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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.08.1861
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- Erscheinungsdatum
- 26.08.1861
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- Deutsch
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1780 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. ^1? 106, 26. August. sellschasten stets das Wort zu führen und die Grammatiker wie die Rhetoren zu beschämen trachteten; sie waren cs, welche am mei sten und liebsten in geistreichen Gesprächen den Virgil mit dem Homer verglichen, welche alles zu wissen strebten, was nur in Büchern stand, welche ihr Gedächlniß mit geschichtlichen That- sachen und Erzählungen nicht minder wie mit Versen überfüllten und so eifrig die Regeln der Sprache aus der Grammatik des berühmten Palämon studirtcn, daß sic cs nicht über sich gewinnen konnten, irgend einen Sprachschnitzer in ihrer Umgebung unge- rügt zu lasten. Soweit ging diese literarische Bildung oder viel mehr Ucberbildung und Prunksucht der römischen Weiber, daß Juvenal sic ganz besonders aufziehcn zu müssen glaubte, und daß Martial nichts inbrünstiger erflehte, als Gott möge ihn nnr gar mit einer so gelehrten Frau verschonen. Heber das Untcrrichtswesen haben wir später ausführlich zu berichten; hier finde nur Platz, was unmittelbar auf den Buch handel sich bezieht. Der Jugcnduntcrricht lag ganz in den Hän den der Grammatiker und der Rhetoren; ihre Schulen, in allen Theilcn des Reiches verbreitet, waren der Durchgangspunkr ele mentarer und wissenschaftlicher Bildung für das gesammtc auf- wachsende Geschlecht. Ich will nun Jedem überlasten zu berech nen, wie viele Schüler cs in Rom und im ganzen Reiche unter den Kaisern des ersten Jahrhunderts gegeben haben könnte. So viel sieht man aber auch ohne diese Berechnung ein, daß der Bedarf an Schulbüchern auf allen Stufen des Unterrichts ein unermeßlicher war; sowohl solcher, deren sich die Lehrer als Leitfäden bedienten, wie namentlich derjenigen, welche in den Händen eines jeden Schülers sich befanden. Das waren einmal allerhand Eompcndicn und Chrestomathien, Mustcrdeclamationcn, Lehrbücher der Grammatik und der Rhetorik; anderseits eine Menge alter und neuer, griechischer und lateinischer, poetischer und prosaischer Schriftsteller, welche in der Elaste gelesen und erklärt, oft auch auswendig gelernt und zu allerhand Hebungen verwandt wurden. Wenn Juvenal uns schildert, wie eine zahl reiche Elaste stehend her sagt, was sie soeben sitzend gelesen, so ist cs klar, daß jeder Schüler ein Exemplar des betreffenden Schriftstellers vor sich liegen hatte; das Stück, welches der gestalt daraus eingcübt wurde, war, beiläufig gesagt, eine Rede gegen die Tyrannen. Denn die Auswahl der zu lesenden Schrift steller war ganz dem Belieben der Lehrer anhcimgcstcllt, da die Schule völlig unabhängig von dem Staate war und selbst in den Anfängen der Monarchie noch in keiner Weise überwacht wurde. Vielen lebenden Autoren, namentlich Dichtern, war cs daher ein Ziel des Ehrgeizes, in die Schulen eingeführt und, wie Persius sagt, Hunderten lockiger Bübchen cingeprägt zu werde». Das erreichte man denn auch oft, zumal wenn man in Inhalt und Form knechtisch dem Zeitgeschmack huldigte; denn dann halfen die Eltern gern nach und bläuten zu Hause den Kindern die Pensa ein. Horaz thut zwar etwas vornehm bei dem Gedanken, als Hilfsmittel in die Elementarschulen zu wandern; doch hindert ihn dies nicht, sogleich zur Erleichterung für den intcrprctirenden Lehrer sein Ourricului» vitsv als Anhang mit in den Kauf zu geben. Und in der That wurde Horaz sowohl wie Virgil in den Schulen gelesen; unter den griechischen Dichtern besonders Homer. Martial's Gedichte waren zu obscön, als daß er nicht gern, trotz des Mahnens seiner Freunde, darauf hätte verzichten sollen, daß sic den Stoff zu Lehrstunden abgäben; er wußte, daß ihr Vertrieb auch ohnedies überschwänglich genug sei und daß sie von den Knaben außerhalb der Elaste nur desto gesuchter