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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.06.1920
- Strukturtyp
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- 1920-06-17
- Erscheinungsdatum
- 17.06.1920
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. Mrlrnbl»« >. d. Dtschn. Buchhandil. X- 131, 17. Juni 1820. gebräuchlich, zu sagen, was überhaupt gut oder schlecht ist, sondern die Kritik richtet, indem sie mittels der Sachlichkeit ein Elnerscitslob und einen Andercrseitstadel ausknobelt, oder indem man zwischen diesen beiden Polen mil stilistisch künstlerischen Thesen Brücken schlägt, ohne die User genau abzustecken. Es gibt dreierlei Einstellungen für die lite rarische Kritik: erstens die aus einem gewissen Schuldgefühl erwachsende -> p-ivri-Empfehlung, zweitens die Kritik alz sach liche Synthese, als spiegelnde Berichterstattung, drittens die Kritik als reflektorischen Akt von eigener geistiger Prägung, also als eigenes geistiges Produkt aus Anlaß eines fremden Werkes. Gäbe es jene Kritik, die unbedingt zu urteilen vermöchte, ich kann cs nicht glauben, daß sich ein solches Gericht mit jener Exekutive begnügen würde, die heutzutage durch Rezensionen, durch Nichisalsrezensioncn bewirkt wird. Sie dürfte sich nicht begnügen ohne Außerachtlassung ihrer Würde und Verantwor tung gegenüber dem dichterisch Schassenden und der empfangen den Gesamtheit. Vielleicht erstarrt darum so vielen Kritikern das entscheidende Richlwort zu Redensarten, vielleicht stagnieren! darum die Urteile in stilistischen Manövern? Wäre dem so, man könnte dieses tiefe, stumme, oder doch jedenfalls nichts sagende Bekenntnis einer Scham verstehen und achten. I! ' Übrigens, ist nicht auch eine Kritik denkbar, die stumm blei bend am wirksamste» wäre? Manche Rezensionen würden posi tive Macht haben, wenn sie sich ausschweigen würden. Es wer den zu viel Bücher, viele Bücher zu vielfach besprochen, als ob die Kritiker fürchten würden, man wüßte nichts von ihnen, wenn sie nicht laut das Richtschwcrt entblößen, das im Verheimlichen große Machtmöglichkeit besäße. Die moderne Kritik zeigt ihre Unzulänglichkeit in ihrem Mangel an Diskretion gegenüber wertlosen Erscheinungen. Aber auch an den wertvollen Werken offenbart sie ihre Schwächen und Laster. Sie kommt zu spät, nicht wahr? Hintennach, wenn der Autor mit seiner Schöpfung schon den Berg überschritten hat. Und in diesem Augenblicke erfaßt die moderne Kritik selten etwas anderes als die Sensation. Sie befriedigt sich an ihr, weiht der Erscheinung feierliche Gebärden, klingelnden Behang, grüßenden Harfenton oder einen dröhnenden Trommelwirbel. Wahrlich, die Kritik hat mit dem Ursprung eines Dichterwerkes fast nie etwas zu tun, noch seltener mit seiner Zukunft. Nach einigen Monaten ist das neue, mit Glocken und Posaunen gerühmte Buch für die Kritik erledigt, da sic immer allzusehr mit den momen tanen Erscheinungen beschäftigt ist. Sie zehrt nur vom ersten Tag und rühmt sich jedes Wortes, das sie einem Buche mit aus den Weg gibt, als eines Opfers. Wilhelm Kiefer sagt darum in der Einleitung zu den von der Fichle-Gesellschast begründeten Deutschen Bücherbriesen, daß dies ein verdammenswerter Zu stand sei, und er nennt noch andere Übel der modernen Kritikasterei, die ein stilgemößes Requisit in einzelnen Feldern des Büchermarktes sind. Er verweist auch die Objektiven und die Kühlen zum alten Besen in die dunkelste Ecke unserer lite rarischen Dunkelkammer. Die sittlichen Quellen gelte es zutage zu fördern und die Kräfte messen, das nenne man Kritik. Wirklich, die Objektiven und die Nursachlichen wollen wir nicht hören, wenn Dichtwerk« zu werten sind. Zu solchem Amte bedarf es der Erfüllung eines Wunsches, den der wissende No valis für den Bildungsmenschen überhaupt hegt. Nämlich der Dephlegmalisierung und Vivifizierung des Kritisierenden. Aber sind jene die Richtigen, die mit ihrer Kritik dem Lyriker allemal hymnisch kommen, die über Expressionisten dadaisieren, den Naturalisten mit Derbheiten lobpreisen und den Humoristen mit grinsenden Mäulern Beifall klatschen? Alles nur aus Be geisterung, aus Ekstase, weil sie vom Entzücken durchaus ins Verzücktsein