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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1917
- Strukturtyp
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- 1917-07-03
- Erscheinungsdatum
- 03.07.1917
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- Deutsch
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V^nblatl f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 152, 3. Juli 1917. Gesetz!, ein Verlag, der vielleicht, wie das ja häufig vor kommt, noch mit einer Druckerei verbunden oder überhaupt nur das Mittel zum Zweck ist, um diese zu beschäftigen, fabrizierte bislang en gros Literatur. Vielleicht von dem Konus, das dann als »Schundliteratur« aus den Index gesetzt worden ist. Run trägt er, der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, den ver änderten Verhältnissen Rechnung und schaltet die Herstellung von derartigen Druckschriften aus. Es ist schwerlich anzu nehmen, das; er nun plötzlich unter die Verleger geht, die wirk lich gute und nützliche Literatur herausbringcn, unter die Ver leger, denen Franz Wolfram Scherer in Nr. >31 des Börsen blatts vom 8. Juni so wohlverdiente Worte des Dankes zollte ... das könnte er gar nicht, selbst wenn er es wollte, schon weil sein ganzer Geschäftsbetrieb nicht daraus zugeschnitten ist und vor allem seine Kundschaft einen Absatz guter Literatur ihm gar nicht ermöglichen würde; es bleibt ihm also, selbst wenn er den ernsthaftesten Willen hätte, sein Geschäft gründlich zu reformieren, nur eines: im wesentlichen in den alten Bahnen weiterzugehen, wenn auch in milderer Form. Kulturfördernd wird er aber auch jetzt noch nicht wirken, obgleich das, was er jetzt herausbringt, von der Zensur durchgelasseu wird und nicht mehr als Schundliteratur aus den Index kommt. Ein solcher Verlag erhält genau nach denselben Grundsätzen, wie die an deren, sein Papier, also nach dem Mahstab des Verbrauchs im vorigen Jahr. Er ist also in der glücklichen Lage, Unmassen des kostbaren Materials zur Verfügung zu haben, und während andere sich immer mehr einschränken müssen, ja, oft kaum noch imstande sind, den bisherigen Bestand notdürftig auf dem lau senden zu erhalten, kann er womöglich sein Geschäft noch ver größern. Ich will hier gleich als Gegenstück ein Beispiel etnschalten, das mir jetzt in diesen Tagen auf einer Reise durch Thüringen bekannt geworden ist. Eine sehr angesehene, größere Provinz- zeitung hatte, lediglich aus Patriotismus und »Anständigkeit« gegen die Kollegen, im Laufe des Krieges freiwillig ihren Um fang gekürzt in der Erwartung, daß andere das gleiche tun werde» und so, wenn jeder etwas nachgibt, die Allgemeinheit leichter über die Krisis htnwegkommt. Jetzt mutz sie ihren Patriotismus und ihre Kollegialität bitter büßen, denn sie er hält jetzt natürlich, ganz nach dem Schema r, ihr Papier nach Maßgabe des vorjährigen Verbrauchs zugemessen, also noch weniger, als die anderen, die nicht freiwillig ihren Umfang einschränkten, und kommt so direkt in eine Notlage. Beschwer den sind zwar eingereicht, bis jetzt erfolglos, erneute Vorstel lungen, die unternommen worden sind, werden vielleicht zum Ziele führen. Zu wünschen wäre es jedenfalls. Doch ich muß nochmals aus das vorhin angeführte Beispiel zurückkommen, aus die Kategorie von Verlegern, für die das Bllcherherstellen und -vertreiben lediglich ein »Geschäft« ist ohne jeden ethischen Hintergrund. Man mutz sich nämlich, um diesen Fall gerecht und objektiv beurteilen zu können, vergegenwär tigen, daß ein solcher Verleger im Grunde genommen nichts anderes ist, als lediglich ein Fabrikant einer gangbaren Ware, die in Gestalt von Büchern mittelst Druckerschwärze und Papier hergestellt und dann durch Reisende Vertrieben wird und wo möglich schon antiquarisch zu herabgesetzten Preisen in den kleinsten Winkelbuden neben Leihhausscheinen, alten Uhren und Stiefeln zu haben ist, ehe sie noch regulär im Buchhandel zum Erscheinen gelangt. Nun das Gegenstück: Ein vornehmer, erst vor einigen Jahren gegründeter kunstsinniger Verlag, der nur sorgfältig gesichtetes Kunstgut verlegt und seine Bücher auch schon äußerlich ent sprechend ausstattet, hat Erfolg und will auf dem betretenen Wege weiterschreiten. Er hat, wenn er Gutes angeboten bekam, es auch freudig angenommen — und was er bis jetzt gebracht hat, »geht«, findet Beifall und die Anerkennung der maßgeben den Kritik, ja, seine Autoren erhalten Literaturpreise. Nun er hält auch er nur einen Anteil von