wären. Zu den am meisten verbreiteten theoretischen Schulbüchern ge hörten: die Grammatik des Palämon, die Rhetorik des Theo- dorus und das Lehrbuch des Civilrcchts von Masurius Sabinus. Es wird nun hoffentlich den Zweiflern klar sein, daß schon der Schulbcdarf allein manche dieser theoretischen und praktischen Schriftsteller, womit ich namentlich die interpretirtcn Dichter und Redner bezeichnen will, in vielen Tausenden von Exemplaren verschlang. Zählen kann ich diese Tausende so wenig, wie die der Schüler innerhalb des römischen Gesammcstaates, in deren Hän den sie waren» Aber das leuchtet ein, daß, wo so gewaltige Heeresmastcn von Abschriften eines und desselben Autors in Umlauf kamen und kommen konnten, das buchhändlerische Ge schäft der Vervielfältigung und des Vertriebes, in Summa aber der literarische Verkehr eine Ausdehnung gewonnen haben mußte, die hinter der heutigen wenig oder gar nicht zurückgeblieben sein dürfte. Daß die Schulbücher so gut wie andere von den Buch händlern entnommen wurden, erhellt, wenn es dessen noch bedarf, aus Petronius, wo wir den Echion deren etliche für seinen Kna ben einkaufcn sehen. Viele dieser Schulbücher, wie die Gram matik des Palämon und das Eivilrecht des Sabinus, waren zu gleich Handbücher aller Gebildeten, gehörten zum Hausbedarf oder dienten zum Hausgebrauch, dergestalt, daß sich gelegentlich Jung und Alt, Mann und Weib daraus Raths erholte. Alles dieses erhellt vollständig aus Juvenal, Persius und Petronius. Daß auch die Sammlung und Herausgabe der bestehenden Ge setze von jeher eine Sache der buchhändlcrischcn Spcculation war, wissen wir schon aus Eiccro. Diese Bedürfnisse des Hauses und die weitverbreitete Nei gung zu ästhetischer Lcctüre und zu oberflächlichen oder tieferen Studien bildeten unfehlbar die ersten und natürlichen Entsteh ungsgründe jener zahllosen Privatbibliothckcn, die nun auch ihrerseits wieder zur Vermehrung des literarischen Verkehrs in hohem Grade beitrugen. Schon seit Paul Acmil gab cs in Rom große Büchcrsammlungen im Besitze von reichen Privaten, welche allen Gelehrten den Zutritt gestatteten. Allmählich wurde cs für jeden Gebildeten und Vermögenden zu einer Forderung des guten Tons, im Besitze bedeutender Bibliotheken zu sein; ausgezeichnet waren die des Eiccro und des Atticus. In der Kaiserzcit zumal stieg das Bcdürfniß und die Liebhaberei; fast jedes Haus besaß eine Bibliothek; Trimalchio rühmt sich bei Pc- tronius, deren drei zu besitzen. Bei den Bauanschlägcn wurde daher stets auf ein Bibliothekzimmer als auf ein wesentliches Zubehör Bedacht genommen, wie aus Vitruv genügend bekannt ist. Wenn ein einfacher Dichter, wie Persius, in dem jugend lichsten Alter dahinstecbcnd, eine Sammlung von 700 Büchern hintcrlicß (und frage man'nur, wie viele unsere heutigen Dichter besitzen!), wie groß muß nicht erst die Bibliothek eines so gelehr ten Römers, wie Plinius des Acltcren, gewesen sein, dem bei seinen Arbeiten augenfällig Tausende von Schriftwerken zu Ge bote standen. Der Grammatiker Epaphroditus besaß nicht we niger als 30,000 Bücher; Sammonius Severus, der Erzieher des jünger» Gordian, sogar 62,000; und Scncca erzählt von so großen Privatbibliothckcn, daß das ganze Leben der Besitzer kaum hinrciche, um nur die Verzeichnisse derselben zu lesen. Daß cs bei der zunehmenden Billigkeit der Ladenpreise selbst dem ärmsten Literaten nicht an einem kleinen Bücherschatzc gebrach, ersehen wir an Martial und ist um so leichter begreiflich, als die üblichen Büchcrauctioncn sicher zu noch wohlfeileren Erwerbungen Ge legenheit gaben. Allerdings verdankten nicht wenige Bibliotheken in den Häusern der Reichen ihr Dasein nur der Prunksucht; nicht als Mittel der Studien, sagt Scncca, sondern als Schmuck der Wände und zur Schaustellung würden sie gebraucht; unter so vielen Tausenden von Büchern gähne der Besitzer und habe sein größtes Wohlgefallen an den Aufschriften und Titeln; ge rade bei dem größten Müßiggänger finde man nicht selten alle
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