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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.03.1848
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- 1848-03-24
- Erscheinungsdatum
- 24.03.1848
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- Deutsch
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340 theidigenden Zugeständnissen an die Verwaltungsherrschast, sie ist eine WiUkürmaßregel. Die freie Presse darf und kann einzig und aus schließlich dem Gesetz unterstellt sein. Niemand darf seinem ordentlichen Richter entzogen werden: lau tet der oberste Grundsatz der Rechtspflege. So auch die Presse nicht. Kein Ausnahmegesetz darf drohend über ihr schweben. Das Verbrechen des Schriftstellers, Buchhändlers und Buchdruckers unterliege vielmehr dem allgemein gültigen Strafgesetz. Nicht die Polizei richte den An geklagten nach dem Maßstabe des Beliebens; sondern der Richter falle nach dem festen, undeutbaren und unwandelbaren Buchstaben des Ge setzes sein Urthcil. Nur auf diese Weise ist die Willkür aus- zuschließen, nur auf diese Weise ist die Gefahr zu beseitigen, daß an die Stelle der Gesetzesübertretung als Bedingung der Strafhöhe das Maß des Mißbehagens trete, welches durch ein Preßerzeugniß bei der Verwaltung oder einigen ihrer Stimmführer erzeugt wird. Wie aber wirkliche Rechtsgleichheit in Pceßangelegenheiten nur unter der Voraussetzung eintcitt, daß der Richter nach dem allgemeinen Strafgesetz sein Schuldig oder Nichtschuldig ausspricht, so ist auch nur unter derselben Voraussetzung die Vermeidung von Preßvergehen möglich. So lange der Inhalt eines Schriftwerkes je nach den augen blicklichen, von etwas Positivem nicht geregelten Regicrungsan- sichten als schädlich und strafbar bezeichnet werden kann: so lange schwebt jeder Schriftsteller, welcher nicht zu den Vertretern der Verwaltung gehört, in fortwährender und höchster Gefahr, gegen deren ihm nicht nur unbekannte, sondern auch mit den Zeiter eignissen wechselnde Meinung zu verstoßen. Diese Rechtsunsicherheit der Presse verschwindet nur dann, wenn ihre Verhältnisse einzig und allein dem Urtheil des unabhängigen, vom bekannten Strafgesetz gelei teten Richters unterliegen. Das Strafgesetz, dessen Unverbesserlichkeit wir jedoch keines wegs bevorworten wollen, genügt vorderhand für alle hierher gehörige Fragen. Neue Gestaltungen der Lebensverhaltnisse, wie sie unter freierer Bewegung der Staatsbürger unausbleiblich sind und sich natür lich auch in der Presse wiedcrspiegeln, werden nach und nach eine ver bessernde Durchsicht der Strafgesetzbücher durch die Stände der einzel nen deutschen Staaten mit Rücksicht auf eine allgemeindeutsche Verein barung der Strafgesetze von selbst ins Leben rufen. Aber ist dies auch jetzt noch nicht geschehen, und denken wir uns zunächst nur die gehässi gen Erfchwerungs- und Unterdrückungsmaßregeln sämmtlich beseitigt, vergegenwärtigen wir uns dann alle durch die Presse ausführbaren Ge setzesübertretungen, vergleichen wir endlich mit diesen gedachten Fällen die thatsächlichen Bestimmungen der Strafgesetzbücher — besonders des sächsischen —: so können wir nicht länger zweifeln, daß diese im Allge meinen nach allen Beziehungen ausreichend sind. Allein nicht nur diese Ueberzeugung, auch nicht nur der Wunsch nach Erschaffung eines wirklichen Nechtsbodens für die Presse bedingt die Forderung eines Ausschlusses polizeilichen Ermessens aus dem Urtheil über Preßvergehen. Der Staat hat vielmehr noch eine eben so heilige Verpflichtung, deren Erfüllung einzig und allein unter der ausschließlichen Herrschaft des Gesetzes über die Presse möglich ist. Diese Verpflichtung heißt: Gewähr des Eigenlhums und der Rechte aller Staatsangehörigen. — DiePreßerzeugnisse sind Rechtsgegenstände, weil für den Urheber und Verleger Quellen des Erwerbs. Ersterem steht das sogenannte geistige, letzterem das sachliche Eigenthum am Preßerzeugniß zu. Nicht daran kann hierbei gedacht werden, daß man ein solches Erzeugniß derWirkung des Strafgesetzes entziehen wolle, falls dasselbe die Staatsgesetze thatsächlich verletzt. In solchem Falle wird Niemand dem Staate sein vollstes Strafrecht ableugnen. Ja, wenn das bloße Fortbestehen des Preßerzeugnisses schon eine fortgesetzte Ver letzung des Gesetzes wird, so hat der Staat sogar ein