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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.04.1917
- Strukturtyp
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- 1917-04-28
- Erscheinungsdatum
- 28.04.1917
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- Deutsch
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tausend fei. Sie haben zugleich auch den Beweis erbracht, daß von Wagner Wer Brahms, Bruckner, Strauß zu den modernen und modernsten Komponisten hin sich die deutsche Musik immer mehr und mehr vom Volke abgewandt und verlernt hat, die nende Kunst zu sein und einen jeglichen Deutschen bei allen Haupt-Ereignissen seines Lebens zu begleiten, wie es zu Bachs Zeiten gewesen und wie Kretzschmar es immer wieder gefordert hat als Vorbedingung für eine neue Blüte deutscher Tonkunst. Es ist zu hoffen und zu glauben, daß hierin ein völliger Um schwung nach dem Kriege eintreten wird, daß Kreise, die der Musik bisher ganz fcrngestanden, herangezogen werden und daß der Musikalienhandel wohl recht tun wird, sich hierauf vorzu bereiten, um neuen ernsten Ausgaben gerecht zu werden. Die Klagen über Mängel im Musikalienhändler-Nachwuchs werden von so verschiedenen Seiten erhoben, daß an ihrer Be rechtigung kaum zu zweifeln ist. Auch steht in enger Beziehung zu diesen Klagen die Tatsache, daß Sortimentshandlungen in den letzten Jahren häufig von Jnstrumentcnhändlern oder aus ganz anderen Berufen kommenden Herren übernommen wurden, daß nur wenige neue Musikalien-Vcrlage entstanden sind, und zwar vorwiegend solche, die, um mich höflich auszudrücken, nur leichte Musik publizieren und keinen Familiennamen, sondern den Namen einer Muse oder eine sonstige allgemeine Bezeich nung als Firma führen. Will man für die Heranbildung eines gediegenen, zuver lässigen Nachwuchses sorgend eintreten, so scheint es zunächst wichtig, von Vereins wegen sestzusiellen, wie viele Lehrlinge bis jetzt ausgebildet wurden und wie viele auszubilden nötig sein wird. Material hierfür könnte nur von den einzelnen Städten beigebracht werden. Des weiteren dürfte die Wahl der Lehrlinge nicht einem Zufall überlassen werden, d. h. man darf nicht abwarten, Ivas sich etwa meldet, sondern müßte mit den Direktoren der Schulen Fühlung nehmen und diese ver anlassen, besonders geweckte Knaben, wenn möglich musikalisch begabte, oder solche, die Interesse für Musik haben, namhaft zu machen. Hierbei scheint es nicht von entscheidender Be deutung, ob man für die Sortimenter-Laufbahn Schüler von höheren Schulen oder von Volksschulen wählt. Die Haupt sache ist, daß es gute, bildungsfähige Elemente sind. Wenn bis jetzt so wenig junge Leute mit höherer Schulbildung für den Beruf gewonnen wurden, so liegt der Grund nicht zum wenigsten darin, daß die bewilligten Gehälter und die Zukunfts aussichten durchaus ungünstig waren und daß, wer beratend für einen Knaben Berufswahl zu treffen hatte, die Musikalien händler-Laufbahn kaum empfehlen konnte. Es wird sich aber zweifellos mehr und mehr die Erkenntnis Bahn brechen, daß nicht nur die Verleger, sondern auch die Sortimenter Wohl in der Lage sind, günstigere Gehälter zu bewilligen, wenn die An gestellten wesentlich mehr leisten und sich als wirkliche Stützen und Mitarbeiter des Geschäfts erweisen. Solche Mehrausgaben für erhöhte Gehälter werden sich schnell bezahlt machen. Aller dings wäre die Voraussetzung, um bessere Kräfte dem Musikalien handel zuzuführen, daß der Handel zunächst auf die Zukunfts hoffnung hin das Risiko höherer Gehälter auf sich nähme. Ich komme nun zu der Frage, wie eine möglichst gute Aus bildung der Lehrlinge zu erreichen ist. Hierbei müssen Sortiment und Verlag, theoretische und praktische Ausbildung getrennt betrachtet Vierden. Zunächst das Sortiment. Die prak tische Ausbildung wird immer von der Individualität des Lehrhsrrn abhängen, wie weit er pädagogische Begabung und wie weit er Lust und Möglichkeit hat, sich dem Auszubilden den zu widmen. Gewiß ist es eine eigene Kunst, den Nutzen, den das Geschäft von dem Lehrling haben soll, und den Nutzen, den dieser aus der Lehrzeit unbedingt gewinnen muß, in das richtige Gleichgewicht zu bringen. In meinen ersten Sortimenter-Jahren hatte ich einen sack- siedegroben Chef, der, je weniger er im Hause zu sagen hatte, wo die Frau das Regiment führte, umsomehr den Drang fühlte, im Geschäft als Gewaltherrscher zu erscheinen. Neben dieser! Grobheit aber, die nur äußerlich war, nahm er den Beruf bitter ernst und sorgte auch für die weitere Ausbildung seiner Ge hilfen. Abends 118 Uhr, kurz vor Schluß, versammelte er gern! die jüngsten um sich und setzte sie einem Fragefeuer aus: »Wie viel Symphonien hat Beethoven geschrieben? — Wie sind die Opus-Zahlen? — In welcher Tonart stehen sie? — Wieviel Musikzeitungen gibt es? — Wie heißen die Verleger? — Was kosten sie? — Sag' mir 20 moderne Streichquartette!