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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.06.1856
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.06.1856
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- Deutsch
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ten müsse. Ein anderer Gegner, indem er als das eigentliche Haupt motiv des Antrags den Wunsch annahm, die Profanation des Sonn tags abzustellen, meinte, daß es sich ja hier eben nur um einen Sonntag im Jahre handele, daß man selbst bei sonst entschiedener Festhaltung der Svnntagsheiligung doch recht wohl einen einzelnen Sonntag, noch dazu einen Meß-Sonntag, wcrktägigcn Geschäften Widmen könne. Was sonst noch vorgebracht wurde, sagte entweder ungefähr dasselbe oder es betraf untergeordnete Gesichtspunkte ge schäftlicher Zweck- oder Unzweckmäßigkeit. Und allerdings war das vom ersten Gegner vermißte und vom zweiten angedeutete Motiv der Sonntagsheiligung wohl das eigentlich wesentliche, wie denn auch der Antragsteller in seinem Schlußworte erklärte, daß er dies eigentliche Hauptmotiv absichtlich zurückgchalten habe, um der Ver sammlung zu ersparen, sich in unkirchlicher Weise auszusprechen. Wenn man nun auch im Allgemeinen zugcben muß, daß es in der Regel am besten ist, überall voll und gerade mit der Sprache herauszugehen, gleichviel ob man auf Beifall oder Mißfallen, ja Spott stößt, so läßt sich doch auch jener Grund des Antragstellers gar wohl hören. Denn die Buchhändler-Hauptversammlungen haben längst aufgehört, private zu sein. Die darin verhandelten Fragen, namentlich wenn sie über das Gebiet der geschäftlichen Technik hin- ausgchen, dürfen wir nicht mehr als innere, so zu sagen häusliche Angelegenheiten ansehen. Sie wiederhallen in den Zeitungen, und was wir in den Hauptversammlungen thun und beschließen, darauf sieht man, und mit Recht, den ganzen deutschen Buchhandel an. Nun hat aber der deutsche Buchhandel eine ebenso eigcnthüm- liche als bedeutsame Stellung im Culrurleben unseres Volkes. In seiner Mittelstellung zwischen dem kaufmännisch-praktischen Gebiete und dem der Wissenschaft und Kunst, in seiner wunderbaren Orga nisation, die den Strom des Eulturlebens bis in die fernsten Canäle entlegener Städte und Dörfer vermittelt, hat er allmälich und naturwüchsig eine Bedeutung erlangt, die man ihm zwar vom grü nen Tische her lange bestritten hat und vielleicht noch bestreitet, die aber der öffentliche Instinkt längst anerkannt hat. Daher die ehren hafte Stellung des einzelnen Buchhändlers, selbst bei verhältniß- mäßig kümmerlicher finanzieller Unterlage, daher die bedeutsame Stellung des Gesammt-Buchhandels. Aber diese Bedeutsamkeit, obwohl nicht beansprucht, kaum zu gestanden, sondern nur thalsächlich bestehend, legt denn auch dem deutschen Buchhandel eine hohe Verpflichtung auf, der er sich nicht entziehen darf. In Allem, was löblich, tüchtig, treu, frisch und fromm, mit einem Worte, was deutsch ist, in Allem, was der Tiefe des Gemüthcs und Geistes entquollen ist, hat der deutsche Buch handel, an den cs aus seiner Reise aus dem Lande der Idealität in das der praktischen Wirklichkeit zuerst hcranzutretcn pflegt, signali- sirend und beispielgebend voranzugehen. Das ist die Idee des Buch handels seiner sittlichen Seite nach, das ist die Idealität der Cantate- Versammlung, von der einer der Redner, obwohl in anderem Sinne, sprach, der Cantate-Versammlung, die eben das Organ, das Mund stück des Buchhandels ist, durch welches er sein Thun, seine Anschau ung, seine Stellung darlegt. Wir identisicircn darum den Buch handel in dieser Beziehung mit seiner jährlichen Hauptversamm lung. Was in letzterer verhandelt und beschlossen wird, das ver handelt und beschließt der deutsche Buchhandel. Denn diese jährliche Hauptversammlung ist der einzige Fall, wo er in seiner Gcsammt- heit und als solche handelnd und beschließend auflritt, sie ist das wichtigste, ja das einzige Organ der Gesammtheit. Tritt daher an dieses Organ eine Frage von mehr als geschäft licher Bedeutung, so tritt sie damit an den Gesamnu