Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.04.1856
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- 14.04.1856
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664 M44, 14. April. Börsenblatt für den unterschied sich von früheren Jahren nur durch die große Anzahl von kriegerischen und patriotischen Gelegcnhcirsschriften, zu denen die Tagesereignisse Veranlassung gaben, und denen sich eine Fluth non Herzensergießungen in Prosa und Versen anschloß, welche der Tod des großen Zaren hervorrief. In die Kategorie der Gelegenheitsschriften gehört auch eine Sammlung von Gedichten, die von Apollon Majkov unter dem Ti tel: „1854" veröffentlicht wurden. Unter den neueren russischen Dichtern nimmt Majkov eine der ersten Stellen ein; namentlich haben seine anthologischen Poesieen ihm bei seinen Landsleuten einen großen und nicht unverdienten Ruf erworben; indessen geben die Kritiker zu, daß sein „1854" hinter den Kriegsgesängen Jukovskji's aus dem Jahre 1812 und Puschkin's aus dem Jahre 1831 zurück bleibt, und schreiben dies dem Mangel an poetischem Geiste zu, an welchem unser Zeitalter so entschieden laborirt. Ein Veteran der russischen Literatur, Nestor Kukolnik, der stark in Patriotismus macht und unter Anderem die Schlacht von Sinopc durch ein Theaterstück verherrlichte, das seiner Zeit großes Aufsehen erregte, ist mit einem melodramatischen Gedicht „die Belagerung von Asov" hervorgetreten, das ebenfalls in Hinblick auf die Gegenwart ge schrieben ist und die Vertheidigung von Asov im Jahre 1641 gegen die Türken zum Vorwurf hat. Wahrscheinlich sollte Asov als ein Pendant zu Sebastopol dienen, indem der Verfasser sich mit der Hoffnung schmeicheln mochte, daß die Belagerung der chersone- sischcn Veste, wie die der Tanaisstadt, mit dem Abzug des Feindes enden würde. Als Curiosum ist zu erwähnen, daß auch der ehema lige Ober-Befehlshaber in der Krim und jetzige Vice-König von Po len, Fürst Michael Gortschakov, unter den moskowitischen Tyrtäen sigurirt; ein von ihm gedichtetes und von Herrn Alexöi Lwov, dem Componisten der sogenannten russischen Volkshymme, in Musik ge setztes Kriegslied soll sich im Heere wie im Publicum einer nicht geringen Popularität erfreuen. Ein durch frühere Arbeiten vortheilhaft bekannter Dichter, Po- lonskji, hat im verflossenen Jahre einen neuen Band Poesieen her ausgegeben, die von der Kritik recht günstig beurtheilt werden. Von Mei, dem Verfasser der Tragödie „Servilia", der seine Themata vorzugsweise der antiken Welt entnimmt, ist eine Reihe dramatischer Scenen aus dem Leben Nero's erschienen, die sich durch die glän zende Darstellung und die stylistische Meisterschaft empfehlen, welche diesem Dichter eigen sind. Von Ostrovskji und Potjochin wurden Lustspiele geliefert, welche, die von Gogol eingeschlagene Richtung verfolgend, die Gebrechen des russischen Socialsystems mit überra schender Offenheit bloßlegen; von Markov ein Trauerspiel „Diocle- rian", das sich nicht so sehr durch poetisches Verdienst, als durch übermäßige Länge und den Umstand auszeichnet, daß nicht weniger als neunundsechzig Personen darin auftreten. In Tiflis erschien ein Almanach „Surna", welcher interessante Schilderungen aus dem Leben im Kaukasus enthält, in Kiev eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder, die in Sprache und Charakter von den großrussischen stark abweichen und sich eher den polnischen nähern. Unter den Uebersetzungen nennen wir eine Version des Dante, von Dmitrij Min, im Versmaß des Originals und mit erklärenden Noten, deren Herausgabe vor mehreren Jahren begonnen wurde, und welche jetzt vollendet ist; dann eine Bearbeitung von Humboldt's „Ansichten der Natur." Zu den interessantesten Erscheinungen des verflossenen Jahres gehört der lange erwartete zweite Band von Gogol's „tobten See len", oder vielmehr ein Bruchstück desselben, aus fünf Kapiteln be stehend, über welchem ihn der Tod ereilte, und welches man in seinem Nachlasse gefunden hat. Es ist schwer, sich ein richtiges Urtheil über dieses Werk zu bilden, das im Vaterlande des Dichters mit so leidenschaftlicher