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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.01.1934
- Strukturtyp
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- 1934-01-20
- Erscheinungsdatum
- 20.01.1934
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- Deutsch
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X- 17, 20. Januar 1934. Redaktioneller Teil. Börsen-latt f. d. Dtschil Buchhandel. mitsprechen nun auch als Gebende. Unsere örtlichen Besonder heiten, unsere ureigensten Erlebnisse fern in fremdem Lande, unsere Kämpfe, unser eisenhartes Schassen mitten im Völker- gcwühl von Rumänen, unsere Landschaft, die innige Naturver- bundenhcit mit der Urzeiten Zeugen, unser eigener Himmel bieten so viel Erzählenswertes, dag manch ein deutsches Ohr aufhorchen kann. Ich wage zu behauptet,, daß kaum ein Reichsdeutscher je so in der Anlehnung an die Urscholle dichten kann wie der sieben- bürgische Deutsche, weil er sie nie in ihrer Einfachheit und Nackt heit, in ihrer Sonncndnrchglühung, Wcltergeschlagenheit so er leben kann wie dieser. Und uni ein Volk zu zeichnen und zu malen, muß inan aus ihm heraus sehen und fühlen, und dazu braucht es ein ganzes Leben. Großstadtluft, Schlotrauch, Mon- dünentuin wollen wir nicht wiedergeben, es hieße Holz in den Wald tragen, aber wir können Natur, Land, das nackte Leben schildern. Bei uns findet man nicht das Virtuosentum eines Stefan Zweig, die Ausgüsse eines Tucholsky, Feuchtwanger; man möge auch von uns nicht sentimentalen Naturalismus verlangen, nicht Expressionismus, auch nicht neue Sachlichkeit. Wir haben die politischen, sozialen, sittlichen und geistigen Gärungsprozesse der Westländer nicht mitgemacht, sind nicht durch Modern und Hypermodern weder gebessert noch verdorben worden. Wir atmen den braunen, rauhen Erdgeruch, der geladen ist init tiefem Emp finden und allen solchen Eigenschaften, die sich als Treue, Hangen und Bangen offenbaren. Es soll nicht Unbescheidenheit sein, ivenn ich von dem gegenseitigen Austausch der Güter spreche. Heutigen tags sind ja die Kräfte gesunderhaltcndcr Landverbundenheit in vielem höher zu schätzen über die Verfehlungen, Verirrungen so zialen Lebens des Arbeiterproletariats, die sittlichen Tugenden starker Geschlechter über Blasiertheit und Nervosität der überge bildeten, die tüchtige Handarbeit über die Maschine. Noch weisen uns die Verleger vielfach ab — höflich oder schroff —, nachdem sic uns meistens gar nicht gelesen. Sie kennen den Siebenbürger nicht, sie wissen, ihre Leser suchen ihre beson dere, gewisse »Lektüre». Dieser Erkenntnis unterstellen sie das Buch als reinen Handelsartikel, wobei meist die Fäden der »Pro tektion» und der »Beziehungen» den Vorrang der Tüchtigkeit aus- schaltcn. Man möge »ns daher vorerst prüfen, bevor man uns ab lehnt; aber cs mögen uns Prüfen die Kenner und Könner, nicht irgendwelche sogenannte Lektoren, die bloß vom rein geschäftlichen Standpunkt ein Buch verwerfen. Der Buchhandel soll erziehe risch wirken, sich nicht vom Publikum erziehen lassen, denn die Masse neigt immer dem Übeln zu, wenn sie nicht gehalten wird. Es wäre wohl vorstellbar und auch durchführbar, daß eine zen trale Stelle sich der Aufgabe unterzöge, die schriftstellerischen Er zeugnisse zu prüfen, bevor sie dem Buchhandel angcboten würde». Ein wahres Urteil könnte da sehr viel nützen, dem Buchhandel ebenso wie dem Verfasser. Wenn sich der Buchhandel auch nicht verschreiben ließe, so wäre ein freie, segensreiche Beeinslussuug immerhin denkbar und ihre Wirkung mit der Zeit auch sicher fühl bar. Der Buchhandel müßte eine besondere Anempfehlung des Buches darin sehen, daß Prospekt und Waschzettel mit dem Urteil der Buchberatung versehen würden. Auch könnte ein zentraler Buchberater deni Buchladen unmittelbare Hinweise geben, sodaß zum »lindesten in den Schaufenstern und Schauabteilungen nur befürwortete Alt- und Neuerscheinungen, also deutsche.Bücher zu finden sein sollten. Während wir mi! Hunderten, ja Tausenden von Neuerschei nungen im Reiche überschwemmt wurden, von denen ruhig 80°/» nicht mit der Tiefe und dem heiligen Ernst eines siebenbürgischcn Schriftstellers gestillt waren, ja in geistiger, sittlicher, belehrender Hinsicht weit hinter diesen zurückstanden, was zählte es nun, wenn wir dagegen jetzt vier bis fünf unserer besten Jahresschöpfungen hergäbcn. Die Weltumfassung des Deutschtums, der National sozialismus mit seiner Losung: