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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.01.1863
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- Erscheinungsdatum
- 21.01.1863
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Th eil. Prvudhon und das geistige Eigenthumsrccht. Am 27. September 1858 fand in Brüssel eine Zusammen kunft von Schriftstellern, Gelehrten, Künstlern, National-Ocko- nomen und Juristen aller Länder statt, um dieFrage derAutorcn- Rechte, für die man den Namen des „geistigen oder literarischen Eigcnthums" aufgebracht, genügend zu lösen. Wir haben in un fern Blättern damals von diesem Congreffe ausführliche Mitthei lungen gemacht und unser Privat-Votum dahin abgegeben, daß man mit der Annahme eines streng juristischen geistigen Eigen thumsrechtes praktisch in die größten Widersprüche gcralhen müsse, und dasselbe eigentlich nur den großen Industrie-Schrift stellern Frankreichs zu gute kommen könne. Vor nicht langer Zeit besprachen wir sodann mehrere Schriften, welche denselben Gegenstand betrafen und die Gutachten der großen Pariser Buch händler-Firmen über dieses geistige Eigenthumsrccht enthielten, das sich in der Gesetzgebung fcstzusetzen trachtet. Wir hatten die Gcnugthuung, zu sehen, daß Hr. Charpenticr, einer der Haupt- verlags-Buchhändler von Paris, sich zu ganz ähnlichen Ansichten bekannte, als wir damals vcrtheidigt hatten, und ein eigentliches geistiges Eigenthumsrccht durchaus in Abrede stellte. Wir sind jetzt im Stande, eine neue Autorität vorzuführcn, die gewisser maßen mit dem schweren Geschütze der Argumente ins Feld rückt, um denselben Satz durchzufechten. Es ist niemand an ders, als der berühmte Socialist Prvudhon, der über diese Frage ein Buch veröffentlicht hat, welches uns in deutscher Uebcrsetzung vorliegt.*) Prvudhon ist eine cxcentcische Natur, und bei seiner Leiden schaftlichkeit, welche ihm Grundsatz geworden, im Stande, die allcrsonderbarstcnDingc zu behaupten, die man sich denken kann; anderseits aber von einer großen Wahrheitsliebe beseelt und von einer Offenherzigkeit, der man seine Achtung nicht versagen kann. Daß er in Bezug auf alles, was gesellschaftliche Verhält nisse betrifft, sehr viel positive Kenntnisse besitzt und viele gute Bemerkungen gemacht hat, wird man gleichfalls nicht in Abrede stellen können. Prvudhon hat das vorliegende Buch im Interesse seiner Selbstvertheidigung geschrieben , und ist dabei sogleich aus der Defensive in die Offensive übergegangen — er denuncirt das so genannte „geistige Eigenthumsrecht" als Erfindung der großen Industrie-Schriftsteller des modernen Frankreichs, Lamartine an der Spitze', die damit bezwecken, sich „literarische Majorate" zu schaffen; er sieht in dem Hcreinbrcchcn der Abtaxirung alles Gei stigen, in der Mercantilisirung alles Ideellen das Herannahcn ei nes neuen Aegypterthums und die Anfänge der Bildung einer neuen Priesterkaste, welche in den Allcinbcsitz aller Kenntnisse zu kommen trachtet. Werde die Anerkennung des geistigen Eigen thums zum Gesetze, so sei, meint er, die Revolution von 1789 geschlossen und der vollständige moralische Bankerott Frankreichs besiegelt; die französische Literatur sei bereits eine Knechts-Lite ratur; die Fabricirung und Vertreibung vonSchriftwcrken durch den Buchhandel sei bereits reine Geschäftssache und merkantiler Schwindel; die Legalisirung des geistigen Eigenthumsrechtes müsse dann nothwendig diesen Schwindel vollständig autorisiren und zu jenem Aegpptcr- oder Ehincsenthum führen, von dem wir eben gesprochen. *) Die literarischen Majorate. Prüfung des Plans zu einem Ge setze, welches die Schöpfung eines ewigen Monopols zum Besten der Erfinder, Schriftsteller und Künstler bezweckt. Von P. I. Prvudhon. Aus d. Franz, gr. 8. (XII u. 126 S.) Leipzig 1862, Weber. 