Buchhandel. Die Entscheidungen der Hauptversammlung muß der deutsche Buch handel mit Lust und Last übernehmen, er hat sie zu vertreten, er ist dafür verantwortlich. In diesem Jahre ist nun eine solche Frage an die Hauptver sammlung getreten, die Frage von der Sonntagsheiligung. Die Antwort ist verneinend ausgefallen. Wir glauben, daß die Majorität hierbei ein Zwiefaches unbeachtet gelassen hat. Für's Erste, daß es sich hierbei mit Nichten um einen einzelnen Sonntag handelte, den Jeder einmal in die Lage kommen kann zu Werktagsgeschäften zu verwenden; sondern daß es sich hier um den Sonntag über haupt handelte. Der Buchhandel hat nur einen Sonntag, wo er zeigen kann, was er von der Sonntagsfeiec hält, das ist der Eantate-Sonntag. Der einzelne Buchhändler möchte alle Sonn tage im Jahre arbeiten, ja die Mehrzahl der einzelnen Buchhändler möchte es thun: so bedenklich das auch wäre, dennoch hätte es nicht die signisicante Bedeutung, als wenn der Gesammtbuchhandel seinen einzigen amtlichen Sonntag zu geschäftlichen Arbeiten bestimmt. Denn damit huldigt er dem schnöden und öden Princip, daß Ge schäftemachen ihm über Alles geht, daß ihm Sonntag und Werktag dazu einerlei ist; damit verneint, mindestens ignorirt er alle höher« Bedürfnisse der Seele, seien es religiöse oder humanitäre, er igno rirt jene große Fundamentalwahrheit nicht blos der christlichen, son dern aller Religionen, daß der Mensch einen regelmäßig wieder kehrenden Ruhetag haben muß, wenn die arme Psyche nicht im Schmutz und Staub unaufhörlichen Arbeitens und Schaffens ver kümmern soll. Zum Zweiten ist die Majorität vielleicht nicht hinlänglich ein gedenk gewesen, daß sie abstimme im Namen und in Vertretung des deutschen Gesammtbuchhandels. Oder glaubt man wirklich, wenn man die Frage so gestellt hätte: „erklärt der deutsche Buch handel, daß er die Sonntagsruhe für überflüssig und das Arbeiten am Sonntag für empfehlenswerth hält", glaubt man, daß diese Frage bejaht worden wäre? Wir glauben entschieden, nein, wir halten die Ueberzeugung fest, daß die überwiegende Mehrzahl unserer Standesgenossen nicht so sehr dem dürrsten Materialismus verfallen ist, daß ihr „Geschäfte über Alles" gingen, daß sie vielmehr der idealen Seite unseres cdeln Berufs gedenkt und sich diese in den Stunden der Ruhe und Sammlung als Ziel- und Strebepunkt ver gegenwärtigt. Von diesem Standpunkte aus erledigt sich denn auch der von einem der Redner gemachte und schon oben erwähnte Einwurf, daß man in dem Frommann'schen Anträge die Gründe für die Verle gung vermisse. Es bedurfte deren nicht, denn die Sache spricht von selbst laut genug; sondern vielmehr handelte es sich um die et waigen Gründe gegen die Verlegung und um deren Beleuchtung und Entkräftung, und damit hat sich denn auch ein Theil der Dis- cusston, und wie uns scheint mit Erfolg, beschäftigt, denn es ist in der Thal kein Hinderniß gegen die Verlegung auf einen Wochentag vorgebracht worden, das nicht ohne nennenswerthe Schwierigkeit zu beseitigen wäre, es sei denn, daß man die Idealität der Hauptver sammlung, dieser amtlichen Lebensäußerung des Gesammtbuchhan dels, wirklich an einen bestimmten Tag knüpfen und von der Fest haltung dieses einen Tages abhängig machen wollte. Wir sagten oben, daß die Beschlüsse unserer Hauptversamm lungen in den Zeitungen zu wiederhallen pflegten. Wenn wir nicht irren, ist das auch mit diesem Beschluß der Fall gewesen, und wir zweifeln nicht, man wird ihn zu seiner Zeit und an seinem Orte dem Buchhandel in Anrechnung bringen. Fern sei es nun zwar, daß sich der Buchhandel durch solche Rücksichten bestimmen lasse, gegen seine Ueberzeugung zu handeln und zu beschließen, fern sei es, daß er sich zum Liebediener gegen jeweilige Strömungen der Zeit erniedrigte. Es wäre Verrath an sich selbst, und was er aus solchem Wege erlangte, verlöre er zehnfach an höherem Gute. Aber darin möge es uns doch als verstärkendes Motiv dienen, daß wir uns unserer Abstimmungen als im Namen der Gesammtheit geschehend bewußt werden, und 138 *
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