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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-01-29
- Erscheinungsdatum
- 29.01.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. ^r 23, 29. Januar 1917. geht, trotzdem ganz gut gefahren. Das heißt, ich habe, genauer genommen, nur ein »Verzeichnis der Neuigkeiten« verschickt, was allerdings, da es statt Ende November, wie versprochen, erst etwa am 10. Dezember eintras, eine merkbare befruchtende Wirkung nicht mehr ansgeübt hat. Den schon begonnenen Zorncsbrief wegen der Verspätung habe ich in Anbetracht der Zeitlage nicht vollendet und nicht abgesandt. Aber eine schwere Unannehmlich- kcit habe ich doch davon gehabt. Kaum war dieses kleine Ver zeichnis durch die Post versandt, als auch schon der Fernsprecher mit starkem Anschlag ertönte und ich dann hören mußte: »Also Sie empfehlen in Ihrem sonst so magern Verzeichnis von neuen Büchern auch .Stilgebauer, Inferno'?« Ich war zunächst wie niedergeschmettert und begriff erst nach und nach den Zorn der jungen Dame, deren Vater, gleich mir, den »fff Alldeutschen« angehört. Aber Scherz beiseite, können denn die Bearbeiter solcher Verzeichnisse bei ihrer, teilweise wenigstens, mechanischen Arbeit nicht so viel ausgeprägtes vaterländisches Empfinden stets zur Hand haben, daß sie Bücher wie das obengenannte, das von den: deutschen Volke mit Recht entrüstet nbgewicsen wird, trotz einer gewissen Gangbarkeit von der Ausnahme in das Per zeichniZ gefühlsmäßig ansschlicßen? »Gedenke, daß du ein Deut scher bist!« Das ganze Sortiment beklagt seit langen Jahren, daß so viele Neuigkeiten zu spät im Jahre eintreffen. Gemeint sind hauptsächlich wissenschaftliche Bücher, die einen »Vertrieb« er- sordcrn. Natürlich kommen auch viele »Gcschenkbücher« zu spät. Ilber diese letzteren soll aus den bekannten Gründen der allge meinen Zeitlage heute nicht besonders geklagt werden. Indessen wäre die Ausgabe so mancher wissenschaftlichen Bücher — ihre Gesamtzahl ist natürlich geringer als in Friedenszeiten — so spät im alten Jahre wohl nicht nötig gewesen. Bei den Verkehrs störungen dieses Jahres trafen große Neuigkeitssendnngen erst in der Wcihnachtswoche ein. Was macht der Sortimenter damit? Erst bleiben sie bis nach Weihnachten liegen, und dann werden die einzelnen Bücher vielleicht einmal ausgesandt. Fracht hin und Fracht her für Sortimenter wie für Verleger, sofern letzterer nicht in Leipzig sitzt. Hernach klagt der Verleger über Untätigkeit des Sortimenters. Da ich seit Jahren über diese unbegreifliche Hartnäckigkeit im Verlage mich im Börsenblatt auslasse, tröste ich mich mit dem Worte, welches Jesaias 83,1 im ersten Satz ge schrieben steht. Glücklicherweise hat der Verlagsbnchhandel, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Tenernngsznschlage nicht eingesührt. Die Erfahrungen damit sind auch höchst unerquicklich. Da zeigt z. B. eine Verlagsbuchhandlung ein Werk zu 10 ,K an, verschweigt aber, daß lO^/o Teucrnngsznschlag hinzukommen. Eine Bibliothek bestellt das Buch und erfährt dann beim Empfang, daß es II .K kostet. Ein gereizter Briefwechsel entsteht, von dem ein Stachel bei Bibliothekar und Sortimenter znrückbleibt, ein Stachel, der sich gegen den Verleger richtet. Ob dieser solche moralischen Schädigungen wohl vorausgesehen hat? Nein, keine Teuerungs zuschläge, sondern Preiserhöhungen. Ein wesentliches Zurück gehen der Preise scheint mir auch nach dem Kriege ausgeschlossen zu sein. Nur sollten die Tenernngsznschlage nicht tropfenweise erfolgen. In keinem Jahre habe ich die Ausgabe der Barsorti- ments-Kataloge so sehnsüchtig erwartet wie im letzten. Verspätet kamen sie endlich im November, und man war wegen der Preise der gangbaren Literatur einigermaßen ans dem Lausenden. Aber kaum waren sic erschienen, da begannen die Preiserhöhungen in ununterbrochener Folge aufs neue, und die alte Unsicherheit grifs wieder Platz. In letzter Zeit wurden die Barsortimentc vielfach an gegriffen. Ich möchte sie