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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.07.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-07-15
- Erscheinungsdatum
- 15.07.1902
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- Deutsch
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5696 Nichtamtlicher Teil. ^Ik 181, 15. Juli 1902. Vereinzelt glaubte man, daß es für das Gesetz einen Unterschied mache, ob die Tagesneuigkcit brieflich oder tele graphisch wicdergegeben werde; allein, dies ist nicht der Fall, nnd jeder Versuch, eine Unterscheidung dieses Inhalts in das Gesetz hineinzutragen, scheitert an dem Wortlaut des selben. Daß gleichwohl die Zeitungen, deren Telegramme ohne weiteres übernommen und veröffentlicht werden, hier gegen nicht schutzlos sind, ist schon bisher angenommen worden; man hat insbesondere mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß der Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs vielfach die Möglichkeit zu einem erfolgreichen Vorgehen bieten werde, allerdings nicht schlechthin, sondern nnr dann, wenn durch die Uebernahme und den nicht genehmigten Ab druck der Telegramme der Anschein erweckt wird, als handle es sich um Originaltelegramme. Allein auch für die Auf fassung, die das Gesetz über den nnlauteru Wettbewerb in freier und von jeder Aengstlichkcit entfernter Weise aus legt, besteht doch kein Zweifel darlibcr, daß die Zahl der Fälle, in denen die Möglichkeit besteht, nach Maßgabe dieser Bestimmung vorzugehen, stets eine im Verhältnis kleine sein wird. Da greift nun ergänzend das Bürgerliche Gesetzbuch mit seiner allgemeinen Vorschrift über die Verpflichtung zum Schadenersatz auf Grund des Z 826 ein. Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem andern vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem andern zum Ersätze des entstandenen Schadens verpflichtet. Daß der Abdruck von Telegrammen aus einer Zeitung gegen die guten Sitten verstößt, läßt sich zwar nicht allgemein behaupten, aber doch für die meisten der Fälle, die hier in Betracht kommen. Der Begriff des Verstoßes gegen die guten Sitten ist bei dieser Frage mit Rücksicht auf die Anschauungen und Verkehrs- gcwohnheiten festzustellen, welche im Zeitungsverlage die maßgebenden sind, und es unterliegt wohl keinem Bedenken, daß im Zcitungsverlage die geflissentliche und fortgesetzte Schädigung der Vermögensinteressen, wie sie durch den Ab druck von Telegrammen gegen den Willen des Berechtigten bewirkt wird, als Verstoß gegen die guten Sitten gilt. Es würde in keinem Falle dem Einwand Beachtung zu schenken sein, daß eine gegenteilige Uebung, ein entgegengesetzlicher Gebrauch sich im Zeitungsgewerbe da und dort ausgebildet hätte; denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde doch die Berücksichtigung einer solchen Uebung sich für den Richter schon um deswillen verbieten, weil es sich nicht soivohl um einen Handelsgebrauch, als vielmehr um einen Mißbrauch handeln würde; es ist aber von jeher daran festgehaltcn worden, daß mißbräuchlichen Entwicklungen des Gewohnheits rechtes jede Erheblichkeit im Rechtsverkehr versagt werden muß. Aber nicht nur der Verstoß gegen die guten Sitten ist vorhanden, sondern es fehlt auch nicht an der zweiten Vor aussetzung, von welcher Z 826 die Verpflichtung zur Schaden ersatzleistung abhängig macht, an der vorsätzlichen Schaden- zusügung. Daß durch den nicht gutgcheißenen Abdruck eine Schadcnzusügung begangen wird, ist selbstverständlich; der Schaden besteht für das Zeitungsunternehmen, dessen Tele gramms abgedruckt werden, einmal darin, daß der Kauf manchen Exemplars der betreffenden Zeitungsnummer unter bleibt, das in anderm Falle gekauft worden wäre, ander seits aber darin, daß auch manches Abonnement nicht ab geschlossen wird, das ohne diesen Eingriff in das Vermögens recht abgeschlossen worden wäre. In Frankreich wird bei der Frage der Schadensstiftung und der Höhe der Schadensersatzbemessung in diesen Fällen vorwiegend der entgangene Gewinn berücksichtigt, der sich aus der Wahrscheinlichkeit des llnterlasscns