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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.11.1863
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 18.11.1863
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- Deutsch
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2492 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. »U 142, 18. November. Umfang seines Berufs zu genügen. Für gesellige Vergnügungen, Sport, Reisen opferte er daher wenig oder gar keine Zeit, außer so viel nolhwcndig war für körperliche Erholung und Erfüllung der Berufsgeschafie. Zu seiner großen Entbehrung sollte er der Freude eines lückenlosen Familienkreises bald beraubt werden, in dem ihm die Gattin und damit, das zarteste und reinste eheliche Glück schon am 24. August 1888 durch den Tod entrissen wurde- Er ging keine zweite Ehe ein, um nur für das Glück seiner Kinder zu arbeiten und zu wirken. Die ihn überlebenden Kinder sind nach der Reihe des Alters: Sophie Freifrau v. Weiler zu Weiler, Elise Freifrau v. Podewils zu Leinstctten, Karoline Freifrau v. Gcmmingen-Guttenberg zu Guttenbcrg a/N., Marie Freifrau v. Ow zu Hohenberg, Georg Astolf, geb. 1833, vermählt mit Frida Frciin v. Baumbach, und Karl Erlbald Julius Balduin, geb. 1835, vermählt mit Amolie de la Harpe aus Waadtland; ein über lebender Enkel ist Karl Rudolf v. Neubronncr, Sohn des k. württemb. Obcrjustizasscssors Rudolf v. Neubronner und von Jda, welche beide dem Schwiegervater und Vater im Tode vorangc- gangen sind. Da zuerst sechs Mädchen der Ehe entsprossen waren, hatte der Verstorbene schon mit der Hoffnung gebrochen, seinen sehnlichen Wunsch eines männlichen Erben noch erfüllt zu sehen. Hoch beglückt war er daher, als ihm am 28. August 1830 der erste Sohn geboren wurde, welcher jedoch bald wieder starb. Er be zeichnet bei dieser Gelegenheit ein artiges Spiel des Zufalls in seinen Jahrbüchern. Ende Juli hatte er seine Gedanken über die Julirevolution eingczcichnet, und schloß mit der Betrachtung: „guoci 1>ei volunt»8, sit omniuin roiuin neoe88ita8" — sagt der heilige Augustin. Der 28. August, als er das Tagebuch wieder öffnet, um seine Freude und seinen Dank gegen Gott für die Geburt des ersten Sohnes cinzuzcichnen, war der St. Augustinustag. „Der Satz des Augustinus", bemerkt er, „ist mir ganz eigentlich zur Auf schrift des heutigen Tages geworden." Seine Gattin, welche vor herrschend die prüfungsvollcn Tage und Jahre mit ihm theilte, hat er sammt seiner Mutter als seinen Schutzengel zeitlebens mit der zartesten Pietät geliebt und im Gedächtniß behalten. Seinem Wunsch im Tode neben ihr zu ruhen ist willfahrt; er ist in der Familiengruft zu Dotternhausen neben seiner Lebensgefährtin bei- gcsetzt. Die gezeichneten äußeren Lcbensumrissc zeigen, daß der Ver- storbcnevvn der vbjeclivenMachtdcrgegebcnen angeborenen Lebens stellung beherrscht und in bestimmte Bahnen gewiesen worden ist; dem einzigen männlichen Erben so großer Unternehmungen war der Lebensweg bis zu einem gewissen Grad durch diese vorgezeich- nct, ohne weiten Spielraum für persönliche Neigung und Lieb haberei. Und dennoch darf behauptet werden, daß dasjenige, was ihn zum besondern geschäftlichen Erfolg führte, was ihn politisch und persönlich zu einem ticfeingreifendcn Eharaktcc gemacht, we sentlich Eigenschaft und Verdienst der Individualität gewesen ist. Dies zeigt sich, wenn wir zum Schluß die Hauplzüge seines Cha rakterbildes nochmals kurz zusammenfafsen. Für die Welt galt er in erster Linie als der große Buchhändler. Allein, wie hoch wir auch die Eigenschaften anschlagen, welche den großen Buchhändler machen, so war er doch mehr als dieß. Ec bot der Production der hervorragenden Geister der Nation nicht bloß den mechanischen Hebel dar, um sic auszubeuten, er regte die Geister an, sammelte sic, brachte Opfer, hielt sich von dem Gelderwerb, insoweit er im Buchhandel mit dem schlechten Geschmack buhlt, den Tagesleiden- schaftcn nachschwimmt, fern, indem er seinen Beruf, einer der großen Strahlenleiter des deutschen Geisteslebens zu sein, in höherem sittlichen und patriotischen Geiste, in positiv christlichem Pflichkbewußtsein, mit einer gewissen edlen Familientradition, nur dem