ausschweifen. Das sind die Heißen, die Leiden schaftlichen, und wenn es nicht süße Limonaderiche sind, dann sind es gewiß nicht die berufensten Kritiker. Auch für die literarische Kritik gilt, was Morgenstern un serer ganzen Zeit ins Gewissen redet, daß es destruktiv wirkt, wenn man andauernd den intellektuellen Biceps so eifrig und coiam publica übt und spielen läßt. Aber Kritik kann nur in der Öffentlichkeit geübt werden; öffentlich zu werden und zu wirken, muß ihr Fleiß und ihr Lohn sein. Es ist eine faule Kritik, die sich nur von sich gibt und nicht weitergibt; die nur Anlaß nimmt und nicht ihren Anlaß anderen zum Antrieb steigert; die sich nur geistig erregt und nicht vermag, geistig zu bewegen. Leicht wird ein dichterisches Werk durch Kritik zugedeckt, seine Quellkraft verschüttet. Wenn die Kritik nicht alles tut, um geistige Brunnen aufzudecken, deren Spiegel widerzu- spiegeln und noch aus der Tiefe der Schächte Lichter blinkend zu machen, dann ist sie vertane Mühe. — Eher noch bemühe sie sich, das kritisierte Werk durch ihr eigenes Werk durchleuchten zu lassen, als selber leuchtend zu sein. Ihren ganzen eigenen Farben reichtum brauche sie zu Glasmalerei, zu Fenstergemälden, und wie diel bunte Kraft gehört dazu, um Durchsicht zu schassen ! —Nur wo sie Abglanz sein kann, lohnt sich die literarische Kritik, und darin liegt ihr Adel. Noch freut man sich glänzender Kritiken, aber Dichtertum und Leserschast werden echteren Vorteil haben von einer Kritik, die fähig ist, durchglänzen zu lassen. Es ist verständlich, daß wir so oft Anlaß haben, über den schlechten Ton in der literarischen Kritik zu klagen, solange die Kritik selbst des Tönens allzu sehr beflissen ist. Kritiken sollen aber wie fernere Schwingungen des ersten Tones der Idee des Dichters sein. In der Fortpflanzung dieser ersten Töne bestehe die Musil de: Kritik. Wieviel Fähigkeit des Vollbringe»? und des Verzichten? gehört aber dazu! Ist es nicht die stärkste und verantwortungswilligste Erfassung einer geistigen Aufgabe, wenn man sich der Musik in ihr bewußt ist! Und doch muß sich die künftige literarische Kritik dazu steigern und läutern, denn schon haben wir es wie einen leuchtenden, schwermütigen, vieles verratenden Wunsch vernommen, was Thomas Mann in seinen, immer wieder zu lesenden »Betrachtungen eines Un politischen« als wunderbaren Anspruch, als kultivierteste Sehn sucht eines Dichters bekennt: »Ost habe ich mir Musiker zu öffentlichen Richtern über meine Werke gewünscht«. Bliebe noch zu sagen, was und wie Buchhändler und Laien sich literarische Kritik wünschen. Man kann die einzelnen Wünsche nicht präzisieren; eins greift ins andere. Wenn Hugo von Hofmannslhal in seiner Abhandlung »Umrisse eines neuen Journalismus« des kulturellen Journalisten gewärtig ist, so wollen wir vor diesem, mit diesem, vielleicht auch in diesem den kulturellen Kritiker erwarten und von ihm gelegentlich sprechen. Kleine Mitteilungen. Schuftecken. — Aus Känferkreiscn werden berechtigte unwillige Klagen über Beschädigung von Bucheinbänden immer eindringlicher und häufiger. Meist handelt es sich um eingedrückte Ecken. Bei den heutigen Materialkosten ist es erklärlich, das; der Verleger ein Buch ohne besonderen Schutz an den Sortimenter liefert, das vor dem Kriege sicherlich nur mit Schubkarton versandt worden wäre. Oft schon kommen Bücher mit dem Leipziger Ballen beschädigt beim Sorti menter an. Beim Postversand erhält dann der Einband einen weiteren Knacks. Der gute Bücherkäuscr wird kaufunlustig, wenn er öfters in Kreuzlmndern die Bücher schwer beschädigt erhält, da er doch ans ein tadelloses Exemplar Anspruch hat. Das Interesse von Sortimenter und Verleger erheischt cs, den Kunden nach Möglichkeit so zu bedienen, wie er es vor dem Kriege gewohnt war. Früher sorgte der Verleger durch Schutzkartons dafür, das; seine Bücher möglichst makellos in die Hände der Käufer gelangten. Hierdurch erweiterten grobe Verlage ihren Nus und ihre Kundschaft. Deshalb ist es auch heute wünschens wert, daß der Verleger dieselbe Sorgfalt decki Buchschntz znwendet wie früher. Er kann durch einfaches Aufstülpen von Hülsen über die
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