14030 Künftig erscheinende Bücher. ^ 266, 17. November 1910. T Soeben erscheint: Ssergej Zensky Babajew Llmfang 452 Seiten Preis: geheftet M. 5.—, in Leinen geb. M. 6.50 „Babajew" ist die Geschichte eines russischen Offiziers im Revolutionsjahr. Noch nie ist der Typus des modernen Russen par excellence, den man — etwas oberflächlich — einen Äbergangsmenschen zu nennen pflegt, so scharf gesehen, so treu dargestellt worden. Das ist nicht mehr der Mensch Dostojewskis, der Mensch des gärenden Widerspruchs und der ausbrechenden Wahrhaftigkeit, in dem die Möglichkeiten wie Leidenschaften gegeneinander schlugen. In Leutnant Babajew sind die neue Sehnsucht und der alte Fatalismus, die Lust nach heroischer Freiheit und das Mißtrauen gegen alle Realität dicht beisammen; aber sie stacheln einander nicht an, sie lähmen einander. Er fühlt sich einsam, er kann den Kerker des Alleinseins nicht ertragen, er sucht Menschen: aber in allen Menschen findet er nur die Liebe und den Tod, weil er nicht die Gewalt hat, ihnen sich selber und damit die Wahrheit und das Leben zu geben. Das Pathos der Empörten klingt ihm wie Rhetorik und die Liebesworte der Frauen wie verabredete Parolen, die in sich keinen Sinn haben. Er trägt Verlangen nach der dumpfen Kraft des Volkes, von der er die Erneuerung erhofft, aber das Volk widert ihn an, wo immer er mit chm in Berührung kommt. Er spürt die Erhebung, die durch das Land geht, er bewundert die Schönheit des Revolutionsgewitters — und kann doch nicht mitgehen; aber ein Pogrom reißt ihn mit und jagt die ältesten, blutgierigen Instinkte in ihm auf; weil er sich hier nicht zu entscheiden braucht, sondern im Gewühl mitgenommen wird. Die Entscheidung ist das, was ihm vor allem widerstrebt, denn er mißtraut der Tat. Darum ist, was er tut, jäh und wesenlos. Er will Bewegung bringen und stiftet nur Anruhe. Er begehrt die Freiheit und gewinnt nur das Chaos. „Babajew" ist der repräsentative Roman des modernen Russen. Literarische Anstalt Riitten Sc Loening, Frankfurt a. Main.