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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1913
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- 1913-06-21
- Erscheinungsdatum
- 21.06.1913
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Redaktioneller Teil. ^141, 21. Juni 1913. tete sich die Nachricht hiervon sehr rasch und bildete, wie es in einem Briefe eines Augenzeugen heißt, »auf der Straße, in den Buden und allen Abendversammlungen den Gesprächsstoff«. Am folgenden Tag wurde Palm von der Kriminalkommission einem Verhör unterzogen, bei dem er energisch bestritt, der Verleger der Schrift zu sein, wie er auch versicherte, weder den Verfasser noch den Verleger zu kennen. Als ihm hierauf bedeutet wurde, daß alsdann sein Bücherlager beschlagnahmt bleiben und seine Gefangenschaft fortdauern werde, zeigte er sich äußerst niederge schlagen und erklärte, sich einem Hausarrest oder ähnlichem gern unterziehen zu wollen, wenn er nur seinen dringenden Geschäften nachgehen dürfte. Er berief sich auf den Bischof von Chiemsee, Grafen Zeil, und den Domdechanten Grafen Waldstein, »die ihn als rechtschaffenen Mann kennen, der gewiß nicht fähig sei, eine solche Schmähschrift in den Verlag zu nehmen«. Da aber die frag liche Schrift in seinem »Bücherverlags- und Kommissionszettel- Katalog« in der Tat als sein eigener Verlagsartikel angeführt war, erklärte Palm zu seiner Verteidigung, man nehme es in dieser Beziehung nicht so genau und bezeichne nicht selten Bücher als eigenen Verlag, die man in beträchtlichen Mengen von ande ren an sich gebracht habe. Im weiteren Verlauf der Verhand lungen brachte Palm als Beweis hierfür einen Brief des Buch händlers Johann Jakob Palm in Erlangen bei, worin ihm dieser anzeigte, daß er ihm ISO Exemplare der Broschüre schicke, die schnell abgesetzt werden sollen und wofür er ihm 5°/» Rabatt be willige. Palm in Erlangen, bekanntlich ein Onkel des Nürn berger Buchhändlers, gab an, die Schrift in großer Anzahl von dem Buchhändler Samuel Flick in Basel zugeschickt erhalten zu haben. Aber auch damit hatte Palm kein Glück, da man ihm offenbar diese Angaben nicht glauben wollte. Er mußte sich ver pflichten, alle Exemplare, die er bei sich in Salzburg oder in Nürnberg habe, auszuliefern, und sich außerdem noch eine Durch sicht des in Beschlag genommenen Bücherlagers nach Exemplaren, Ausschreibungen, Rechnungen usw., die über den Verfasser einiges Licht bringen könnten, durch den Stadtschreiber gefallen lassen. Tatsächlich fand man dann auch in einer Kiste, um deren Ab sendung er in Nürnberg dringendst gebeten hatte, noch 14 Exem plare der Schrift. Aus seinen Rechnungsbüchern konnte jedoch nur festgestellt werden, daß er auf der Jakobidult in München ein Stück um einen Gulden verkauft hatte. Die Untersuchung gegen Palm nahm ihren weiteren Fort gang. In dem Referat des geheimen Kabinettssekretärs von Zillerberg heißt es: »Wenn Palm auch der Verleger nicht sein sollte, so ist er doch der Verbreiter. Und soll Wohl ein Buchhändler berechtigt sein, eine solche Schmähschrift in die Welt zu versenden und am Ende sich entschuldigen wollen: er habe sie nicht gelesen? Auf solche Art ist kein Fürst und Landesherr und kein ehrlicher Mann vor den gräulichsten Schimpfungcn sicher.« Und der Hofratsdirektor von Kleinmayern sagte in seinem Be richt: »Inzwischen geschieht Palm so gar hart mit dermahligen Arrest nicht. Er war doch nach seinem eigenen Geständnis ein Organ und Werkzeug, um eine beträchtliche Anzahl Exemplare auszubeuten und die Diffamation der Universität, wovon die Stein- und Schwarzkopfsche Handlung so großen Nutzen gezogen haben, zu verbreiten. Zudem sei Palm des Verlags ebenso wenig überwiesen als davon gereinigt.« Endlich am 26. Sep tember, also am 10. Tage nach der Gefangennahme, erfolgte nach der Entschließung des Erzbischofs das Urteil: »Palm wird nur gegen Stellung einer Kaution freigelassen, als welche aber sein Warenlager als nicht genügend anzusehen sein soll, weshalb die beiden Mitbürger Palms, die Nürnberger Kaufleute Braun und von Schücker, die ebenfalls zur Herbstmesse in Salzburg anwesend waren, und sich hierzu erboten hatten, eine Sicherheit in der Höhe von 2000 Gulden zu leisten haben, bis Palm alle Exemplare der Schrift abgeliefert hat. Er wird ferner so lange vom Be suche der Jahrmärkte in Salzburg ausgeschlossen, bis er den wahren Verleger, Einsender oder Verfasser des Manuskripts der von ihm verbreiteten Schrift allda angezeigt haben wird.