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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1840
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- Erscheinungsdatum
- 16.06.1840
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- Deutsch
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1313 56 1314 Gesellschaft beflecken und verletzen; sie kann das Gefühl für Religion und Sittlichkeit in den Herzen schwacher Menschen, wenn nicht verlöschen, doch verdunkeln; sie kann Unfrieden säen und Lcbensglück stören. Aber nicht gerechnet, daß die Vortheilc, die sie bereitet, ihre Gefahren und Nachthcilc bei Weitem überragen, und daß diese Gefahren überhaupt von vie len Seiten überschätzt werden, so kann ja schon nach der allge meinen Regel der Mißbrauch den Gebrauch nicht aufhebcn. Was bliebe, wie gesagt, zum Gebrauche noch übrig, dessen Mißbrauch man verhindern wollte? Ist nicht die Religion selbst, diese Trägerin und Erhalterin der Staaten, schon zu den schändlichsten Betrügereien, zu Verbrechen aller Art be nutzt worden? Was die Nachtheilc der freien Presse anlangt, so unter scheidet man zwischen ihnen gewöhnlich, je nachdem sie die Be stimmtheit des Staates treffen, oder die Privatrcchte Einzelner kränken. In elfterer Beziehung mißt man der freien Presse Gefährdung des Staatswohlcs überhaupt bei, fürchtet wohl von ihr den gänzlichen Umsturz des Bestehenden, Aufruhr und Empörung. So mächtig nun aber auch der Einfluß der Presse ist, daß sie eine Revolution herbeiführen könne, muß darum doch geleugnet werden. Leiten läßt sich wohl die öf fentliche Meinung durch die Presse, aber beherrschen nicht. Wo überall Revolutionen vorgckommen sind, nimmer läßt sich Nachweisen, daß sie die Ungebundenhcit der Presse hervor- gcrufen habe. Eher giebt es Beispiele, daß gewaltsame Auf regungen Statt fanden, weil man dem Volke den freien Ge brauch der Presse entziehen wollte. Zudem ist es ein Satz der Erfahrung, daß, wenn Völker eine momentane Unzufrie denheit zeigen, diese weit leichter gestillt zu werden pflegt, wenn sie ihre wirklichen oder vermeintlichen Beschwerden besprechen, ihren Herzen gleichsam Luft machen dürfen, als wenn man sie nöthigt, ihren Grimm zu verbergen und die Giftpflanze der Unzufriedenheit im Dunklen fortwuchern zu lassen. Ist Stoff zu einer Empörung vorhanden, glaubt ein Volk sich auf der äußersten Gränze der Nothwchr zu befinden, wird man die Empörung nicht zu hindern, den drohenden Sturm nicht zu beschwören vermögen, wenn man der Presse geschärfte Fesseln anlcgt. Mangelt cs aber an Stoff zur Aufregung und Un zufriedenheit, dann mögen feile Zeitungsschreiber und Libell- schmicde vergebens ihre Stimmen ertönen lassen; ihr Geschrei wird auf dem Markte des Lebens verhallen, das Volk wird sie, wenn nicht mit Verachtung strafen, gewiß verlachen. Meint man dagegen, der Gebrauch der Presse müsse ge zügelt werden, damit die Ehre und der gute Leumund der Staatsbürger unangetastet bleibe; so ist auch die geschärfteste Eensur nicht im Stande, alle Ucbergriffe der Presse in dieser Hinsicht zu überwachen. Beweisende Beispiele hierzu liegen nicht ferne, und ließen sich in Menge anführcn. Gewiß ist es daher, daß die Gefahren der freien Presse auf der einen Seite übertrieben, auf der andern Seite aber auch durch die Eensur nicht gnügend beseitigt werden, beson ders wenn man im Auge behält, daß gerade dann, wenn die Eensur am strengsten ist, bei der Liebe zum Verbotenen die Lust, sie zu umgehen, am lebendigsten wird. Bedürfte es aber noch eines weiteren Beweises von der Gefahrlosigkeit