20 Ngr. „Die Kunst, eine Handschrift zu verkaufen, einen durch äu ßerliche Mittel hinaufgctriebenen Ruf auszubcutcn, die Neugierde und dasVocurtheil der Leserwclt auszukeltern, oder um dasDing bei seinem wahren Namen zu nennen, der literarische Gcldschwin- del ist in unseren Tagen bis zu einem noch nicht dagewesenen Grade ^entwickelt worden. Zunächst gibt es keine Kritik mehr: die Schriftsteller bilden eine Kaste, und wer nur in die Tageblät ter undRevucn schreibt, wirdMitschuldiger der Gewinnsucht. Wer Achtung vor sich selbst hat, und weder an der Lobhudelei sich be- thciligen, noch den Ankläger der Mittelmäßigkeit machen will, zieht cs vor, zu schweigen. „Die Gaukelei beherrscht den Platz. Hauptmittel des Erfol ges ist aber der hohe Preis, um welchen sich die Schriftsteller ver kaufen. Man zeigt an, daß das und das mit Ungeduld erwartete, gchcimnißvoll angekündigte Werk endlich erscheinen wird, daß der Verfasser mit der und der Buchhandlung um einen Preis von 100,000 , 200,000, ja 500,000 Franken übereingekommen ist. Daß solche Käufe wirklich und ernstlich abgeschlossen werden, wollen wir nicht in Abrede stellen. Am häufigsten aber werden solche fabelhafte — was man sich wohl hütet, verlauten zu lassen — auf dicArt gezahlt, daß derVerfasser zum größtenTheile des Betrags als stiller Gesellschafter eintritt und bei dem Ab schlüsse kaum cinZehntel der verkündeten Summe herausbekommt. Große Zahlen, und wenn sie auch nur auf dem Papiere stehen, schmei cheln der Eitelkeit der Schriftsteller am meisten. Sie nehmen lie ber einen Schwindler zum Verleger, der ihnen 100,000 Thaler verspricht und Bankerott macht, als einen sichern Buchhändler, der ihnen 50,000 Franken banr hingezahlt hätte. Manchmal geht auch ein Neuling, durch den großen Namen geblendet, in das Garn, kauft sich zu Schaden und findet da seinen Untergang, wo er sich goldene Berge versprochen hatte. Dies nennt unser Buch- handel eine Beizbrü he trinken. Welchen Ruhm bringt dem Schriftsteller ein solcher Erfolg!—Hiernach kommen die Schwin deleien mit dem Format. Die ersten Früchte sind in der Literatur immer theucr; man beginnt mit dem Angriff auf die gefüllten Börsen und wendet sich dann an die schmalen. Hinterher ändert man Format, Schrift, Papier, Seitenzahl. Das und das Werk in zwei Bänden, welches bei seinem Erscheinen fünfzehn Franken kostete, ist sechs Monate später in einem Bande für drei Franken zu haben. Preisunterschied achtzig vom Hundert — Achtzig vom Hundert! Das ist ungefähr der Rabatt, den man überhaupt auf Berühmtheiten und Bücher schlagen sollte." Wir lasen vor einiger Zeit in dem ^tlsntio ülontblx die ge heime Geschichte, wie Victor Hugo's Llwersbles buchhändlerisch untergebracht worden, und welcher (übrigens deutlich sichtbare) Humbug damit verbunden ist, um das jedenfalls nicht übermäßig klassische Buch gehörig zu poussiren und dem Verleger zu seinen Kosten und einem bedeutenden Verdienste obenein zu verhelfen. Danach kann man nicht sagen, daß Proudhon's Schilderung über trieben ist. Als der oben erwähnte Eongreß in Brüssel tagen sollte, schrieb Hr. von Lamartine am 15. August 1858 einen Brief an die Versammlung, worin er derselben sein Ausbleiben entschul digte. Ein Passus kommt darin vor, der für Prvudhon eine Be leidigung enthält: „EinSophist hat gesagt: Eigenthum istDicb- stahl. Sie werden darauf durch die Einsetzung des heiligsten Ei- genthums, des geistigen, antworten. Gott hat cs geschaffen, der Mensch muß cs anerkennen." Drei Tage später, am 18. August, kam Prvudhon. den man.
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