von Käufen der betreffenden Nummer ergicbt; das hängt mit der eigenthüm- lichen Gestaltung der Verhältnisse des französischen Zeitungs gewerbes und Zeitungsbetriebs zusammen, die es mit sich bringen, daß Zcitungsabonnemcnts nur bei den wenigsten Zeitungen bekannt, die meisten durchgängig auf den Straßen- verkauf angewiesen sind. In Deutschland kann man ohne Be denken auch die Einwirkung auf die Abonnementsvcrhältnisse, sowie auch auf die Inserenten berücksichtigen. Die Vorsätz lichkeit der Schadcnstistung, die von dem Schadenersatzkläger zu beweisen ist, ergicbt sich in vielen Fällen von selbst. Wenn nun aus dem soeben Gesagten sich die Berech tigung der Schadenersatzklage für sehr viele Fälle des Nach drucks von Telegrammen nicht bestreiten läßt, so ist anderseits doch zu betonen, daß nicht jeder Abdruck jedes Telegramms in dieser Weise verfolgt werden kann; denn es giebt Tele gramme genug, deren Abdruck zu einer Schädigung derjenigen Zeitung, die sie zuerst veröffentlicht, nicht nur im konkreten Falle nicht führt, sondern auch nicht führen kann. Wenn beispielsiveise das Telegramm in einer Zeitung nachgedruckt wird, das Mitteilungen über die Eröffnungssitzung eines wissenschaftlichen Kongresses macht, so dürfte im allgemeinen daraus für den Verleger ein Vermögensnachteil nicht ent stehen. Es kommt bei der Feststellung dieses Punktes eben auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles an, die eine abweichende Beurteilung von dem angezeigt erscheinen lassen können, was im allgemeinen als Norm zu betrachten ist. Will der Verleger, daß die unerlaubte Aneignung seiner Telegramme von dem Gerichte regelmäßig als eine unter Z 826 fallende Handlung behandelt werde, so kann er dies in ganz einfacher Weise dadurch erreichen, daß er die Ueber nahme und den Abdruck derselben untersagt. Urheberrechtlich wird damit allerdings, wie bereits oben bemerkt worden ist, kein Verbot geschaffen; aber es wird dadurch der Charakter der Handlung als eines Deliktes, als einer vorsätzlichen Schadenstiftung außer Zweifel gesetzt. In dem angeführten Erkenntnis des Hanseatischen Ober landesgerichts ist aus den Inhalt der Telegramme, um die es sich handelte, besonderer Wert gelegt. In der Thal er scheint es auch unbedenklich, die Schadenstistung daraus abzuleiten, daß telegraphische Berichte über das Ergebnis von Rennen, auf die das aus Sportintereffe und Wettinteresse diese eifrigst verfolgende Publikum wartet, ohne weiteres abgcdrntkt werden. Aber auch bei Telegrammen über die Kursbewegung, bei Telegrammen über politische Verhältnisse und Vorkomm nisse kann die Lage eine derartige sein, daß die Schädigung mit Händen zu greifen ist. Befolgt man diese Rechtsprechung, so wird sich fortan in vielen Fällen eine zweifache Möglichkeit bieten, gegen den Abdruck von Telegrammen wider Willen des Berechtigten vorzugehen! einmal aus Grund des Spezialgesetzes über den unlautern Wettbewerb, sodann nach Maßgabe des H 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der auch hierbei wieder in seiner die Anwendung des Sondergesetzes ergänzenden Funktion in Betracht kommt. Es müßte einer zielbewnßten Rcchtsübnng möglich sein, bei entsprechender Anwendung der beiden Rechtsbehelfe, die vorstehend erörtert worden sind, die Ver urteilung zum Schadenersatz wegen Telegrammabdrucks in allen Fällen zu erzielen, in denen nachweisbar Schaden zugefügt worden ist. Da die Rechtsfolge aus einem unerlaubten Thnu sowohl durch die Verpflichtung zur Schadenersatzleistung, als auch durch die Verpflichtung zur Unterlassung des unerlaubten Thuns gebildet wird, und zwar auch dann, wenn das Gesetz zwar die Schadenersatzklage, dagegen nicht die Unterlassungs klage erwähnt, wie dies in Z 826 des Bürgerlichen Gesetz buchs der FHll ist, so kann die Zeitungsunternchmung, der es darum zu thun ist, die Eingriffe in ihr Recht nicht nur mit Wirkung für die Vergangenheit auszugleichen, sondern auch niit Wirkung für die Zukunft zu verhüten, neben und zugleich mit der Schadenersatzklage die Uuterlassungsklage
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