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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.01.1863
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- Erscheinungsdatum
- 21.01.1863
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- Deutsch
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wegen seines Buches: „Ucbcr die Gerechtigkeit in der Revolution und der Kirche" zu drei Jahren Gefängnißhaft vcrurtheift hatte, selbst als Flüchtling nach Belgien, wo er sich an demCongreß nur insofern bcthciligte, als er darüber in einem kleinen Blättchen einen Artikel schrieb. Der Eongrcß sprach sich einhellig für das Eigcnthum aus, verwarf aber die ewigen Schriftsteller-Privilegien, welche der wahre Ausdruck eines eigentlichen geistigen Eigenthumsrechtes sein würden. Trotzdem hielten sich die Vertheidigec desselben nicht für geschlagen. Sie haben seitdem eine Reihe von Schriften ver öffentlicht, z. B. „Studien über das literarische Eigenthum", von Laboulaye Vater u. Sohn, 1858; „Uebcr das geistige Eigen thum", von Fredcric Passy, Victor Modeste, P. Paillottet, mit Vorrede von Jules Simon, 1859 u. s. w. Alle diese Herren sie len zwar nicht über den Congreß und seine Mitglieder, dafür aber desto energischer über Lamartinc's „Sophisten", über Proudhon her, „behandelten ihn als schamlosen Gcdankendicb und zcrprü- gclten ihn wie einen Sklaven." Gegenwärtig hat das literarische Eigcnthum die kaiserliche Machtvollkommenheit als Eassationshof angerufen. Von vorn herein sprachen die Zeitungen von einem dritten Eongreß, der zu Paris im Jndustricpalast abgehalten werden sollte; indessen ist daraus nichts geworden, weil gegenwärtig Congressc und debat- tirende Versammlungen in Frankreich überhaupt nicht gedeihen. So soll also echt römisch der Kaiser entscheiden. Unter dem Vor sitze des Staatsministers Walewski ist eine Commission er nannt worden, welche bei verschlossenen Thürcn einen Gesetz entwurf anfcrtigen soll, um ihn dem gesetzgebenden Körper unter zubreiten. „Offenbar erwartet man, setzt Proudhon hinzu, daß, nach dem Frankreich gesprochen, die andern Nationen Nachfolgen wer den. Sind wir nicht die wahren Wortführer der Freiheit, der Gleichheit, des Eigenthums, des Vorwärts mit Trommclschlag unter der Fahne der Revolution? Ist das ins Werk gesetzt, so werden wir, wie Lamartine 1841 sagte, ,die menschliche Vernunft' emancipirt haben." Proudhon tadelt hierauf die demokratische Presse, daß sic sich zum gedankenlosen Jasagen habe mißbrauchen lassen; sie sei im Jrrthume, wenn sie diese Schöpfung eines geistigen Eigenthums für etwas Freisinniges halte, cs sei vielmehr etwas „Uebcrfcuda- lcs"; wenn die vermeintlichen Vertreter des Liberalismus, z. B. Lamartine, V. Hugo, I. Simon, F. Pass», L. Viardot, Alphons Karr (Erfinder der Phrase: I-s propriete littorairo ost uns pro priete), Alloury, Ulbach, Pcllelan, G.Hecquet, Dolfuß u.A. das geistige Eigenthum lebhaft verfechten, und dagegen Imperialisten, wie Dupin, Flourens, Nisard, Sainte-Beuve, sich dawider aus sprächen, so sei das die verkehrte Welt. „Mögen sich die Eigenthümcr, denen man wieder von Thei- lung und dem rothen Gespenste vorerzählt, beruhigen; sie sollen in dieser Schrift nicht dem geringsten übelklingcnden Vorschläge begegnen. Ihre Interessen sind völlig gesichert; ihr Eigenthum hat mit dem angeblichen geistigen Eigcntbume, zu dessen Anerken nung man sie drängt, nicht das Geringste gemein, und man wird sie nicht deshalb enteignen, weil sie die Heiligsprechung des un sittlichsten Privilegiums verweigern." Proudhon prüft nun die Frage aus dem dreifachen Gesichts punkte der politischen Oekonomie, der Acsthetik und des öffent lichen Rechts. Alle Begünstiger des literarischen Eigcnthums stützen sich auf eine Gleichstellung der künstlerischen und literarischen Pro