der be freiten Presse, so wäre es die Berufung aufdie Erfahrung und Geschichte. Auf die außerdcutschen Staaten, wo volle Preßfreiheit besteht, braucht zunächst nicht hingewicscn zu wer den, um den Beweis zu ergänzen, daß die Existenz der Staa ten, wie man so oft glauben machen will, durch die freie Presse nicht im Mindesten gefährdet wird. Bleiben wir bei Deutsch land selbst stehen. In Schleswig und Holstein bestand fünf zig Jahre lang vollkommen unbeschränkte Preßfreiheit, sie be stand dort zum Heil und Frommen des ganze» Landes, ohne daß selbst ein sogenanntes Preßgesetz ihren Gebrauch geregelt hätte. Sie bestand noch dazu in einer sehr gefährlichen Zeit, bestand während der ganzen französischen Revolution und hat kein Unglück gebracht, ist auch nicht in Folge eines Miß brauchs aufgehoben worden, sondern lediglich als ein Opfer der neueren Verhältnisse gefallen. Ihre Aufhebung datirt sich von den bekannten „Karlsbader Beschlüssen." Auch in Meck lenburg und Hessen-Darmstadt gab cs dis dahin nie eine Een sur, selbst zu den, der Preßfreiheit doch gewiß keineswegs gün stigen Zeiten Napoleon's. In Baden und Hannover bestand wenigstens Ecnsurfreiheit für alle höheren Staatsbeamten und Professoren, also für diejenigen, welche präsumtiv der Presse am meisten sich bedienen. Und überall freute man sich, im Besitze dieses kostbaren Kleinods zu sein, und nie siel cs den ei genen Regierungen dieser Länder ein, denseibenzu entziehen- Und noch gegenwärtig besteht die Freiheit der Presse ohne alle Beschränkung in den drei britischen Reichen England, Schott land und Irland, in Schweden, Norwegen und Dänemark, in Frankreich, Belgien, Holland und der Schweiz, in Griechen land und den ionischen Inseln, Spaniens und Portugals, so ' wie der außereuropäischen Staaten gar nicht zu gedenken. So gut aber, wie sie anderwärts besteht und Früchte bringt, so gut muß sic auch für Deutschland gefahrlos sein, da wohl Niemand mit Ernst behaupten oder mit der Bchaup- ' tung beweisen wird, daß das deutsche Volk des Rechtes der freien Gedankenäußerung weniger würdig oder zu dessen Ge brauche minder befähigt sei. Mißbrauch ist auch bei uns möglich, da auch die Bewohner der deutschen Staaten nur Menschen sind. Aber Mißbräuchen der Presse muß man durch ein Gesetz begegnen- Wollten wir weiter gehen, „so müßten wir," wie König Gustav der IH. in seiner Begrün dung der Preßfreiheit sagte: „gar keine Freiheit gestatten, gar kein Gut heilig halten." Hiermit ist zugleich dem so häufig zu hörenden Vorwurfe begegnet, daß unbedingte Preßfreiheit nichts weiter sei, als Pr eßfcechheit. Kein Vernünftiger wird die unge zügelten Mißbräuche der Presse gutheißen, wird und kann cs billigen, daß durch die Presse Ehre und Sittlichkeit verletzt, oder Staat und Religion, wenn anders dicß möglich ist, ge fährdet werden, denn kein Vernünftiger kann wollen und wünschen, daß Verbrechen begangen werden. Wer also die Freiheit der Presse vertheidigt, der spricht damit nicht etwa aus, daß nun neben dem Gebrauche dieser Freiheit jeder Miß brauch derselben straflos sein, oder auch die allgemein-recht lichen Beschränkung^ (Vocbeugungs- wie Unterdrückungs-) Mittel nicht Statt haben sollen. Aber cs ist nur eine Ver wechslung der Begriffe, daß man diese allgemein-rechtlichen Vocbeugungs - und Unterdrückungsmittcl mit Eensur für identisch erklärt, die neben der rechtlichen Preßfreiheit nun einmal nicht bestehen kann, da die Eine die Andere aufhebt und ausschließt. Ebenso wenig ist eine liberale Handhabung
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