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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.03.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-03-22
- Erscheinungsdatum
- 22.03.1912
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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3724 ibörltvblLU I. d. DqchU- vvchhankLÜ Nichtamüicher Tell. 68 22 März IS12 gar oft nur auf dem Lande eine zweiklassige Volksschule be sucht hat, also kaum schreiben und lesen kann, kommt in eine Buchhandlung als Laufbursche. Seine Arbeit besteht in de» ersten drei Jahren im wesentlichen darin, Pakete zu packen, auf die Post zu gehen und die Bücher bet den einzelnen Ver legern und Verlegerchen in der Stadt zu suchen und zu kaufen. Die nächsten zwei Jahre wird er im Laden be schäftigt, d. h. er darf Adressen schreiben und die Bücher aus den einzelnen Regalen heraussuchen, die im Laden verlangt werden. Nachdem der Knabe so 5 Jahre verbracht hat, wird er Verkäufer, bekommt ein kleines Gehalt und freie Station. Inzwischen hat er gelernt, wo die einzelnen Bücher stehen, und durch seine Tätigkeit als Laufjunge sich auch die Kenntnis einiger Verleger erworben. Das ist für seine Vorbildung ge nügend. Nach weiteren 10 Jahren wird er dann vielleicht »ältester Verkäufer« mit einem etwas größeren Gehalt und verbringt so sein weiteres Leben. Von einer Wanderzeit, die gerade unseren jungen deutschen Buchhändlern ihre Beweg lichkeit gibt, kann natürlich nicht die Rede sein; die Leute sitzen meistens bis an ihr Lebensende in einer Firma, wovon weder die Firma noch die Angestellten einen Nutzen haben. Daß solch ein Personal nicht in der Lage ist, auch nur den geringsten Ansprüchen von seiten des Publikums zu genügen, ist wohl einleuchtend. Kommt es doch vor, daß solche Leute nicht einmal lateinische Buchstaben lesen können. Die Be dienung in den rein russischen Sortimenten ist unter jeder Kritik schlecht; wünsche ich z. B. ein bestimmtes Buch zu kaufen und gehe in irgendeine Handlung hinein, so muß ich zuerst eine ziemliche Weile warten, bis es einem der Herren bequem ist, sich zu erheben und ziemlich unfreundlich zu fra gen, was man wolle. Ich nenne den Titel, worauf er sich mit einem gewissen Phlegma zu einem Regal begibt, um mir dann über die Schulter zuzurufen: »Haben wir nicht!« So ist man oft gezwungen, 10 Magazine zu durchwandern, ehe man das Gesuchte findet. Mir ist cs noch nicht einmal passiert, daß man mir gesagt hätte: »Ich kann Ihnen das Buch besorgen«. Das Besorgen ist allerdings hierzulande gar keine einfache Sache; denn erstens gibt es kein so hervor ragendes Katalogmaterial wie beispielsweise in Deutschland, und zweitens machen die vielen Selbstverleger die Auffindung eines Buches oft unmöglich. Eine andere Ursache für die Un zulänglichkeit eines russischen Durchschnittssortiments ist in der mangelhaften Organisation des russischen Buchhandels und im Verlag zu suchen. Der russische Verlag — auch hier sind die wenigen großen, nach kaufmännischen Grundsätzen geleiteten Firmen auszu nehmen — zeigt in seiner Art dieselben übelstände wie das Sortiment, insofern ihm ebenfalls ein gutgeschultes Personal fehlt; doch hat der Verlag auch noch mit vielen anderen Wider wärtigkeiten zu kämpfen. Die mangelhafte Organisation er schwert den Vertrieb durch das Sortiment sehr und macht ein Konditionssystem geradezu unmöglich. Der russische Ver leger ist einfach gezwungen, seine Werke direkt an das Publi kum zu vertreiben, um so mehr, da vom Sortiment keine An sichtssendungen usw. gemacht werden. Die vielen im Selbst verläge erscheinenden Bücher und deren oben beschriebener origineller Vertrieb schädigen ganz bestimmt den regulären Verlagsbuchhandel. Noch etwas anderes ist es, was den russischen Verlag nicht zur rechten Blüte gelangen lassen will: es ist das Fehlen einer breiten wohlhabenden oder gutsituier ten, gebildeten Bürgerschaft, die für Literatur und Kunst Interesse hat. Ich kenne hier aus eigener Erfahrung sehr gut redigierte Kunstzeitfchriften mit vorzüglichem Jllustrations- material, deren Auflage nach Hunderten