliebtheit der Dichtung zum Ausdruck kommt. Zu einem ausgereiften Weltbild gehört eben die Auseinandersetzung mit den größten geschicht lichen Vorbildern, mit den drängenden Nöten der abend ländischen Kultur und den Hintergründen des jetzigen Krieges. Zum Teil werden bei der Lektüre dieses Schrift tums auch eigene politische und soldatische Erlebnisse wie der belebt und ein Stück eigener Vergangenheit in das augenblickliche Leben einbezogen, um den eigenen politi schen Standpunkt gegenüber den vielen, sidi immer mehr häufenden Anfeindungen zu festigen. Die Bestandsstatistik zeigt, daß der angelie ferte Buchbestand gut gemischt war. Die zahlenmäßige Verteilung in den einzelnen Buchgruppen entspricht im gro ßen ganzen durchaus den geistigen Neigungen der Soldaten, und das bereits bei den ersten Verkäufen, nach denen noch etwa die Hälfte der angelieferten Bücher übriggeblieben Börsenbi. f. d. Dt. Buchh. Nr. 27, Mittwoch, den 5. April 1944 55
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