- für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^Z64. Freitags, den 12. Juli 183S. Ein Wort über Censur und Presse. Die Leipz. Allg. Zeitung enthalt in einer ihrer neuesten Nummern eine Mittheilung aus Leipzig, welche unter den obwaltenden Umständen besondere Beachtung verdient, und solche an den geeigneten Stellen gewiß finden wird; die Aufnahme in diese Spalten dürste durch die Wichtig keit des Gegenstandes genügend motivirt erscheinen. „Der in jüngster Zeit wahrgenommene Stillstand einer nicht unbedeutenden Anzahl von Pressen ist in öffentlichen Erörterungen von einer Seite der Anwendung der Preß- polizeiverordnung vom 13. Oct. 1836, von der andern dagegen dem Buchhandel selbst zugeschricben worden. Viel leicht möchte die Wahrheit in der Mitte liegen. Denn laßt sich auch die Thalsache der raschen Abnahme des hiesi gen Druckereigeschäfts ebenso wenig in Abrede stellen, als daß dieselbe, der Zeit nach, der oben erwähnten Verord nung gefolgt ist, so darf doch sehr bezweifelt werden, daß diese Abnahme mit der Erschwerung der Censur und der Häufung der geistigen Controlen als Ursache und Wirkung in erkennbarem Zusammenhänge steht, und man kann wohl annehmen, daß die ungünstigen Zeitverhältnisse, die gestiegenen Nahrungssorgcn, die Ucberhandnahme der Journalistik und selbst die Magerkeit der Literatur nicht ohne Einfluß auf diese beklagenswerthe Erscheinung gewesen sind. Ob andererseits nicht die Strenge der Censur mit dieser Nüchternheit der Presse in Wechselbeziehung steht, weniger weil dieselbe Hand an das Gediegene und Tüchtige legt, als weil schon der Anblick gebundener Flügel jeden freiern Aufschwung lähmt und weil die, bei der vorherr schenden politischen Richtung der Zeit unerläßliche Rück sichtnahme zum eisernen Zwange gemacht wird, der Tiefe der Forschung und der Wahrheit des Ausdrucks Eintrag 6r Jahrgang. i thut, läßt sich nun schwer bestimmen. Daß viele Buch- j Händler wegen Verletzung der Preßpolizeiverordnung mit Strafe bedroht sind, wird zwar von allen Seiten zugege ben, die Schuld aber zugleich den Buchhändlern und Buch druckern beigemesscn, die sich nicht in die bestehende Ord nung fügen wollen, obschon es sich eben darum handelt, ob diese Ordnung nicht eine das Geschäft lähmende ist und durch ihre Handhabung zur Strenge wird. Unleugbar werden in neuerer Zeit unter den Buchhändlern nicht we- ni^gefunden, die mit den gesetzlichen Vorschriften beinahe ganz fremd sind und weder ihre Berechtigungen noch ihre Verpflichtungen kennen, und wenn auch von diesen gesagt werden kann, daß sie nur durch eigne Verschuldung leiden, so ist es doch auf der andern Seite eine bekannte Sache, daß zu den Lebensbedingungen der Presse die Freiheit ge hört und daß der §. 35 der Vcrfassungsurkunde ein tiefge fühltes Bedürfnis; aussprach. Man entgegnet zwar, daß unsere Censur nicht strenger sei als in andern Bundeslän dern, und daß in den höhern Instanzen oft die Bedenklich keiten der einzelnen Censoren gehoben werden; allein cs bleibt nichtsdestoweniger wahr, daß die eingeführtcn Forma litäten in hohem Grade belästigend sind und daß bei der rasch forteilenden Zeit nur zu oft die Milderung eintcilt, wenn der günstige Augenblick vorüber ist. Die öffentlich bekannt gemachte Censucinstruction, die nach ausdrücklicher ministerieller Zusicherung in ihren Grundzügen nicht ohne ständische Zustimmung verändert werden soll, würde billi gen Ansprüchen genügen, sofern dieselbe überall in demsel ben Geist ausgeführt würde, in welchem sie abgefaßt ist. Allein mit dieser Voraussetzung steht allerdings die zweite Censur im Widerspruche, denn die hecvorgehobene Noth- wendigkeit der Centralität beweist noch keineswegs, daß 108