duction mit der ländlichen und gewerblichen. Nach volkswirth- schaftlichen Anschauungen ist der Schriftsteller Producent, sein Werk Product. Proudhon analysirt zu diesem Ende den Begriff „Produciren" — er beruft sich aus die Grundwahrheit, daß der Mensch in der That durchaus nichts, auch nicht das kleinste Atom wirklich produciren könne; alle Production bestehe vielmehr nur in einer Umformung und Umgestaltung des Vorhandenen. In diesem Sinne sei allerdings der Schriftsteller, der Mann von Ge nie ein Producent, gerade so, wie sein Krämer oder Bäcker; er gestalte Ideen, Gedanken, wie jene stoffliche Dinge; sein Werk sei ein Product, ein Thcil des allgemeinen Waarenvorraths. Früher hätten die Volkswirthe zwischen materieller und nicht ma terieller Production unterschieden, wie Dcscartes zwischen Ma terie und Geist; aber dieser Unterschied sei überflüssig, weil man eben keinen Stoff hervorzubringen vermöge, und sich alles Pro duciren nur auf ein Verändern, Umgestalten desselben erstrecke. Der Mensch schaffe nicht seine Ideen, sondern empfange sie; er erzeuge nicht die Wahrheit, sondern finde sie. Er beweist also, daß die gewerbliche und literarische Produc tion von einerlei Art seien. „Wenn man den Unterschied zwischen Stoff und Geist in die politische Oekonomie hineinträgt, so er reicht man damit weiter nichts, als daß dünkelhafte Ansprüche aufrecht erhalten und Kategorien von Bedingungen ausgestellt werden, die der Staats-Oekonomie ebenso fremd sind, wie der Natur." Wem gehört nun die Sache, oder vielmehr die pcoducirte Form? Dem Producenten, welcher die Verfügung darüber und den ausschließlichen Genuß hat. Also ist das Product das Eigenthum des Producenten! Gegen diesen Schluß verwahrt sich Proudhon auf's be stimmteste. Zwischen Eigenthum und Eigenthum sei ein Unter schied. Jedes Product eines Producentcn bildet wohl ein „Ha ben" desselben, aber nicht jedes Haben sei deshalb schon Ca pital oder gar E i ge n th u m. Bis dahin sei noch ein weiter Weg. Aus dem Begriffe des literarischen Producirens folge der Begriff eines unbeweglichen Eigenthums und eines daraus ge gründeten Rechtes durchaus nicht; alle Dinge erhielten erst ihren Werth durch das Bedürfniß und den Tausch, auch die lite rarischen — aber bei diesem Tausche führe uns gleichfalls nichts zu der Idee eines unveräußerlichen Eigcnthumes. „Der Besitz, denn das ist die angemessene Bezeichnung, wenn man vom Rechte des Producenten und des Eintauschenden an dem Products spricht, fängt für jeden bei dem Producte an, hat das Product, nicht mehr und nicht weniger, zum Inhalte und endet mit dem Tausche, vo ut lles; ich gebe dir, damit du mir gibst; gib mir eine Schreib-, Rechen- oder Musikstunde, und ich will dir nach deiner Wahl Eier von meinen Hühnern, ein Maß von meinem Wein, Früchte, die ich gebrochen, Butter und Käse von meiner Heerde geben. Singe mir dein Gedicht, erzähle mir deine Geschichte, lehre mich dein Verfahren, dein Gewerbe, deine Geheimnisse, und ich will dir Wohnung und Nahrung geben, dich freihalten eine Woche, einen Monat, ein Jahr, so lange du mich unterrichtest. Was geschieht, wenn die Producte und Dienste ausgetauscht sind? Jeder Theil benutzt das Em pfangene für seine Person, eignet es sich an, vertheilt es unter seine Kinder und Freunde, ohne daß der Verkäufer das Recht hat, dieser Mittheilung zu widersprechen. Hat man jemals ge hört, daß die jungen Leute beiderlei Geschlechts, welche aus Frankreich, der Schweiz und Belgien als Erzieher nach Rußland gehen, für sich und ihre Erben außer einer Bezahlung undHono- rirung noch fordern, daß die Zöglinge nicht wieder ihrerseits Leh- rerstcllen bei ihren Landsleuten übernehmen, da das Lehrfach Eigenthum des Lehrers sei? Dieses gleichzeitige Geben und Zu- 19*
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