Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.11.1924
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1924-11-21
- Erscheinungsdatum
- 21.11.1924
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19241121
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192411219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19241121
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1924
- Monat1924-11
- Tag1924-11-21
- Monat1924-11
- Jahr1924
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1S822Börsenblatt s. d. Dtsch». Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 273, 21. November 1924. Spanien kann man eine Wiedergeburt erwarten), während man die französische Menschheit für alt und aussterbend hält (dies ist ganz Unpolitisch gemeint). Wir sprachen von der Einheitssprache als zukünftiger schöner Ver bindung etwaiger neuer Staatengebilde. Die Sprache ist heute ja schon vorhanden, aber sic dient noch nicht zur Verständigung der 48 latein-amerikanischen Staaten oder erst in unbedeutender Weise. Teilweise mehr als in Europa hassen sich drüben die Nachbarn, weil sie sich nicht kennen. Der Erdteil ist im Inner» verschlossen durch ungeheure, nur halb erforschte Waldgebietc, an die die Grenzen der meisten Staaten stoßen, wodurch die Völker getrennt werden; ivollen sie sich besuchen, steht nur der erst recht beschwerliche Seeweg offen. Aber der Küstenverkohr in Lateinamcrika ist »och schwach entwickelt, wodurch der Verkehr der einzelnen Völker erschwert wird. Wie mit den Menschen, so geht es mit den Büchern. Der Romane ist rede- und schreibgewandt, der Romane mischt sich nun mit de» ebenfalls sehr redegewandten Indianern und Negern, und so entstehen Menschen, die mit einer Leichtigkeit reden und schreiben, daß man als Rord- europäer neidisch werden möchte, besonders wenn man einmal sah und hörte, wie irgendwo ein barfußer Schwarzer auf eine alte Kiste steigt und eine wohlgesetzte lange Wahlrede von Stapel läßt. Sic schreiben Bücher, mehr Bücher, als man hier ahnt, aber jedes Land für sich. Ein Buch, das in Caracas erscheint, kommt nicht nach Peru, und eins aus Montevideo, dem Athen Südamerikas, nicht nach Honduras, während in der Hauptstadt von Honduras Tegucigalpa wieder Bücher gedruckt werden, die man in der BildnugSstadt Bogota nicht kennt. In jedem Land werden Bücher in spanischer Sprache gedruckt, und Bücher genau des gleichen Inhalts in der Hauptstadt des Nachbarlandes. Erst wenn man Schriftstellcrlexika solcher Länder sieht, merkt man, ivas alles geschrieben wird. Schon vor 30 Jahren schrieb ein venezola nischer Schriftsteller ein Buch über seine schreibenden Landsleute, das 800 Seiten umfaßte. Bor 2 Jahren machte Mexiko einen Versuch, diesen Zustand zu verbessern, indem die Unterrichtsabtcilung der Re gierung eine literarische Zeitschrift gründete, die: »LI Libro y sl Lusbio«, heißt: »Das Buch und das Volk« (s. auch Bbl. 1824, Nr. 21). Der Versuch scheint geglückt zu sein, wenn man die zwei Jahrgänge dieser Zeitschrift, die uns vorliegen, durchsicht. Die Zeitschrift wird in 5000 Stücken umsonst in 46 Staaten verteilt. Nach Deutschland gelangen nach eigenen Angaben der Schristleitung 40 Stück der Zeitschrift. Wenn amerikanische Regierungen etwas unternehmen, so sind sie nicht kleinlich. Unsere wissenschaftlichen Institute wissen sich manch mal nicht zu bergen vor den Zcntnerballen von Druckschriften, die sie umsonst aus Nordamerika erhalten, und Mexiko grenzt an das Dankeeland. Nur daß in den lateinamerikanische» Ländern über solchen llnternehmungen immer