Platz dem Deutschen, und seinem Hitlergruß nach der Sonne, erheischen gebieterisch, daß der Buch händler die Grenzen des Deutschtums über die Reichspfähle hin weg ziehe, dagegen aber die Fluten der anderen Sprachen, aber vor allem der undeutschen Weltanschauungen selbst in den Bächen des Reiches in ihre Schranken dämme. Denn abgesehen von den Größen der Weltliteratur, wie Plato, Dante, Shakespeare usw., ist jedes fremde Schrifttum im Grunde als ut,deutsch abzulehnen. Das siebenbürgischc Schrifttum aber ist kerndeutsch, wenn es auch mitunter fremde Gestalten spielen läßt, denn es stellt sie unter deutschen Gesichtspunkten in die Legende ein. Der Verlag Langen/ Müller hat als erster den siebenbürgischcn Schriftstellern in der richtigen Erkenntnis ihres Wertes für das Deutschtum die Tore geöffnet. Wir stehen auf Vorposten fürs Deutschtum. Wenn man uns übersieht, tut man nichts anders als im Kriege, da man dem Frontsoldaten erst die Auszeichnung verlieh, nachdem der Keneral- stab unter sich die Verteilung vorgenommcn. Wenn wir auf die Besprechungen und Würdigungen unserer Bücher ein Jahr oder ewig warten müssen, dann fühlen wir uns als echte Frontsoldaten. Dr. Heinrich Zillich: „Der deutsche Äuchhcmdel soll sich selbsi erziehen". Während meines häufigen Aufenthalts im Reich ist mir wohl oft ausgefallen, daß sehr viele Buchhandlungen eine Literatur in die Schaufenster stellen, die wenig wertvoll und volksfremd war. Ich fand aber auch ganz ausgezeichnet geleitete Buchhandlungen und kann daher ein allgemeines Versagen des deutschen Buchhan dels nicht zugcbcn, im übrigen auch des auslanddcutschen Buch handels nicht, bei dem allerdings die Spannweite zwischen guten und schlechten Firmen bedeutend größer ist als im Reich. Es wer den in Osteuropa Kolportage-Romane, sehr üble billige Heftchen mit scheußlichen Geschichten, die man in Deutschland gar nicht, sieht, in großer Menge in Trafiken, Zeitungsladen, aber auch im Buchhandel ausgeboten. Außerdem gibt es hier deutsche Buch handlungen, deren Leiter ihren Betrieb nicht anders führen wie ein Greißler den seinen. Eine kulturelle Verantwortung besteht für sie einfach nicht. Und manche dieser Buchhändler würden einen groß ansehen, wenn man sie auf dieses Gebiet ihres Berufes verwiese. Es muß aber ausgesprochen werden, daß es in Ost europa, z. B. in Siebenbürgen, auch wirklich verantwortlich ge führte Buchhandlungen gibt, die dem Namen einer deutschen Buchhandlung Ehre machen. All diese Buchhandlungen führen außer deutschen natürlich auch fremdsprachige Werke. Soweit sie für die ideellen Aufgaben des Buchhändlerberufes Verständnis haben, sind sie genau so wie die rcichsdeutschcn Buchhändler ab hängig von den Einflüssen, die von den Verlagen, Zeitungen, Zeitschriften usw. auf sie ausgcübt werden. Diese Einflüsse kom men hauptsächlich vom Reiche her, wenn auch Buchbesprechun gen in der lokalen deutschen Presse oder in heimatlichen deut schen Zeitschriften die Buchbestellungen der Buchhändler sehr wesentlich mitbestimmen. Ununterbrochen wirkt aber der Einfluß vom Reiche her. Darum wird der deutsche Buchhandel im Aus land nicht wesentlich anders zu betrachten sein als der reichs- dentschc. Da der Buchhandel nicht bloß dem Idealbild nacheifern kann, das man sich vielleicht von ihm und seinen Ausgaben macht, sondern den Wünschen der Käufer auch Rechnung tragen muß, steht er, wenn er überhaupt verantwortlich ausgcübt wird, immer zwischen zwei Polen. Auf der einen Seite hat er die Ver pflichtung, das beste Gut des Schrifttums zu führen und zu ver treten — wobei natürlich die Bewertungsfrage nicht leicht zu lösen ist —, andererseits aber tritt ihm das Käuferbedürfnis mit sehr häufig durchaus nicht wertvollen Wünschen entgegen. Wenn er auch den wirklichen Schund nicht führt, so pendelt er doch ständig und unabänderlich hin und her zwischen der Aufgabe, das Beste selbst, werbend, unter die Leute zu bringen und das Un terhaltungsbedürfnis der Menge zu befriedigen. Ich glaube, man muß diese Tatsache hinnchmcn. Die Unterhaltungslektüre der breiten Masse hat auch ihr Recht. Ein Buchladen, der ausschließ lich beste Literatur führt, wird sich nur in seltenen Fällen halten können. Zu erstreben ist es natürlich, daß alle Buchhandlungen allmählich im Sinne einer bewußten kultur- und nationalpoliti schen Erziehung geleitet werden. Dies schließt natürlich nicht aus, 63
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