IR- für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^85. Dienstags, den 24.September 1839. Preßvcrhandlungen der Badischen zweiten Kammer über den Antrag des Abgeordneten Rotteck auf Wiederherstel lung einigen Rechtszustandes in Sachen der Presse. (Fortsetzung.) Dieser Bericht aber ist kein Gesetz für die Deutsche Nation. Zwar hat man spitzfindig zu beweisen gesucht, daß auch jene innern Angelegenheiten unter den im Bun- desbeschlusse von 1819 ausgestellten Begriff gehören. Man hat das gar künstliche dialektische Argument ge braucht, daß, wenn man von einheimischen Angelegenhei ten etwas ausspreche, darin indirekt auch eine Kritik oder ein Tadel enthalten sein könne gegen fremde Regierungen oder andere Bundesstaaten, wenn nämlich dort eine ähnliche Einrichtung wie bei uns besteht, oder wenn dort von der Regierung oder den Gewalthabern im nämlichen Sinne wie bei uns gehandelt wird. Ja, meine Herren, wenn das ein richtiges Argument ist, so muß das Zcitung- schreiben und Lesen völlig aufhören; denn Alles, was in einem Lande geschieht, kann auch auf andere Länder gedeu- det werden. Es könnte dann bei jeder Nachricht oder Be merkung gesagt werden: das trifft diese oder jene Deutsche Regierung, darf also nicht gedruckt werden, und so bliebe endlich gar nichts zu schreiben übrig. Wahrlich! wenn von Dingen oder Begebenheiten, welche durch irgend eine subjektive Jdeenverbindung oder aufzusindende Ähn lichkeit als Bezeichnung eines Mangels oder Gebrechens in einem Deutschen Bundesstaate konnten gedeutet werden, nicht gedruckt werden dürfte, so müßte man nicht nur von England und Frankreich schweigen, sondern man müßte noch weit mehr darauf bedacht sein, von Türkischen und Chi nesischen Dingen nichts anzuführen. Die innern Angele genheiten also sollen Freiheit genießen, die landständischcn 6r Jahrgang. Angelegenheiten zumal, welche schon nach dem Princip der Ver fassung der Oeffcntlichkcit sich erfreuen sollen, und deren voll ständige Darstellung in Zeitblättcrn undFlugschriftcn durchaus nicht verkümmert werden kann ohne offenbaren Bruch der Ver fassung. Die Eensur für solche Angelegenheiten also, ich behaupte es, soll, kann und muß aufhören nach dem Buchstaben der rechtskräftig vorliegenden Gesetze; eine bloße Milderung genügt unserm Rechte nicht. Der Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat bemerkt, es sei nicht möglich, jetzt ein Preßgesetz zu geben, man müsse sich darauf beschränken, nach den jetzigen Verhältnissen eine mildere Eensur zu üben. In der Begründung meiner Motion und in den Verhandlungen der frühern Kammern ist ausgeführt, nicht allein daß das Preßgesetz möglich, son dern auch, daß es nothwendig ist. Durch die Abschaffung des alten Preßgesetzcs von 1831, d. h. durch die Verstüm melung desselben, nämlich durch die Aufhebung einzelner bestimmter Paragraphen, während man andere stehen ließ, die nur in Verbindung mit den ausgehobenen einen Sinn hatten, ist es unbedingt nothwendig gemacht, ein neues Preßgesetz zu geben, und die Regierung, die wiederholt ver sprochen hat, wenigstens ein provisorisches Preßgesetz zu geben, hat eben dadurch die Möglichkeit anerkannt. Sie wird doch nichts versprechen, was unmöglich ist! Wenn ich übrigens sage, ich begnüge mich mit dem Preßgesetz und den Eensureinrichtungen, wie sie milden Bundesbeschlüs sen verträglich sind, so sage ich deshalb nicht, daß ich diese Beschlüsse als wahrhaft zu Recht bestehend anerkenne, sodaß man sich ihnen ganz stillschweigend unterwerfen müsse. Ich glaube das Recht zu haben, wie jeder Mensch, also auch jeder Deutsche es hat, zu rcclamiren, sei es vor den obersten Häuptern, sei es vor dem Tribunal der öffentli- 152