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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.09.1861
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.09.1861
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- Deutsch
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sitivc Recht Lücken läßt. An Stelle jenes Krämergeistes der gu ten alten Zeit, dessen Hauptwitz im Uebecvortheilcn lag uno der beim Mangel alles Selbstgefühls vor jedem Wagniß zurückschrak, ist eine frische, durchbildctc und selbstbewußte Untcrnchmcrthä- tigkeit getreten, die dem Publicum nicht zumuthet, bei einem Ri- sico von einigen tausend oder einigen hundertThalcrn denActio- när, noch dazu ohne Garantie und ohne Controls, zu spielen. Und was sind die reellen Ergebnisse dieser Entwickelung? Die Zahl der Firmen ist um das Fünffache gestiegen, die Büchcrpro- duction stieg um das Sechsfache, daneben entwickelte sich eine machtvolle periodische Presse, die damals noch in den Kinderschu hen lief, der Geschäftsverkehr ist ei» exactcr, coulantcr und wohl feiler geworden, und im nämlichen Verhältnisse, wie sich der Ver kehr ausgebreitct, in sich vervollkommnet und vereinfacht hat, im nämlichen Verhältnisse, d. h. zu Gunsten des Durchschnittser gebnisses stieg der Geldumsatz und der Reingewinn. Das ist nur die materielle Seite an der Sache, mit der nothwcndig die geistige zusammcnhängt. Mit der Steigerung des commercicllcn Ergebnisses, und zwar genau im nämlichen Schritt, hat der deut sche Buchhandel eine culturgeschichtliche Bedeutung erstiegen, von welcher cincZcit selbst i» ihren besseren Vertretern kaum eine Almung haben konnte, die durchgängig nur auf die Befriedigung des gegebenen gelehrten Bedürfnisses und auf Stillung der al bernen und geschmacklosen klnterhaltungslust des großen Haufens angewiesen war. Und von jener ,,guten alten Zeit", wo der Buchhandel noch in seinen vielgcrühmtcn ,,soliden Bahnen" wandelte, mukhcn uns heutzutage manche Leute zu, daß wir sie als Ideal verehren und zu ihr zucückflüchten sollen! In der Neuzeit finden sie kaum et was, was besser ist, als in der vor ihren Augen allerdings stark umnebelten Vergangenheit. Diese Seite der Geschäftswelt ist cs namentlich auch, welche die sogenannte höhere Auffassung des Buchhandels in Schwung gebracht hat, eine Auffassung, die un ser» Stand mehr um sein Ansehen zu bringen geeignet ist, alsjirgcnd sonst etwas. Die höhere Auffassung kommt nämlich gewöhnlich bei der Gcwcrbcfrage zur Sprache; in Bezug auf Gcwerbc- freihcit heißt cs, man dürfe den Buchhandel nicht mit andern Ge werben unter eine Schablone ziehen, er stelle etwas Anderes vor, als solche Berufsactcn, die auf Befriedigung des materiellen Be dürfnisses ausgchcn; mir seiner Würde sei die Gcwcrbcfrcihcit unverträglich. Es ist das im Kern der Sache die nämliche Sprache, die auch die Handwerker-Innungen führen, wenn sie sich aus Ministcrialvcrordnung darüber zu äußern haben, ob sie die Ge- wcrbcfrcihcit wünschen oder nicht, und in Wahrheit wird durch jene höhere Auffassung der Buchhandel aus der Rangstufe von Handel und Industrie entfernt, umihn auf das Niveau des Hand werks hcrabzudrückcn. Dabei klagt man analog dem zünftigen Handwerke über den drohenden Nachtheil der „Pfuscherei" seitens Unberufener, und fordert zur Abwehr dessen von der Ge setzgebung Prüfungen für den zu conccssionirenden Buchhändler, welchem Wunsche denn auch die preußische Preßgcsctzgcbung mit großer Zuvorkommenheit entsprochen hat, da cS für ihren Stand punkt allerdings kein geeigneteres Mittel zur Maßregelung der Preßgcwcrbe gab. In der guten alten Zeit stand cs mir der Für sorge für die Bildung des angehenden Buchhändlers natürlich anders; ich verweise nur auf die Streit- und Rcformschriftcn des vorigen Jahrhunderts, worin Klagen darüber geführt wer den, daß die Geschäftsinhaber die Wahl ihrer Lehrlinge darnach bestimmten, um sie gleichzeitig zu gewissen Functionen desHaus- kncchts, z. B. zum Holzhacken und dergleichen Dingen, zu ver