im allgenreinen, trotz einiger von ihnen begangenen Mißgriffe, loben. Ihre Kataloge sind ein unentbehr liches Hilssnnttel auch für den Sortimenter, nicht nur für den Anchbnchhändler. Und es arbeitet sich auch mit dein Barsortiment vielfach angenehmer als mit manchem Verleger, der selbst für bescheidene Wünsche und Bitten des Sortimenters taub bleibt. Unser Hamburger Feldzug für Rabatterhöhung hat doch schon dankenswerte Erfolge gezeitigt. Beim Auszeichnen merke ich häufiger, daß Verlagsbuchhandlungen, bei denen sonst 25tztz unverbrüchlich waren, ganz stillschweigend zu 30^/, bei ihren 94 Neuigkeiten übergegangen sind. Höher hinauf waren unsere be scheidenen und berechtigten Wünsche gar nicht gerichtet. Aus glänzende und gewaltsame Ersolge, wie Mackensen und Falken hayn sie jüngst in Rumänien errangen, haben wir nie gerechnet. Weder wollten noch konnten wir jemand niederzwingcn, wir wollten vielmehr nur überzeugen, nämlich davon überzeugen, daß das Recht, den Ladenpreis zu bestimmen, zugleich die Pflicht auserlcgt, einen auskömmlichen Rabatt zu gewähren. Das geht langsam, aber doch sicher vorwärts. Wir weiden auf der be- schrittenen Bahn weitergehen. Möchten diejenigen Verleger, die sich bisher noch ablehnend verhalten haben, nur daran denken, daß sie vielleicht den rechtzeitigen Anschluß verfehlen und rückständig werden können. Mit einigen Worten muß ich doch das Jubiläum der Heroldschen Buchhandlung erwähnen. Von einer Jubelfeier konnte unter den obwaltenden Zeitumständen natürlich keine Rede sein. Aber es hat mir doch wohlgctan, daß an dem hundert jährigen Gedenktage die hiesigen Kollegen in Zahl von einigen zwanzig persönlich erschienen, um mir ihre Teilnahme zu erkennen zu geben und, unter Überreichung eines wertvollen Angebindes, mir ihre herzlichen Glückwünsche anszusprechen. Neben schrist lichen und telegraphischen Begrüßungen in der Zahl von mehr als 100 erfreute mich namentlich das kunstvoll und inhaltlich so ehrenvoll abgefaßte Diplom des Börscnvercins-Vorstandcs. Ich danke auch an dieser Stelle freudig für alle Anteilnahme und gelobe, daß mein Herz bis zum letzten Schlage dem deutschen Buchhandel angehören soll, und werde, solange Gott mir Kraft läßt, in ihm und für ihn im alten Geiste weiterwirke». Wann wird der Krieg zu Ende gehen? — Diese Frage be schäftigt natürlich alle Gemüter. Das Prophezeien ist ein miß lichcs Ding, bisher sind alle, auch die scheinbar gut begründeten Voraussagen zuschanden geworden. Aber mich erfüllt, seitdem ich jüngst mich wieder mit Emannel Geibcl beschäftigte, der dich terisch manches vorausgcschaut hat, eine feste Zuversicht. Geibel hat schon in seinem Türmcrlied (1843?) von dem Geier im Osten und der Schlange im Westen gesprochen, die gierig Deutschland umkreisen und anzüngeln. Viel stärkeren Ausdruck gab er 1859 seiner Empfindung in den Worten: »Wenn verbündet Ost und West Wider dich zum Schwerte fassen, Wisse, daß dich Gott nicht läßt, So du nicht dich selbst verlassen.« Und da stieg in meiner Erinnerung der Vers ans der Sedan- Hymne auf: »Da Hub die Wage Des Weltgerichts Der Herr des Lichts Und warf den Drachen Vom güldnen Stuhl Mit Donnerkrachcn Hinab zun, Pfahl. Ehre sei Gott in der Höhe!« Gewiß spricht Geibel von der Schlacht bei Sedan, aber könnte der dritte Tag heute nicht symbolisch anfgefaßt werden, und sollte der dritte Kriegssommer nicht den Drachen in den Höllenpsuhl werfen? Der Herr des Lichts läßt die Lüge nicht triumphieren, diese Zuversicht erfüllt mich jetzt immer mehr und verstärkt sich nach den jüngsten papierenen Ereignissen. Das deutsche Volk will sich nicht selbst verlassen, Einmütigkeit, Sieges- willc kehrt bei allen zurück. Nur dürfen wir einstweilen nicht mehr vom Frieden, sondern nur vom Siege sprechen, wozu ich jede Gelegenheit benutze. -Wohl schnürt's dis Brust uns, Denken wir des Bluts, das fließen wird. Dennoch das Auge kühn empor, Hamburg, Ik. Januar 1817. Justus Pape.
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