das Damoklesschwert des Bersiegens der Quelle schwebt. Irgendeine neue Regierung streicht so einen Posten, und die ganze Geschichte hört aus. Wir wollen hoffen, daß an solcher Schicksalswende »LI Ildro v sl pusblo« glücklich vorbei kommt. Ohne genaue Kenntnisse der Einstellung der lateinamerika nischen Völker darf man nicht an die Kritik solcher Zeitschriften Heran gehen, und man darf sie beileibe nicht mit unseren Zeitschriften ver gleichen. Wie die Leute gerne schreiben, so lassen sie sich auch gerne loben, und das spiegelt sich in den Zeitschriften wider. Wenn auch die Regierung Herausgeberin ist, so läßt es sich der, oder lassen es sich die eigentlichen Macher nicht nehmen, die eigne Leistung in ge bührendes Licht zu setze». In einer Nummer werde» 30 Urteile aus uller Welt über die Zeitschrift abgedruckt, darunter das von Herder ln st-reiburg, das in lateinamerikanischen Kreisen bekannteste deutsche Verlagshaus. In dieser Weise wird mancher Platz gefüllt, der dadurch dem eigentlichen Zwecke entzogen wird. Ein sehr bekannter Verleger aus Deutschland schreibt einen langen Brief, der mit einigen Lobes erhebungen beginnt, aber in ganz geschäftsmäßiger Weise im Versuch ausläuft, drüben ins Geschäft zu kommen. Der ganze Brief wird mit Vergnügen abgedruckt und das Haus hat eine recht erwünschte Gratisreklame. Trotz solcher Schwächen, wenigstens in unseren Augen, enthalten die Blätter eine Fülle von literarischen Nachrichten, die sich von der ersten Nummer ab zusehends vergrößern, sich über alle latei- uischamerikanischen Staaten verbreiten und das alte Mutterland Spa nien einbeziehen. Spanien spielte bisher nicht die ihm gebührende Rolle in der literarischen Vermittlung in Amerika. Schon der Handelsverkehr mit Spanien war geringer als mit allen anderen Europaländern. Es werden meistens mehr spanische Bücher für Amerika in Paris, New Jork, sogar in Leipzig, Berlin und Freiburg gedruckt als in Spanien. Trotzdem 100 Jahre vergangen sind, hat man die grausame Kriegssiihrung nicht vergessen, die Spanien im Verlauf der Befreiungskriege drüben angewandt hatte. Weil Brasi lien solche Kriege nicht durchmachte, mar der Verkehr, auch literarisch, zwischen Lissabon und Rio stärker als zwischen Madrid und den spa nischen Ländern. Jetzt ist die Annäherung zwischen Amerika und Spanien verstärkt worden und die mexikanische Zeitschrift wird sie vergrößern. Bon Zeit zu Zeit werden die Mitarbeiter aufgezählt, und es fehlt kaum ein lateinamerikanisches Land, das nicht nur einen, sondern mehrere Mitarbeiter stellt. Wie in den Vereinigten Staaten ist die Verbindung zwischen Bibliotheken und Buchhandel selbstverständlich, und die Zeitschrift nennt sich auch »Organ der Bibliotheks-Abteilung des Unterrichtsministeriums«. Man sieht daher gut das Wachsen der Bibliotheken in Mexiko selbst, da fortwährend über ihren Stand be richtet wird. Wertvoll sind die Bibliographien, wobei alle spanische» Länder berücksichtigt werden. Hier wird aber häufig noch zu breit berichtet, z. B. über die Zeitschriften, die aber wieder die bedeutende schriftstellerische Tätigkeit aller Länder verraten. Durch die Ausführ lichkeit der Inhaltsangaben hat man aber ein gutes Kulturbild und sicht, daß es keinen Gegenstand menschlichen Wissens gibt, der nicht in Latein-Amerika behandelt wird, natürlich bis zum Flugzeugweseii und Radio. Es werde» z. B. in einer Nummer auf 27 Quartseite» 72 mexikanische Zeitschriften (Lsvistas) abgehandelt, darunter auch nach »berühmten Mustern« eine »Lsvista äs lisvistas«. Alle ein- gcsandten