« — und so ging es fort, heute in dieser Tonart, ein andermal in einer anderen. Und das Donnerwetter war nicht schlecht, wenn die Antworten ausblieben oder falsch waren! Wir haben damals als junge Kerle wohl oft darüber ge zetert, über diesen Wahnsinn, uns, die wir müde und hungrig waren, statt nach Hause gehen zu lassen, wie die Schulbuben zu examinieren, — und doch haben nicht nur ich, sondern die meisten Wohl ihm später diese scharfe Schule gedankt und ihm ein dauerndes Gedächtnis bewahrt. Denn wenn heute alles Wissen nur im Hofmeister steht und die Köpfe der jungen Herren nur zu oft versagen, so haben wir damals uns ein positives, festes Wissen angeeignet, auf das wir weiterbauen konnten. Wird der Lehrling möglichst vielseitig beschäftigt und hat er die Möglichkeit, sich dabei ein positives Wissen anzueignen, so dürften als Dauer der Lehrzeit zwei Jahre wohl ausreichen. Für die theoretische Ausbildung existiert als Fach schule in Leipzig die Buchhändler Lehranstalt. Diese ausgezeich nete Anstalt hat bis jetzt den Musikalienhandel nur als Neben fach des Buchhandels in ihren Lehrplan ausgenommen, aller dings hierbei die Musikgeschichte und die Erklärungen einzelner Kunstwerke von einem Speziallehrer liebevoll behandelt. Der derzeitige Direktor sprach sich aber mit großer Bereitwilligkeit dahin aus, den Musikalienhandel in weiterem Maße als selbstän diges Lehrfach zu berücksichtigen, wenn mindestens 10—12 Musi kalienhändler dem Lehrlings-Fortbildungsunterricht oder dem höheren Kurse der Anstalt beiwohnen würden. Diese Anzahl ist bis jetzt nicht annähernd erreicht, da selbst die Leipziger Hand lungen durchaus nicht durchgehend ihre Lehrlinge zum Besuch der Buchhändlerschule angehalten haben. Wie früher einzelne wenige große Handlungen, so die Firma Bote L Bock in Berlin, die Hohe Schule sür Musikalienhändler waren, aus der viele ausgezeichnete Musikalienhändler, die dem ganzen Stand zur Ehre gereichten, hervorgingen, so wäre es an und für sich Wohl möglich, daß, wer das Musikalienhändler- Studium seinem Universitäts-Studium ähnlich) ergreifen will, sich nach Leipzig wenden müßte, um in einer der vielen dor tigen Handlungen praktisch und an der Buchhändler-Lehranstalt theoretisch sich auszubilden. In Fällen, wo dies nicht mög lich, würde ich in den großen Städten eine Beeinflussung der dortigen allgemeinen Fortbildungsschulen durch die Haupt- Handlungen oder von Vereins wegen empfehlen, und zwar müßte man die Schulen veranlassen, die für die Musikalienhändler- Lehrlinge wichtigen Fächer in besonderer Weise zu berücksich tigen. Als eins der wichtigsten Fächer ist die strenge kauf männische Schulung zu betrachten. Nicht umsonst wird es vielen Sortimentern vorgeworfen und erfahren sie es am eigenen Leibe, oder vielmehr an der Unrentabilität ihres Betriebes, daß sie zu wenig Kaufmann sind, daß ihnen der kaufmännische Blick, das logische scharfe Rechnen abgeht. In den meisten Fällen liegt es an einer ungenügenden Vorbildung, sodaß hier für eine bessere Grundlage gesorgt werden müßte. Es genügt nicht, daß die Knaben einfache und doppelte Buchführung nur in grauer Theorie, zugeschnitten auf ein völlig anders zu behandelndes Warengeschäft, erlernen, vielmehr muß die Buchführung an schaulich Praktisch für die besonderen Wechselfälle des Buch- und Musikalienhandels gelehrt werden. Weiter ist dis Her stellung der Erzeugnisse, die der Lehrling Tag für Tag unter den Händen hat, wenigstens in großen Zügen zu vermitteln, so die Papier-Fabrikation, das Wesen des Stiches, Noten- und Buchdruck-Verfahren, die verschiedenen Reproduktions-Techniken, wie solches Material knapp gefaßt das Buchgewcrbliche Hilssbuch von Otto Säuberlich in ausgezeichneter Welse bietet. Endlich wäre in energischer Weise auf schöne, saubere Handschrift, auf sicheres Rechnen (Prozent-Rechnung!), auf allgemeinen Ordnungssinn Wert zu legen, alles Forderungen, die im Laufe der Jahre zum Schaden des einzelnen sowie des ganzen Standes nicht genügend betont wurden. Ob als Abschluß eines solchen
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