dem vorjährigen Verbrauche. So kann er nicht einmal die notwendigen Neuauflagen Her stellen, an Herausbringen des Reuerworbenen ist gar nicht zu denken, weitere Neuerwerbungen sind ausgeschlossen. Abgesehen 778 von der Einbuße, den dieses kerngesunde Unternehmen nun ohne hin schon erleidet, und die, wenn auch nur in einem Bruchteil, eine Verminderung des idealen Volksvermögens darstellt, be denke man einmal, wieviel größer noch der Verlust an Kultur- werten dadurch ist, daß gute, gesunde Autoren nicht weiter- erschcinen können, daß noch unbekannte gar nicht bekannt zumachen sind. Und noch weiter: Wenn, wie es tatsächlich der Fall ist, einer, dem alles Ringen und Kämpfen der Menschheit, seit ihre Geschichte es kennt, als eine heilige sür ihn zu lösende Ausgabe jahrzehntelang aus der Seele gebrannt hat, ihn ruhlos und rastlos ein Menschenleben hat kämpfen und schaffen lassen — nun, nachdem endlich nach langem, heißem Mühen das Werk vollendet vorliegt, erleben muß, daß angesehene Verleger es verlegen möchten — aber davon absehen müssen, weil sie kein Papier bekommen — während gleichzeitig die obengeschilderten Bücherfabrikanten ihre Literatur zwölfter Güte allwöchentlich hunderttausendeweise auf den Markt Wersen? Haben wir da nicht vollstes Recht, wenn wir verlangen, daß hier gründlich Wandel geschaffen wird? Irren wir uns, wenn wir annchmen, daß nur Unkenntnis dieser Mitzstände seitens der maßgebenden Stellen der Grund ihres Bestehens ist? Wir sind überzeugt, daß von seiten der Reichsbehörde alles getan wird, um hier gründlich Abhilfe zu schaffen. Ich vertrete also den Standpunkt, daß bei der Verteilung des Papiers im wesentlichen der Zweck, dem es dienen soll, die Grundlage zu bilden hat, nach der die Zuteilung erfolgt. Es gibt zweifellos Bücher, deren Veröffentlichung eine Notwendig keit, deren Nichtveröffentlichung ein Schaden von unberechen barem Maße sein kann, und ebenso gibt es zweifellos Literatur, an der nie etwas verloren geht, wenn sie ewig nngedruckt bleibt. Natürlich weiß ich, daß diejenigen, aus deren Kosten diese veränderte Papierverteilung erfolgen soll, mir voll sittlichster Entrüstung antworten werden, daß eine solche Handhabung ein ganzes Gewerbe auf das schwerste schädigen und viele Arbeiter ltnd sonstige Angestellte brot- und existenzlos machen würde, abgesehen von den Autoren, Zeichnern, graphischen Anstalten und deren Mitarbeitern. Dem gegenüber erwidere ich, daß in einer so außergewöhnlichen Lage, wie der, die jetzt durch den Krieg geschaffen ist, auch außergewöhnliche Maßnahmen nicht nur erlaubt und berechtigt, sondern unter Umständen sogar not wendig, ja Pflicht sind, und daß als oberster Grundsatz das Wohl der Allgemeinheit zu gelten hat: summa lex saius popuii. Tann aber würde das gesamte Personal, das sie etwa entlassen müßten, und es würde sich dabei Wohl nur um vereinzelte Fälle handeln, dort Lohn und Brot finden können, wo nun, in folge des mehr zugetetlten Papiers, auch mehr Arbeit entsteht, also naturgemäß auch mehr Bedarf an Arbeitskräften vorliegt. Bezüglich eines etwaigen Schadens kämen nur die Firmen bzw. die darin investierten Kapitalien in Frage. Und da würde ich das antworten, was mir einmal auf den zuständigen amt lichen Stellen bei Besprechung dieser Fragen gesagt worden ist: »Diese Herren haben bisher an ihrer Schundliteratur, mit der sie unsere Jugend vergiftet und unsägliches Unheil angerichtet haben, schon so viel Geld verdient, daß es nur recht und billig ist, wenn sie jetzt, wo das Volk in Not ist, auch einmal etwas knapp gehalten werden«. Ich meine, daß man da nichts da wider einwenden kann. Denn es kommt auch noch ein anderer, sehr wichtiger Faktor hier in Frage, von dem bisher überhaupt noch nicht gesprochen worden ist, das sind die Autoren. Die Schriftsteller sind in der Jetztzeit teilweise in einer sehr kritischen Lage, einmal, weil eine ganze Reihe von Literaturzweige» fast ganz brach liegt, weil die Presse sich immer mehr einschränken muß und außer dem durch amtliche Korrespondenzen, die nichts kosten, reichlich mit Stoff versorgt wird. Dieser Stoff stammt oft aus ersten Federn, die gar mancher Verleger sonst nie und nimmer unter seinen Mitarbeitern hätte, einfach weil er sie nicht bezahlen könnte. Zum andern, weil die Verleger zum weitaus größten Teil in absehbarer Zeit, und zwar jetzt schon auf Jahre hinaus, überhaupt nicht daran denken können, Neues heraus-
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