wenden. Vielleicht steht es in einiger Verwandtschaft mit dieser Auffassung des buchhändlcrischcn Berufs, wenn der vierzehn jährige Friedrich Perthes, als er in die Lehre treten wollte, von dem Leipziger Böhinc noch auf ein Jahr zurückgcsandt wurde, weil der Junge gegenwärtig noch für den Buchhandel „zu klein und zu schwach" sei. An solche charakteristische Züge erinnert man sich jedoch so wenig, als an die Wahrheit, daß dieKorpphäen des Buchhandels gar nicht Buchhändler werden konnten, wenn man sie niic Schulepamc» hätte plagen wollen. Der alte Ru precht aus Göttingcn wies Friedrich PerthcS auf der Leipziger Messe als Lehrling zurück, weil der unwissende Junge auf seine Aufforderung nicht einmal amo zu conjugircn wußte. Der alte Gocschcn, der Freund und Verleger unserer classische» Dichter, hatte in seiner Jugend Almosen gesammelt und kam durch Ver mittelung eines menschenfreundlichen Schiffscapitäns ohne we sentlichen Ucbccgang vom Bettelstab in den Buchhandel. Mit solchen Andeutungen soll nicht gesagt sein, daß man um die Vor bildung des Buchhändlers nichts zu geben habe; aber man soll sich klar darüber zu werden suchen, daß der Buchhandel seiner innersten Natur nach ein freies, vom Mutterwitz, nichtvom Schul witz getragenes Gewerbe ist, welches in der Schnürbrust engherzi ger und tendenziöser Gesetze und Corporacionsbcstimmungen noth- wendig ersticken muß. Ein offenes Wort hierüber ist um so mehr am Platze, als sich unser Stand im Allgemeinen bei der Discussion der Gewcr- befragc gewöhnlich aus die Seite schlägt, wo am wenigsten Ehre, Ansehen und Nutzen für die Gesammtheit zu erzielen ist. Wenn unser Beruf die Gcwerbefrcihcit zu scheuen hat, so ist der Geist, die Lebensfähigkeit aus ihm gewichen, und nichts erübrigt, als ein eitles Formcnwescn, welches trotz der besten Gcgcnanstrcng- ungen in nicht zu langer Zeit zusammenbrechcn muß und nichts hintcrlassen wird, als gestaltlose Trümmer. Allein gerade das Gegenthcil findet Statt. Der Nachweis wäre bald zu führen, daß der Aufschwung des Buchhandels sich überall an eine freiere gesetzliche Behandlung des Gewerbcwcsens angeknüpft hat. Nach der Ansicht unserer Eonservativcn müßte consequentcr Weise Oe sterreich das Ideal unserer Geschäftsentwickelung bilden. Man nehme die beste ocsterrcichischc Provinz, vergleiche sie in Produc tion und Eonsumtion mit irgend einer deutschen, welche unter dem Einflüsse eines freieren Gewerbcwcsens gestanden hat, und das Resultat des Vergleichs wird jedes Raisonnement unnöthig machen. Alle Argumente, welche buchhändlerischerseitS gegen die Gcwerbcfrciheit angeführt werden, laufen, wie gesagt, auf das hinaus, was auch die Handwerker von ihrem Standpunkte dage gen anführen; nur ein Argument hat man auf unserer Seite voraus: die höhere Auffassung und die Würde des Buchhandels, und das ist jedenfalls auch das sonderbarste. Wenn ich mir als Buchhändler den Markt weniger bestürmt und der Concurrenz für jetzt und später durch preß- und gcwcrbcgesetzliche Maßregeln einen geeigneten Zügel angelegt denke, so könnte ich mich unter solchen Verhältnissen den Gcschäftsangelegcnheitc» mit mehr Be hagen hingcbcn, und über meine Zukunft würde sich ein rosenfar biger Schimmer legen, den ich früher vielleicht nicht gekannt habe. Einen solchen Zustand des Behagens zu lieben, ist für Denjeni gen, der sich einmal darin befindet, nichts zu Verargendes, viel mehr etwas ganz Menschliches; aber mir der höheren Auffassung und der Würde des Buchhandels hat die Liebe für eine solche Einrichtung nichts zu schaffen. Das Ansehen des Buchhandels gewinnt jedenfalls mehr durch Denjenigen, der Streben und Thä- tigkeilstrieb genug in sich hat, um sich vor der Concurrenz nicht zu scheuen, der sich nicht von ihr treiben läßt, sondern sie selber treibt, d. h. sie in ihren Leistungen zu üderbieten sucht. Die an deren Behauptungen, daß die Geschäftssolidität durch dieGewer- befreiheit benachcheiligt, die „Pfuscherei" darunter begünstigt
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