zählt, während ähn liche Zeitschriften in Deutschland Tausende von Abonnenten ausweisen. Viele Verleger wüßte ich zu nennen, die an dem Buch als Luxusartikel jährlich Tausende von Rubeln zusetzen, und es ist nur gut, daß es hier noch solche Verleger gibt, die in großem Idealismus immer wieder neue und schöne Werke in ihren Verlagen erscheinen lassen. Eine so reich entwickelte Buchkunst wie in Deutschland gibt es hier allerdings nicht, aber die letzte Ausstellung in der Akademie der Künste zeigte uns, daß es überhaupt eine russische Buchkunst gibt, in der auch schon Tüchtiges geschaffen worden ist und dank der Opscrfreudigkeit der Künstler und Verleger auch noch ge schaffen werden wird. Vor kurzem wurden im Börsenblatt Wünsche einer Re organisation in der Besorgung russischen Sortiments laut. Diese Wünsche werden wohl »och lange ungehört Verhallen, denn alle Versuche unserer großen ausländischen internatio nalen Sortimente, russisches Sortiment auszusühren, sind ge- scheitert. Der russische Verleger liefert so gut wie nichts in Kommission, und der übliche Rabatt von 10—25 "/» ist für ein Vermittlungsgeschäft zu gering. Wer sollte da Wohl Lust haben, ein großes Lager schwer verkäuflicher russischer Bücher zu halten, um vielleicht den 3. Teil davon mit 5 "/» Gewinn zu verkaufen? Die in meinem Berichte »Ausstellung russischer illustrier ter Bücher und Plakate, St. Petersburg« <Bbl. Nr. 42> er wähnte Kunstzeitschrift »Apollon« veranstaltete hier eine sehr interessante Ausstellung »Französische Kunst 1812—1912«. Der älteste, mit verschiedenen Porträts vertretene Meister ist Louis David; von ihm ausgehend können wir die ganze Entwicklung der modernen französischen Malerei verfolgen, von den Klassi kern zu den Romantikern und den Fontainebleauern, von den Naturalisten zu den Impressionisten, die sehr gut vertreten sind, und von den Neoimpressionisten bis in unsere Tage. Einen besonderen Reiz boten auch die graphischen Arbeiten. Neben dem Michelangelo der Karikatur, Daumier, sah man Gavarnis oft derb humoristische Blätter, und ebenso waren Meister wie Millet, Rodin, Hellcu, Corot usw. mit prächtigen Graphiken vertreten. — Das soeben erschienene erste Heft des »Apollon« enthält eine vollständige, reich illustrierte »Ge schichte der russischen Lithographie« von W. I. Adarükoff. Es ist meines Wissens der erste Versuch, eine Geschichte der russi schen Lithographie zu schreiben, und darum auch leicht erklär lich, daß er Lücken aufweist. Eine sehr dankenswerte Arbeit wäre es, wenn der Verfasser diese Lücken ausfllllen würde und dann diesen Aufsatz in erweiterter Form als Buch er scheinen ließe. Wir leben jetzt in der Zeit der Ausstellungen, namentlich der Kunstausstellungen, und so hat auch noch eine zweite Kunstzeitschrift, die »Kunstwelt«, eine Ausstellung moderner Gemälde russischer Künstler veranstaltet. Im Musum Alexan der III. befindet sich jetzt eine Ausstellung von Werken des bekannten Porträtmalers Kyprenski, eines der wenigen russi schen Künstler, die schon zu Lebzeiten im Ausland Anerken nung gefunden haben. Die kaiserliche Akademie der Künste beherbergt wie alljährlich, so auch in diesem Jahre ihre Früh jahrsausstellung, auf die ich in meinem nächsten Briefe noch zurückkommen werde. In nächster Zeit wird auch die »Vierte Ausstellung der Erzeugnisse der Druckkunst im Jahre 1911« eröfstret werden, wovon noch später zu berichten sein wird. Für heute gebe ich die schon mitgeteilten statistischen Zahle Im Jahre 1911 sind 32 361 Werke in 103 302 363 Exem plaren in der Gesamtsumme von 32 225 390 Rub. 35 Kop. er schienen. Hingegen im Jahre 1908 — 23 852 Werke in 75 868 320 Exemplaren, im Jahre 1909 — 26 638 Werke in 101 466 908 Exemplaren und im Jahre 1910 — 29 057 Werke in 109 990 500 Exemplaren. In russischer Sprache erschienen im Jahre 1911 25 526 Werke, in fremden Sprachen 6835 Werke. Unter den in fremden Sprachen gedruckten Büchern nimmt das Polnische die erste Stelle ein; es folgen dann Deutsch, Ta tarisch, Lettisch, Armenisch, Hebräisch. Unter den einzelnen
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