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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.05.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-05-18
- Erscheinungsdatum
- 18.05.1905
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- Deutsch
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<718 Nichtamtlicher Teil. 114, 18. Mai 1905. ItMttmaim) sprechend dem Antrag der Kommission auch heute mit stimmen für Überweisung dieser Petition zur Berücksichtigung; namentlich deshalb, weil auch aus dem lückenhaften Inhalt genau hervorgeht, nach welcher Richtung hin der Stoß von den Petenten gerichtet werden soll, und weil die Sache, um die es sich handelt, leider offenkundig genug in unser»! Volke ist. Aus dem Wortlaut der Petition geht hervor, daß gar nicht -das damit beabsichtigt ist. was der letzte Herr Vor redner dahinter sucht, nämlich, daß man etwa bestrebt wäre, für die Kunst irgend welche einengenden Grenzpfähle nach der einen oder andern Richtung hin aufzurichten, daß man der Wahrheit, der Freiheit der Kunst zu Leibe gehen wollte. Vielmehr heißt es klar und deutlich, daß es sich nur um die Unterdrückung der Asterkunst handelt. Wenn der Herr Vorredner eben davon gesprochen hat. daß am Ende des vorvorigen und am Anfang des vorigen Jahrhunderts die sittlichen Verhältnisse namentlich auf dem Gebiet der Literatur und der Kunst noch schlechter gewesen wären als heute, so mag das sein. Man wird aus der Zeit von vor hundert Jahren sicherlich manche wüste gemeine Beispiele heranziehen können. Aber für einen, der sich ein offnes Auge für unfern Verkehr, namentlich auf der Straße, in den Buchhandlungen usiv. bewahrt hat, muß cs offen kundig sein, daß seit etwa zehn Jahren nach dieser Richtung hin die Verhältnisse schlechter geworden find. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Aus diesem Grunde erklärt sich denn auch der Wunsch der Petenten — und das ist der treibende Gedanke —, weshalb wir dem Anträge der Kommission zustimmen. Wenn der Vertreter der sozialdemokratischen Partei er klärt hat: -Normalmensch ist bei uns der Denunziant-, so freuen wir uns über diese sozialdemokratische Selbsteinschätzung außerordentlich, namentlich, wo der -Vorwärts- ja gestern selber hat cingestehen müssen, daß Sie für die boykottierte Schillerfeier in der -Philharmonie« Ihre Genossen mit Denunzianten umgeben haben. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Lesen Sie die Nummer des -Reiches- von heute, dann iverden Sie das sehen. Nun. wir. die wir den Normal menschen in Deutschland nicht einen Denunzianten nennen, sondern uns vor allem auf den Standpunkt eines ordent lichen Familienvaters stellen, der sich bemüht, seine Kinder auch in sittlicher Beziehung zu erziehen, müssen gegen den Schinutz, gegen den in den letzten Jahren vermehrten Schmutz in der Literatur uud Kunst eintreten. Es scheiden sich zwei Anschauungen dabei gründlich von einander. Wenn in dem Petilionsbericht erklärt ist. daß ein Mitglied sagte, in dem -Simplizissimus- hätte er noch nie mals etwas Unsittliches gelesen (Heiterkeit). und wenn heute der Vertreter der Sozialdemokratie namens seiner Partei erklärt, daß der -Simplizissimus- ein Vertreter wahrer Kunst wäre, und daß mir ganz verbohrte, kunst feindliche Leute in dem -Simplizissimus- etwas Unsittliches sehen könnten, so darf ich hier einmal ein kurzes Beispiel dieser »echten- Kunst vorlesen. Es handelt sich um den Pfarrer Weber, der Teilnehmer des internationalen Kon gresses in Köln war und wegen seiner Tätigkeit auf diesem Kongreß in einem gemeinen Verse des -Simplizissimus» herabgezogen wurde. Ich will nicht das ganze Gedicht vor- lcsen, bloß zwei Verse, das dürfte vielleicht genügen. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) — Wenn die Herren den ganzen Zusammenhang hören wollen, will ich Ihnen auch gern das Ganze vorlesen. Ich will dabei bemerken, welche Verse ich sonst vorgelesen hätte, damit Sie sich dann genau vergegenwärtigen können, ob durch das Vorlcsen nur dieser Verse irgendwie der Sinn ge stört. wäre. (Znrufe bei den Sozialdemokraten.) — Wenn Sie hier von -Aufregung- in höhnischer Weise sprechen, so zeigt das nur. mit wie wenig sittlichem Ernst Sic die ganze Sache betrachten. (Unruhe bei den Sozialdemokraten. Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Und wenn Sie das so tun. so haben Sie kein Recht, sich hier hiuzustellen und -im Aufträge des deutschen Volkes- zu sprechen. Das Gedicht heißt: Warum schimpfen Sie, Herr Lizcntiate, Uber die Unmoral in der Kemenate? Warum erheben Sie solches Geheule. Sie knutentriefende Schöpsenkeule? Ezechiel und Jeremiä Jünger! Was beschmcußen Sie uns mit dem Bibeldünger? Was gereucht Ihnen zu solchem Schmerze, Sie evangelische Uuschlittkerze? Jetzt kommt der Vers, den ich vorhin vorlesen wollte: Was wissen Sie eigentlich von der Liebe Mit Ihrem Pastoren-Kaninchen-Triebe, Sie multiplizierter Kindererzeuger. Sie gottesseliger Bettbesteuger? Ist das Kunst oder Gemeinheit? (Zurufe: Pfui!) Dann geht es weiter: Als die Menschen noch glücklich waren. Herr Lizentiate, vor vielen Jahren, Da wohnte Frau Venus im Griechenlande In schönen Tempeln am Meeresstrande. Man hielt sie als Göttin in hohen Ehren Und lauschte willig den holden Lehren. Sie reden von einem schmutzigen Laster. Sie jaininerseliges Sündeupflaster. Und nun kommt wieder ein Vers, den ich vorgelesen hätte: Sie haben den Schmutz wohl häufig gefunden In Ihren sündlichen Fleischesstunden. Bei Ihrem christlichen Eheweibchen, In Frau Pastorens Flaucllcnleibchen? Ich meine, ein solches minderwertiges Machwerk ist kein Kunstwerk, und cs reizt zu lüsternen Gedanken, wenn unsrer Jugend so etwas vorgesctzt wird. Wenn der Herr Vertreter der sozialdemokratische» Partei dies Gedicht als ein Produkt wahrer Kunst hinstellen will, so zeigt das nur. welchen Standpunkt die Partei auf diesem Gebiete einnimmt. Aber, meine Herren, auch andre Zeichen sprechen dafür, daß im Laufe der letzten Jahre manches schlimmer geworden ist als früher. Ich weise bloß auf den Artikel des »Berliner Tageblatts- hin. der in dem Berichte der Kommission angeführt ist. Hätte das »Berliner Tagcblatt- wohl vor etwa zehn Jahren, als die Isx Heinze zur Be ratung stand, einen derartigen Artikel veröffentlicht? Ich glaube nicht! Es ist mit Recht in diesem Artikel darauf hingewiesen, wie unsre Jugend auf den Straßen Berlins mit unsittlicher Literatur überschüttet wird. Man mag zu der Tagung in Köln im einzelnen stehen, wie man will, man mag nach der einen oder andern Richtung hin eine über triebene oder engherzige Ausfassung in den Verhandlungen erblicken, obgleich ich das in den Verhandlungen, die ich ge nau durchgclescn habe, eigentlich nicht finden kann; aber selbst wenn man das tut. muß man auf der ander» Seite das große Verdienst des Kongresses dahin anerkennen, daß
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