volles Recht zu dessen gänzlicher Vernichtung. Dagegen steht auch die Ueberzeugung gleich unumstößlich fest, daß über die Frage, ob eine solche Gesetzcs- ^7 24 Übertretung vorhanden, auch nur der Ri chter, nimmer dieVerwal - tung ein rechtskräftiges Urtheil sprechen kann. Einzig der Richter hat zu entscheiden, ob der Urheber bestraft, ob dem Berechtigten sein Eigenthum und Erwerbsquell entzogen werden müsse. Selbst ein Er satz der Herstellungskosten, sogar die Gewähr eines kleinen Vortheils können die Entziehung des verfassungsmäßig gewährten Eigenthum schutzes ohne richterlichen Spruch aufGrund des Strafgesetzes, nie und nimmer rechtfertigen. Denn einer eben so gefährlichen als mit dem vollkommenen Rechtszustand unvereinbaren Repcessivmaßregel wäre damit Thür und Thor geöffnet. Noch mehr gehört jedoch zur wirklichen Durchführung des Rechts zustandes. Diejenigen müssen nämlich von jeder Verantwortlichkeit für das vom Schriststellek oder Verleger begangene Preßvergehen befreit sein, welche dazu nur eine mechanische Hülfe ohne irgend geistige Be theiligung geleistet haben: die Drucker und wenigstens theilweise die Sortimentsbuchhändler. Erster« üben ihr Gewerbe, ohne den Inhalt prüfen zu können; ihre Verantwortlichmachung ist eine Grausamkeit. Der Sortlmentsbuchhändlec liest meistens gleichfalls kaum den Titel der von ihm zu vertreibenden Schriften. Sonach dürfte den Buchdru cker und Sortimentsbuchhändlec eine Verantwortlichkeit mindestens sicherlich nur dann treffen, wenn derselbe nachweislich ein Verbrechen mit Absicht unterstützte. Erfüllt nun endlich eine Preßgesetzgebung die hier aufgestellten Er fordernisse sämmtlich, so lastet trotzdem selbst das freisinnigste Preß- gesetz noch immer hindernd auf der freien Entfaltung der Presse, so lange das bisherige Strafverfahren Bestand hat. Ja, kaum irgend einen Gegenstand des staatlichen Lebens giebt es wohl, welcher von der Unnatur unseres Rechtsprechens durch blos juristisch gebildete und dem öffentlichen Leben entzogene Richter schwerer getroffen wird, als eben die freie Bewegung der Presse. Zu fern von den Werkstätten wie von den Wirkungen geistiger Erschaffungen stehen meistens die Richter oder die Mitglieder eines Richtercollegiums, um den richtigen Standpunkt zur Beurtheilung der Thäligkeit der Presse erringen zu können. Vorzugsweise gilt dies von jenen Theilen der Preßerzeugnisses welche den häufigsten Anlaß zu Anklagen auf Preßvergehen geben: von den politischen, publicistischen, periodischen, sowie von den religiösen und philosophischen Schriftwerken. Wie vermag der juristisch gebildete Richter, namentlich jener,welcher bei verschlossenenThüren ausgeschrie benen Akten das Urtheil ausbaut, in seiner vereinzelten Stellung jedes mal in die zusammenhängenden Ausführungen einer wissenschaftlichen Streitfrage sich einzudenken ? Immer wird er den angeschuldigten Satz, hcrausgecissen aus seinem Zusammenhangs, nach dem Wortlaute auffassen, nach dem Gesetzeswort beurtheilen und auf solche Weise darüber wohl ein buchstäblich richtiges, keineswegs aber ein gerechtes Eckenntniß fällen. Beim Einzelrichtec, wie beim Spcuchcollegium, welchem ein Referent den Akteninhalt vorträgt, kommt dieser Uebel- stand in grellster Weife und in verderblichster Macht zu Tage. Die Unfähigkeit zur Belebung des starren Gesetzes in seiner Handhabung bei Preßangelegenheiten ist eine dem heutigen Grundbau des Strafver fahrens angeborene Schwäche. Beweise genug dafür liefern die all täglich vorkommenden Injurien durch Druckschriften. Fast immer ist ihre Beurtheilung falsch, weil sie vom gewöhnlichen Gesichtspunkt ge meiner Beleidigungen ausgeht, weil sie weder die Gegenstände noch die Personen, noch die Verhältnisse genügend in ihrengegenseitigen Bezie hungen ins Auge faßt, weil sie endlich das Rechtsgefühl der Lesewelt, vor welcher allein doch solche Injurien geschehen, gleich gar nicht in Frage zieht. Schon die Eigenthümlichkeit der Verhältnisse zwischen Verfassern und Verlegern, sowie die Rechtsverletzungen der an Geisteswerken beste henden Befugnisse wurden von fast allen deutschen Staaten als so be sonders anerkannt, daß man Sachverständige zu deren Beurtheilung nölhig erachtete. Wenngleich nicht der Form und dem Namen nach,
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