Biicherkatalvge, besonders wenn sie sich mit Büchern über Lateinamcrika befassen, werden glattweg abgeürnckt, mit genauen Fir men und Preisen. Ein hübsches Geschenk an die Antiquare, wen» 'man so 6000>nal verbreitet wird. Einmal druckt der Herausgeber einen Briefwechsel mit Romain Rolland wörtlich ab, in einem Rollaud- schen Brief kommt der Ausdruck »Weltbürger« vor, dieser Ausdruck wurde im deutschen Wortlaut vom französischen in die spanische Über setzung des Briefes übernommen und wird dadurch sicher auch in der spanischen Sprache Amerikas Bürgerrecht erhalten. Man kann sonst selten das Aufkommen solch neuer Worte vom Anfang an verfolge». Ein Professor der Universität Mexiko, Hermann Beyer, regt i» einer Nummer von Anfang des Jahres an, einige wichtige deutsche Werke in die spanische Sprache zu übersetzen, er führt ungefähr 20 Werke aus, teilweise sich mit Mexiko beschäftigend, andernteils allgemeinen Inhalts, darunter: Seler, Ehrenreich, Konrad Haebler, Wcule, Wundt, Buschan usw. Für größere Verbreitung der Werke Selers wird auch an anderer Stelle von einem einheimischen Ge lehrten geschrieben, ebenso über das Mcxikomerk von Humboldt. Etwas hat die Zeitschrift nun leider auch von den nordamerika nischen Blättern übernommen: das Verhunzen deutscher Worte i» den Buchtiteln. Mexiko besitzt doch so viele gebildete deutsche Ein wohner, daß es ei» Leichtes wäre, durch Beseitigung dieses libel- standes die Zeitschrift auch für das befreundete Deutschland angenehmer zu machen. Diese Freundschaft ist natürlich nicht erst Ursache des kürzlichen Präsidentenbesuchs in Hamburg und Berlin, dieser Besuch war nur der Ausdruck schon immer bestehender Freundschaft. Wir haben es in der.Hand, sie zu vergrößern. Das geschieht, wenn wir uns mehr mit der spanischen Sprache beschäftigen, denn ich fürchte, von den 40 Nummern der Zeitschrift, die regelmäßig nach Deutschland kommen, wird die größte Zahl nicht gelesen werden. Denn auch andere als nur literarische Kreise könnten Nutzen.aus dieser Veröffentlichung ziehe». LI lidro z? sl pusdlo enthält oft sehr wertvolle sonderivissc»- schaftliche Arbeiten, so z. B. jüngst eine Bibliographie mexikanisch- botanischer Arbeiten mit Hunderten von Titeln. Wir befürchten nur, daß nicht immer solche Bibliographien von den Empfängern der Zeit schrift an die Stellen weitcrgegeben werden, die solche Wissenschaft:'» pflegen. Diese Zeitschrift ist natürlich nicht die erste, die den Verfing macht, das ganze spanische Schrifttum zu umfassen, solche Versuche sind sicher schon von Montevideo, Buenos Aires und besonders der rührigen, mit deutschen Gelehrten ausgestatteten Universität von Cordoba ausgegangcn, doch scheint die vorliegende Zeitschrift der bis her bedeutendste Versuch zu sein. Freilich ist die Aufzählung von Erscheinungen nur der erste Schritt, aber die Schriftleitung hat schon den zweiten getan, sie kündigt an, daß sie alle angegebenen Werke besorgen würde, und dieses Angebot scheint uns der wichtigste Schritt zum Beginne eines Bücheraustausches zu sein, der natürlich immer noch unter erheblichen Verkehrsschwierigkeiten zu leiden hat; manches Buch wird genau wie früher, um seinen Nachbar erreichen zu können, über Nordamerika oder Europa wandern müssen. Jeder Freund der Völkerversöhnung, des kulturellen Fortschritts wird dieses Mexiko-Unternehmen begrüßen und sein Bestehenbleibe» wünschen, und auch wir in Deutschland müssen diesen Bestrebungen viel mehr Aufmerksamkeit schenken, als dies bisher der Fall war. Schöffe r.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder