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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.02.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1930-02-22
- Erscheinungsdatum
- 22.02.1930
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- Deutsch
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^ 45, 22, Februar 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. Dtschn Buchhandel. werden konnten. Frühere österreichische Offiziere, ein Doktor der Medizin arbeiteten eine Zeitlang in der Buchhandlung in Rio. Ab und zu kam auch, durch besondere Schicksalsfügungen, die richtige Person an den richtigen Platz. Ein junger Buchhänd ler aus Leipzig, der im Krieg zuerst an der Front diente und dann in den Feldbuchhandlungen beschäftigt war, und dem die Heimat nun anscheinend nichts mehr zu bieten vermochte, schlich eines Abends im Hamburger oder Bremer Hafen auf einen Dampfer und versteckte sich im Laderaum. Dort lag er mehrere Tage zwischen Säcken oder Kisten mit wenig mehr Nahrung als einigen Zigaretten. Als er es nicht länger aushalten konnte und der Dampfer schon oin gutes Stück unterwegs nach Bra silien war, meldete er sich und mußte die überfahrt schwer ab- arbcitcn, kam aber schließlich in Rio an. Verschiedenes mag er dort versucht haben, ehe er erfuhr, daß in der Stadt eine deutsche Buchhandlung existiere und er bat, dort arbeiten zu dürfen, wenn auch nur als Packer. Durch seine Tüchtigkeit und Arbeitsfreudig- kcit erhob er sich aber bald über diese erste bescheidene Stellung und war für einige Jahre der Leiter der Buchhandlung. Sein Chef konnte indessen 1922 seine erste Geschäftsreise nach Deutsch land unternehmen, um mit Kommissionär und Verlegern persön lich zu verhandeln und Geschäftsverbindungen anzuknüpfen. Bis 1926 gehörten die Häuser in Rio, Säo Paulo und Santos zusammen. In diesem Jahre fand eine Umbildung der Firma statt, d. h. die Firma wurde aufgelöst und zwei neue ge gründet. In Säo Paulo wurde die Firma Frischkorn, Ockel L Co. neu gebildet mit Beibehaltung des Namens Edauee für die Geschäfte in Säo Paulo und Santos, in Rio de Janeiro wurde die Firma Federico Will gegründet mit der Buchhandlung »Invrari» LUemä« und die Annoncenexpedition »Lgoncia Will". Die beiden Geschäfte werden in getrennten Räumen und von getrenntem Personal betrieben. In der Buchhandlung sind deutsche, in der Annoncenexpedition deutsche und brasilianische Mitarbeiter. Der Laden, der für die Verhältnisse in Rio einst so groß erschien, genügte in ein paar Jahren nicht mehr, noch zweimal mußte mehr Raum geschaffen werden. Nach dem Umzug im Juli >929 schrieb C. B. in einem Artikel in der »Deutschen RIo-Zeitung« vom 26. September 1929 »Ein Besuch in der Uivraris LIIsmL» u. a.: »Wir schätzen die Zahl der Deutschspre- chcnden in Rio auf 8 bis 10 000, andere Leute teilweise auf noch weniger. Aber selbst wenn wir unsere Schätzung zugrunde legen, so müssen wir sagen, daß man in keiner Stadt Deutschlands mit dieser Einwohnerzahl eine Buchhandlung antroffen wird, die sich an Reichhaltigkeit und Gediegenheit ihres Bücherlagers mit der llvraria Xileinä messen kann». Wie lebenswichtig diese Reichhaltigkeit des Lagers für eine Uberseebuchhandlung ist, das wird einem klar, wenn man be denkt, daß eine Bücherbestellung aus Deutschland ungefähr zwei Monate in Anspruch nimmt. In Buchhandlungen in Deutsch land hat die Beschaffenheit des Bücherlagers, wie es mir scheint, weniger Bedeutung. Wenn oin Buch fehlt, kann es in ein paar Tagen dem Kunden geliefert werden. In Brasilien müssen die Bücher möglichst greifbar sein. Verschiedene kleine deutsche Buch handlungen sind in den beiden hier genannten Städten entstan den, aber auch wieder verschwunden, weil sie dieser Leistung aus irgendeinem Grund nicht mächtig waren. Zwei bis drei wurden von Edauee in Säo Paulo in den ersten Jahren nach 1919 aufgekauft. Daß trotz des guten Lagers viele Einzelbcstcllungen für Kun den nach Deutschland gehen, ist selbstverständlich. Auch wandern immer Bücher und Musikolien zwischen Säo Paulo und Rio hin und her. Was Edanee nicht auf Lager hat, wird von Invisri» Lllemä verlangt und geliefert und umgekehrt. An einen jungen Buchhändler, der direkt aus Deutschland kam, habe ich -die Frage gestellt: »Was fällt Ihnen besonders auf bei dem Buchhandel in Brasilien?» und bekam die Antwort: »Me verhältnismäßig leichte Beeinflußbarkeit des Publikums, das Fehlen literarischer Maßstäbe und gleichzeitig doch ein star kes Festhalten an einmal gefaßten Vorurteilen sowie das stark« Überwiegen leichter Literatur. In Wissenschaft und Technik die Bevorzugung schon quasi populär gewordener Autorennamen, 186 ungeachtet neuerer und vollständiger Werke». Mag dies Urteil im allgemeinen zutreffen, so hindert es nicht, daß es einzelne Kunden mit erlesenem, selbständigem Geschmack gibt, und daß von wissenschaftlichen Werken auch das allerneueste von einzel nen gesucht wird. Ausnahmen bestätigen hier wie immer die Regel. Daß leichtere Literatur bevorzugt wird, versteht jeder, der einige Jahre in heißen Ländern gelebt hat. Es gibt wohl einige Novdeuropäer, die kaum eine Einwirkung der Hitze ver spüren, aber die meisten werden bald seststellen, daß sie geistig nicht dasselbe leisten können wie früher. Der harte Kampf ums Dasein hält wohl die Nerven angespannt, so lange der Arbeitstag dauert, sobald aber der Tag zu Ende und das Kontor geschlossen ist, sodaß die Gedanken freien Lauf haben, kommt die Ab spannung und die Müdigkeit viel intensiver, als dies in einem kühlen Klima der Fall ist. Wer in Europa den Abend z. B. bei Spenglers »Untergang des Abendlandes« verbracht hätte, der nimmt hier einen »Uhu» oder einen Edgar Wallace-Roman in die Hand. Daß dies bei Vielen einen ziemlich bitter empfundenen Verzicht bedeutet, merkt man oft. Aber trotz alledem wird viel gelesen. Die Kunden sind in erster Linie Deutsche, die für alle Gebiete in Betracht kommen, aber auch Brasilianer, Ungarn, Russen, Skandinavier, Araber, Japaner und Chinesen, soweit sie Deutsch lesen, über alle Gebiete des menschlichen Wissens werden Bücher verlangt. Der Brasilianer kauft fast ausschließ lich wissenschaftliche und technische Werke: Medizin, Chemie, Phi lologie, Mathematik, Soziologie, Philosophie und Architektur. Viele Brasilianer, Arzte z. B., aber auch andere, haben in Deutschland studiert, andere haben im eigenen Lande die deutsche Sprache erlernt. Für die Buchhandlung bedeutet dies eine ziem liche Erweiterung des Kundenkreises auf wissenschaftlichem Ge biete. Die beiden genannten Buchhandlungen sind auch sehr be müht, hier auf dem laufenden zu sein und werden darin von dem Entgegenkommen der größten deutschen Verlagshäuser unter stützt. Wilhelm Ernst L Sohn, Johann Ambrosius Barth, Georg Thieme, Ferdinand Enke, Wilhelm Knapp, I. Enaelhorns Nachf., Deutsche Verlags-Anstalt, Georg Müller, Albert Langen u. a. liefern bedingt. Me Neuigkeiten werden nach Wahl des Ver legers ohne vorhergehende Bestellung geliefert, was ja sehr zeit sparend ist. Für die Verbreitung von Prospekten und anderem Werbematerial kommen nun wieder die Geschäftsverbindungen, die die Annoncenexpedition über ganz Brasilien hat, der Buch handlung zugute. Me lüvraria Lllsmä hat Kunden in verschiedenen Städten in Nordbrasilien und besonders im Staate Espiritu Santo, aber auch aus Südbrasilien gehen Bestellungen ein. Täglich werden Bücher Per Post versandt. An internationale Buchhandlungen in Deutschland werden auch brasilianische Bücher exportiert. Wie leicht begreiflich, sinken Sprachbücher in Brasilien sehr guten Absatz. Alle Sprachen werden ja dort gesprochen. Inter essant ist, daß selten ein Deutscher nach Werken über Psychoana lyse fragt, während die Brasilianer sehr viel davon kaufen. Bücher, die in den letzten zwei Jahren am häufigsten ver kauft wurden, sind Van de Velde: Vollkommene Ehe, Remarque: Im Westen nichts Neues, Donat: Paradies und Hölle und Am Lagerfeuer, Renn: Krieg, aber auch viele von Emil Ludwigs Büchern, die laufend gut gehen, außerdem deutsche Führer durch Brasilien, Ullsteinbücher und selbstverständlich Edgar Wallace. Oft werden »«deutsche Bücher in lateinischer Schrift« ver langt. Manche Brasilianer und Deutsch-Brasilianer verstehen wohl etwas deutsch, die Fraktur zu lesen, ist ihnen aber zu schwer, sie lesen lieber nur Portugiesisch oder lernen eine Fremdsprache, bei der kein neues Alphabet in Frage kommt. Schriftsteller der Schönen Literatur, deren Bücher von den Deutschen oft gekauft werden, sind Wassermann, Zweig, Herzog, Hans Dominik, Richter, Werfel, Stratz, Presber, Sinclair, Gals- worthy u. a. Die Brasilianer lesen von allen Fremdsprachen am meisten Französisch und dies besonders in Romanform. Deutsche Werks über Eisenbeton scheinen sie besser zu verstehen als Liebes geschichten und Familienkonflikte, doch werden deutsche Schrift-
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