Elassischcn zu dienen, vollbcwußt auffaßte. In diesem Sinn hat er eine Reihe von Verlagsarnkcln übernommen, bei welchen er im voraus den Schaden voraussah, und von andern sich fcrnge- haltcn, deren Rentabilität von Anfang an unzweifelhaft war. Im Cotta'schen Verlag erscheinen blieb daher, wie unter seinem Vater, schon an sich ein Erfolg des Schriftstellers. Bielen Autoren ist er persönlich weit mehr als Verleger gewesen; sie haben ihm geistig nicht bloß gegeben, sondern so auch von ihm empfangen; ec hat die Kräfte ecmuthigt, herangezogcn, unterstützt, zusammengefaßt und zusammengehalten; jede Anerkennung, welche ihm für die Leistungen eines befreundeten Schriftstellers ausgesprochen wurde, konnte er nicht schleunig genug unter freudigster Theilnahme mit theilen. So ist denn leicht zu erklären, wie ihm ein Alex. v. Hum boldt gern einen eingehenden Briefwechsel widmete, wie bei ihm für viele Lileratoren der Geschäftsherr im Freund aufging, wie viele wirkende Staatsmänner seine Anregungen, Vorschläge und Rath- skhläge nicht bloß nützten, sondern auch suchten. Die übeczeugungs- kreue Art und Weise, wie der Verstorbene seine politischen An schauungen unter schwierigen Umständen festgehalten hat, zeigte, daß in ihm der politische Charakter den speculativen Buchhändler überragte, daß das Lavircn um des Gewinnes willen seine Sache nicht gewesen ist. Das außerordentliche Vertrauen, welches ec hierdurch in den einflußreichsten Kreisen sich erwarb, und welches ihn zum wirksamen Dolmetsch vieler fruchtbaren Gedanken bei den Mächtigen der Erde gemacht hat, muß daher wesentlich auf Rechnung seines persönlichen Verdienstes gesetzt werden. Seine ungemeine Welt- und Menschenkenntniß wurde allerdings dem Erben der klassischen Verlagsrcchtc und großen politisch berechti genden Grundbesitzes, dem Sohn eines weithin angesehenen und die edelsten Kräfte der Nation sammelnden Vaters, dem Glücks kind einer sorgfältigen Erziehung und früher Welkerfahrung ver- hältnißmäßig leicht gemacht; aber sein persönliches Verdienst ist es von früher Jugend an, keinen Tag für diese umsaffende Aus bildung versäumt zu haben, in der Atmosphäre vornehmer Eickel nicht verweichlicht, nicht schlaff, nicht einseitig geworden, und im Charakter unabhängig geblieben zu sein. Er suchte die Mächtigen durchaus nicht, sondern war der Gesuchte, und hierdurchnuc desto einflußreicher; er war so nicht bloß einer derwerelianlprinoss, welche nach den Millionen gewogen werden, sondern selbst von fürst lichem Einfluß in politischen und andern Angelegenheiten. Ehren auszeichnungen suchte er nicht; er hat sie, um der Sache willen, welche er vertreten, mehr denn einmal positiv vermieden, und war niemals in seinen Anschauungen bestochen, wenn sie ihm den noch zusielen. Er durchragte, wesentlich seine eigene Schöpfung, fast alle Schichten der bürgerlichen Gesellschaft, von der Spitze bis zur Basis persönlich, aristokratischeStellung mit bürgerlichem Beruf verknüpfend, das lanlloll und moniell iutere8l zusammenfas send, die geistige und materielle Production in ihrer besten Qua lität zusammenleitend, gesellig den obersten Claffen ebenbürtig, bürgerlich in Thätigkeit, selbständig durch ein Vermögen, das er aus schwierigen Verhältnissen heraus sich neu geschaffen hatte, zugänglich für alle Claffen, seinen Arbeitern ein wohlwollender humaner Herr. Von seinem Vermögen machte er edlen Ge brauch, während er selbst in größter Einfachheit lebte, in den er sten Zeiten seines Geschäftslebens sich, kann man sagen, sogar einschränkte. Arbeiter in der Nolh, Schriftsteller in bedrängter Lage hatten an ihm eine Stütze. Artikel seines Verlags hat er aufs freigebigste im Einverständniß mit den Miteigenthümern an öffentliche Anstalten in-dec ganzen Welt verschenkt. Dieser reichen Entfaltung der Persönlichkeit, der Vielseitig keit der Lebensstellung kam eine Reihe angcborner und in der Schule des Lebens durchgebildctcr Eigenschaften auf das glück lichste entgegen: scharfer Verstand, schnell sich orienkirendes und das Richtige treffendes Urthcil, gründliche Bildung, welche die alte und die neue Classicität umfaßte, und zu dieser geistigen Be-
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