« Palm wurde alsdann gegen Ersatz der Arrestkosten auf freien Fuß gesetzt. Damit hatte die Sache vorläufig ihr Ende gefunden; sie war aber durch die von Markt zu Markt ziehenden Nürn berger Kaufleute weitum bekannt geworden. Man wunderte sich darüber, »daß die Salzburger Regierung, die sonst in einem guten Rufe stand, einiger beleidigten Mönche wegen sich zu einem solchen Verfahren entschließen konnte«. Und ein Nürnberger schrieb in einem Briefe: »daß nach der Erzählung der zurück- gekehrten Kaufleute, die diese inquisitorische Messe besucht haben, die besseren Menschen in Salzburg glaubten, die Mönche hätten sich durch diese literarische Robespierriade mit Schande und all gemeiner Verachtung zu Grabe geläutet«. Obwohl nun Palm die Freigebung seines Bücherlagers und die Aufhebung des Ver bots, das ihn von dem ferneren Besuch der Salzburger Märkte ausschlotz, ohne Unterlaß betrieb, verzögerte sich diese doch noch zwei Jahre lang, und wurde erst erwirkt, nachdem sich der Rat der Stadt Nürnberg für seinen Bürger Palm in Salzburg ver wendet hatte*). Am 12. Juli 1800 beschloß der Rat: »Das aufgesetzte Schreiben an Se. Hochsllrstl. Gnaden den Herrn Erzbischof zu Salzburg in Betress die Verkümmerung des Buchhändler Palmischen Waarenlagers zu Salzburg ist auszusertlgen und dem Buchhändler Palm zu behändigen und um Las Erforderliche wegen Beförderung an die hohe Behörde zu besorgen.« Und am 21. August 1800 wurde vom Nürnberger Rat be stimmt : »Das aufgesetzte Schreiben an das hochfürstl. wohllöbl. Syndikat, dann Stabt- und Land-Gericht zu Salzburg, den allhiesigen Buch händler Johann Philipp Palm betr. ist ohnverlängst auszusertlgen und abznlassen.« Der fürstliche Hofrat zu Salzburg erwiderte dem Rate von Nürnberg, man wolle den Arrest des Bücherlagers ausheben und dasselbe Palm zustellen lassen, »im übrigen aber sei Palm, da er sich bei der ganzen bisherigen Geschichte, nicht nur als Ver breiter eines Pasquills, sondern auch überhaupt als ein sehr eigennütziger Mann gezeigt habe, vom Besuch der Salzburger Jahrmärkte ein für allemal ausgeschlossen«. Palm stand aber der Zusicherung, ihm sein Bücherlager zuzustellen, offenbar arg wöhnisch gegenüber, er wollte vielmehr die Übernahme desselben in Salzburg persönlich vomehmen, trug aber andererseits be greifliche Bedenken, dahin zu reisen, ohne vorher genügende Sicherheit für seine Person erlangt zu haben. Auf sein Ansuchen erwirkte ihm der Rat von Nürnberg vom Stadtsyndikat in Salz burg freies Geleit, das ihm dann unter dem 29. September 1800 ausgestellt wurde, »unter der Bedingung, daß er sich in Salzburg nur acht Tage aufhalten, unter polizeilicher Aufficht stehen und nichts verkaufen soll«**). Die Sache scheint aber noch weitere Kreise gezogen zu haben, denn noch nach zwei Jahren mußte sich der Rat von Nürnberg damit befassen und auf die früheren Verhandlungen zurückgreifen, wie aus dem folgenden Beschluß desselben vom 29. Oktober 1802 hervorgeht: »Das von dem Hochsllrstl. Hosrathe zu Salzburg am 22. d. l. M. eingelaufene Schreiben, das Ansinnen aus Freizügigkeit der jen- und diesseitigen Untcrthanen betr. ist nebst der Beylage und der sämtl. hieher Beziehung habenden älteren Verhandlungen in Ansehung des frcyen Abzuges der Unterthanen an die Konsilarien zur Ausstellung Ihres Gutachtens zu befördern.« — Was nun den Verfasser der Schrift »Über öffentliche Lehr anstalten insbesondere über Lektionskataloge auf Universitäten« betrifft***), so wurde dies später durch den nachmaligen Bischof von Regensburg Sailer unter eigenartigen Umständen bekannt- gegeben. Es war Matthäus Fingerlos, zu Flatschach im Lungau 1748 geboren, 1774 zum Priester geweiht, dann 1783 Domprediger und von 1787 bis 1801 Regens des Priesterhauses, in welcher Stellung er diese Schrift versaßt hatte. Jeden Ver- dacht, der Verfasser zu sein, suchte er dadurch zu beseitigen, daß er sich darin selbst in durchaus nicht rühmlicher Weise nannte. Trotzdem ist es nicht unmöglich, daß er in dieser Hinsicht verdäch tig erschien, denn er verfiel im Jahre 1801, ungewiß aus welchen Ursachen, beim Erzbischof in Ungnade und wurde als Stadt- *) Die nachstehend abgebrucktcn Ratsverlässe befinden sich im Kgl. Kreisarchiv zu Nürnberg. **> S. »Palm in Salzburg« im »Korrespondenten v. u. f. Deutsch land«. Nürnberg 1883, Nr. SKI. ***) S. »Palms Gefangenschaft in Salzburg« v. vr. Frz. Martin in der Unterhaltungsbeilage d. Linzer Tagcs-Post 1908, Nr. 34. iFortsetzung aus Seite 8591.)
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