Bewunderung ausgenommen wurde und eine eigene deutschen Buchhandel. Schule ins Leben ries, die noch jetzt in der russischen Belletristik prä- dominirt. Auf den Ausländer macht es denselben abstoßenden Ein druck, den im vorigen Winter die Lectüre des Gogol'schen „Revisor" auf das in den Räumen der Berliner Sinq-Akademie versammelte Publicum hervorbrachte. Der talentvollste von den zahlreichen Nachahmern Gogol's ist Iwan Turgenjev, dessen „Memoiren eines Jägers" auch im deutschen Gewände erschienen sind, und welcher sortfährt, die russischen Journale mit novellistischen und dra matischen Skizzen zu versehen. Dankovskji schildert in seinem „Buckeligen" die Leiden und Freuden des russischen Bauernstandes, Drujinin in der „Legende aus Kislowodsk" das Treiben an einem kaukasischen Badeort, Theophil Tolstoi in den „drei Lebensaltern" die musikalischen Zustände Petersburgs. Ein bedeutendes Talent hat die russische Literatur in dem Grafen Leo Tolstoi gewonnen, der bisher unter der Chiffre L. N. T. schrieb und neuerdings mit anzie henden Darstellungen aus dem Krimfeldzuge aufgetreten ist, an welchem er persönlich theilgenommen. Auffallend ist es, daß, trotz der Erbitterung gegen das „perfide Albion", die sich seit Anfang des Krieges in Zeitungsartikeln, Spottgedichten und Carricaturen aus spricht, die voluminösen Hefte der russischen Monatschriften sich noch immer mit Uebersetzungen von englischen Romanen und Erzählungen füllen, während die französischen, bei aller Vorliebe für diese Nation, die man in gewissen Kreisen an den Tag legt, fast ganz vernachläs sigt sind. Für das historische Fach war das abgelaufene Jahr ein mehr als gewöhnlich ergiebiges. Von der „russischen Geschichte" des Professors Solowjev in Moskau — unstreitig das bedeutendste Werk, das seit Karamstn über diesen Gegenstand erschienen -— wurde der fünfte Band ausgegcben, von den „historischen Untersuchungen" des Professors Pogodin der sechste. Das hundertjährige'Jubiläum der Universität Moskau, das am 24. Januar 1855 gefeiert wurde, gab zu einer Reihe von Werken Anlaß, unter Anderem zu einer Geschichte dieser Hochschule vom Professor Schewyrev, zu einer Sammlung der Biographieen sämmtlicher Professoren und Docen- ten, die im Lause des Säculums an derselben thätig waren, einer Geschichte der slavisch-griechischen Akademie in Moskau, von Smir- nov, einer Abhandlung über den Ursprung der slavischen Schrift zeichen, von Bodjanskji rc. Ueber das alte russische Recht schrieben Fedor Ustrjalov, Iwan Engelmann, Dmitrij Meier und Gladkov. Der fleißige Linguist Hiferding veröffentlichte gründliche Studien über die baltischen Slaven, der General Beskornilowitsch über die Bewohner Weißrußlands, der Probst Kirkor über die Geschichte Lit- thauens. Von dem Fürsten Peter Dolgorukji erschien eine genealo gische Geschichte des russischen Adels, von Alexander Lakier eine „russische Heraldik", von Iwan Liprandi Bemerkungen über den Feldzug von 1812, von dem General Ortenberg eine Geschichte des Feldzugs von 1813. Eine interessante Persönlichkeit lernen wir durch eine Biographie des verstorbenen Protohieröi Golubinskji, Professors der Philosophie an der geistlichen Akademie in Moskau, kennen, der mehrere Jahre hindurch mit Schelling im Briefwechsel stand, mit dem er in dem Bestreben, die Philosophie mit der Reli- > gion zu versöhnen, zusammentraf. Das von Starczewski redigirle „encyklopädische Lexikon" ist mit dem zwölften Bande vollendet und von der Seddeler'schen „Militär-Encyklopädie" eine zweite Auflage veranstaltet worden. Die der klassischen Literatur gewidmeten „Pro pyläen" sind bis zum fünften Bande gediehen; außerdem erschienen mehrere philologische und archäologische Schriften, wovon wir Bla- ! gowjeschtschenskji's Abhandlung „über die literarischen Parteien in Rom zurZeitdes Augustus" und Saburov'sUntersuchungen „über die I alten Handelsstraßen der Griechen" namhaft machen. In das Gebiet der Reiseliteratur gehören Gontscbarovs „Russen in Japan", ein Bericht über den zweimaligen Besuch
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